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Ursache für Thrombose bei PatientInnen mit bösartigen Gehirntumoren entdeckt

Bisher unbekannte Mechanismen identifiziert.
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Thrombosen sind häufige Komplikationen bei Krebserkrankungen

(Wien, 16-03-2017) PatientInnen mit malignen Gehirntumoren haben ein stark erhöhtes Thrombose-Risiko. Die dahinter liegenden Mechanismen waren bisher nicht geklärt. Nun konnte eine im Top-Journal „Blood“ publizierte, interdisziplinäre Studie unter der Leitung von Julia Riedl und Cihan Ay von der Universitätsklinik für Innere Medizin I der MedUni Wien erstmals nachweisen, dass ein spezielles Protein namens „Podoplanin“ an der Entstehung von Thrombosen beteiligt ist, das an der Zelloberfläche von Tumoren gebildet wird.  

Thrombosen sind eine häufige Komplikation bei Krebserkrankungen, weil diese das Blutgerinnungssystem beeinflussen und dessen Aktivierung fördern können. Das allgemeine Risiko von TumorpatientInnen für eine Thrombose ist etwa um das vier- bis siebenfache gegenüber Personen ohne maligne Grunderkrankungen erhöht. KrebspatientInnen, die Thrombosen entwickeln, haben ein höheres Mortalitätsrisiko. Eine venöse Thromboembolie (VTE) – ein Gefäßverschluss im venösen Gefäßsystem – wird durch die Art der Krebserkrankung beeinflusst. Maligne Gehirntumoren gehören zu den Krebserkrankungen mit dem höchsten Thromboserisiko, und auch bei PatientInnen mit Bauchspeicheldrüsenkarzinom und Lungenkarzinom treten Thrombosen häufig auf. Im Fall eines bösartigen Gehirntumors beträgt die Wahrscheinlichkeit 15 bis 20 Prozent, eine venöse Thromboembolie zu erleiden.

Nun ist feststellbar, dass im Gewebe von Gehirntumor-PatientInnen das Protein Podoplanin gebildet werden kann, das normalerweise im Lymphgefäßsystem vorkommt und zum Beispiel für die Embryonalentwicklung wichtig ist. Es dient dazu, die Blutplättchen als wichtigen Bestandteil des Blutgerinnungssystems zu aktivieren. Für die Studie, die im Rahmen der bereits über zehn Jahre laufenden „Vienna Cancer and Thrombosis Study (CATS)“ durchgeführt wurde, konnten Gewebeproben aus Gehirntumoren von 213 PatientInnen mittels eines speziellen Verfahrens eingefärbt werden, um die mögliche Ausbildung von Podoplanin nachweisen zu können. „Es zeigte sich, dass eine vermehrte Bildung von Podoplanin als starker Hinweis für das Auftreten von venösen Thromboembolien zu werten ist, wodurch das VTE-Risiko von PatientInnen mit malignen Gehirntumoren über einen Beobachtungszeitraum von zwei Jahren um das sechsfache erhöht war“, so die Studienleiter.

Um die zugrundeliegenden Mechanismen der vermehrten Thromboseneigung zu verstehen, untersuchten die ForscherInnen zusätzlich die Zusammenlagerungen (Aggregationen) der Blutplättchen.  Das Ergebnis zeigte, dass umso mehr Blutplättchen-Aggregationen zu finden waren, desto mehr Podoplanin auch im Gewebe vorhanden war. Die Anzahl der im Blut gemessenen Blutplättchen war dagegen verringert, was am vermehrten Verbrauch durch die Podoplaninaktivierung lag. Das ForscherInnenteam konnte mittels in-vitro Experimenten bestätigen, dass Podoplanin-positive Tumorzellenlinien die Blutplättchen stark aktivieren und zu deren Aggregation führen.

Das Ergebnis der Studie zeigt, dass Podoplanin über eine Aktivierung der Blutplättchen zum Auftreten einer venösen Thromboembolie führen kann. Somit konnte erstmals ein möglicher, dahinter stehender Mechanismus identifiziert werden, was weitreichende  Konsequenzen für die künftige Prophylaxe und Therapie von Thrombosen bei PatientInnen mit malignen Gehirntumoren haben könnte.

Service: Blood
 „Podoplanin expression in primary brain tumors induces platelet aggregation and increases risk of venous thromboembolism“, J. Riedl, M. Preusser, P. Nazari, F. Posch, S. Panzer, C. Marosi, P. Birner, J. Thaler, C. Brostjan, D. Lötsch, W. Berger, J. Hainfellner, I. Pabinger and C. Ay. Blood 2017, doi: https://doi.org/10.1182/blood-2016-06-720714.