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Strengere Waffengesetze senken Mord- und Suizidraten

Studie der MedUni Wien weist Zusammenhang auf
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(Wien, 18-07-2018) Eine statistische Auswertung durch ForscherInnen der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie sowie dem Zentrum für Medizinische Statistik der Medizinischen Universität Wien zeigt, dass strengere Waffengesetze mit einer Senkung der Mord- und Suizidraten durch Schusswaffen einhergehen. So gingen diese Zahlen in Österreich seit der strengeren Waffengesetzreform 1997 in den folgenden 20 Jahren kontinuierlich zurück. Allerdings ist dieser Trend seit der Wirtschaftskrise 2008 abgebremst. Eine mögliche Erklärung für diese Beobachtung: Die allgemeine Verunsicherung in der Bevölkerung führte zu weiteren Neuzulassungen von Schusswaffen, was deren Anteil bei Morden und Suiziden signifikant erhöhte.

In Österreich gehen die Zahlen an Morden und Suiziden seit Jahrzehnten kontinuierlich zurück. Doch auch der prozentuelle Anteil an Gewalttaten mit Schusswaffen hat sich geändert: Seit der Waffengesetzreform im Jahr 1997, als der Schusswaffenbesitz erschwert wurde, ging die Zahl der Neuzulassungen kontinuierlich zurück. Und das spiegelt sich auch in den Mord- und Suizidraten mit Schusswaffen wieder. Kamen zum Beispiel um 1998 auf 100.000 Einwohner 3,7 Waffensuizide, so fiel dieser Wert bis 2008 kontinuierlich und deutlich auf 2,4 pro 100.000 Einwohner.

Existenzängste durch die Weltfinanzkrise – mehr Waffenkäufe in Österreich
Dieser erfreuliche Trend ist seit der Wirtschaftskrise 2008 abgebremst. In westlichen Nationen wie in Europa oder Kanada gingen die Suizidraten wieder nach oben. „Ein bekannter, mitverantwortlicher Faktor für Suizid ist drohende Arbeitslosigkeit“, erklärt Erstautor Daniel König von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der MedUni Wien/AKH Wien, „diese stieg im Zuge der Wirtschaftskrise 2008 und mit ihr Stress in der Bevölkerung merkbar an – auch in Österreich. Erstmals kam es wieder zu mehr Neuzulassungen bei Schusswaffen.“

Schusswaffen haben wieder höheren Prozentanteil bei Mord- und Suizidfällen
Als Konsequenz wurde die bisherige Abwärtskurve bei so genannten „schusswaffen-induzierten“ Suiziden deutlich abgeflacht. Seit 2008 gibt es hier in Österreich keinen Rückgang mehr zu vermelden. Die Morde durch Schusswaffen haben sogar zugenommen, betonen die Experten.

Stieg der Anteil an schusswaffen-induzierten Suiziden von 1985 bis 1998 kontinuierlich von 14,3% auf 18,7% an, so ging er nach der der Waffengesetzreform 1997 kontinuierlich auf 15,5% zurück. Seit 2008 stieg er wieder an und hielt im Jahr 2016 bei 17,7 Prozent.

Die Entwicklung der Mordraten durch Schusswaffen verhält sich noch signifikanter. Von 1985 bis 1998 stieg der Anteil von schusswaffen-induzierten Morden von 4,1% auf 9,0%, nach der Waffengesetzreform ging er jährlich um rund 6,4% zurück. Seit 2008 wiederum wird ein jährlicher Anstieg von rund 10% gezählt.

Die Studie zeigt auf, dass die schusswaffen-induzierte Mord- und Suizidrate nach der Erschwerung des legalen Zugangs zu Schusswaffen im Jahr 1997 jedes Jahr signifikant gesenkt wurde. Eine Abschwächung des Trends im Jahr 2008 bei schusswaffen-induzierten Suiziden und eine Umkehr des Trends bei Morden könnte zu einem Teil auf vermehrt ausgestellte Waffenbesitzkarten im Zuge der Wirtschaftskrise zurückgeführt werden. Für die nahe Zukunft rechnet König angesichts der zunehmenden Verunsicherung in der Bevölkerung mit einem weiteren Anstieg des Waffenbesitzes und den dadurch wahrscheinlicher werdenden Waffensuiziden. Diesem Trend entgegenzuwirken, stellt eine wichtige Herausforderung für die Gesellschaft dar.

Service: European Psychiatry
Austrian firearm legislation and its effects on suicide and homicide mortality: A natural quasi-experiment amidst the global economic crisis
Daniel König, Patrick Swoboda, Robert J. Cramer, Christoph Krall, Vita Postuvan, Nestor D. Kapusta; European Psychiatry 52 (2018) 104–112. https://doi.org/10.1016/j.eurpsy.2018.04.006