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Marker für Risiko von post-operativem Vorhofflimmern identifiziert

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(Wien, 07-06-2018) Eine fächerübergreifende Studie dreier Universitätskliniken der MedUni Wien konnte erstmals zeigen, dass eine spezifische Lymphozyten-Population mit dem Auftreten von Vorhofflimmern nach elektiven Herzoperationen assoziiert ist. Die dadurch ermöglichte individuelle Risikovorhersage und damit verbundene personalisierte pharmakotherapeutische Strategie ist ein weiterer Schritt in Richtung Präzisionsmedizin.

Mit mehr als 4,5 Millionen betroffenen Personen allein in Europa stellt Vorhofflimmern die häufigste Herzrhythmusstörung im klinischen Alltag dar. Vorhofflimmern ist mit einem erhöhten Risiko für thromboembolische Ereignisse assoziiert und Auslöser für mehr als ein Viertel aller ischämischen Insulte. Eine Sonderform des Vorhofflimmerns ist das „post-operative Vorhofflimmern“, das mit einer Häufigkeit (Inzidenz) von rund 45 Prozent nach herzchirurgischen Eingriffen auftritt und mit einer deutlich schlechteren Langzeit-Prognose assoziiert ist. Dementsprechend ist es wichtig, Hochrisiko-PatientInnen in einem stabilen Zustand bereits vor einer herzchirurgischen Intervention zu identifizieren und frühzeitig anti-arrhythmische Gegenmaßnahmen einzuleiten und somit das Auftreten eines Vorhofflimmerns zu verhindern.

Autoimmunreaktion als potenzieller Auslöser für Vorhofflimmern
Im Rahmen einer prä-operativ durchgeführten Durchflusszytometrie von Patientenbluten konnte gezeigt werden, dass Personen mit einem erhöhten Anteil an so genannten CD4+CD28null T Lymphozyten ein deutlich erhöhtes Risiko für das Auftreten eines Vorhofflimmerns nach einer herzchirurgischen Intervention hatten. Diese spezifischen T Zellen repräsentieren die Hauptakteure in Autoimmunkrankheiten wie der rheumatoiden Arthritis oder Multiple Sklerose. Durch Verlust des CD28 (=CD28null) Oberflächenrezeptors verliert diese Zell-Population das Potenzial, in ihrer inflammatorischen Aktivität reguliert und unterdrückt zu werden und zeigt sich aggressiv gegenüber gesundem Körpergewebe, was in eine überschießende auto-aggressive Reaktion mündet.

Diese Immunzellen kommen auch im Herz und den Koronargefäßen vor. Die ForscherInnen gehen davon aus, dass durch lange bestehende entzündliche Prozesse entlang des Herzgewebes der Anteil dieser Lymphozyten-Subgruppe zunimmt. Durch einen akuten entzündlichen Stimulus, wie er durch die herzchirurgische Intervention zugeführt wird, entfalten die CD4+CD28null T Lymphozyten ihr inflammatorisches Potenzial sowie ihre auto-aggressive Aktivität gegen vitales Herzmuskelgewebe.
Aus rein hypothetischer Sicht geht man davon aus, dass durch die folgliche Induktion von Apoptose und Nekrose multiple Mikro-Narben entlang des Vorhofmyokards formiert werden, welche die Entstehung von kreisenden elektrischen Erregungen fördern und somit in die Entstehung von Vorhofflimmern münden.

Präzisionsmedizin vor herzchirurgischen Eingriffen: Statin-Therapie reduziert Risiko
Basierend auf dem anti-inflammatorischen Potenzial von Statinen konnte gezeigt werden, dass PatientInnen, die bereits prä-operativ unter Statin-Terapie waren, eine signifikant niedrigeren Anteil an CD4+CD28null T Lymphozyten aufwiesen. Zusätzlich zeigte die prä-operative Statin-Terapie eine signifikant niedrigere Wahrscheinlichkeit, ein post-operatives Vorhofflimmern zu entwickeln.

Die Erkenntnisse dieser Studie tragen einen wichtigen Teil hinsichtlich einer personalisierten Medizin bei. Zum einen kann eine prä-operative Messung dieser spezifischen Lymphozyten-Subgruppe bereits Auskunft über das Risiko eines post-operativen Vorhofflimmerns geben und folglich Risiko-PatientInnen identifizieren, die potenziell von einer intensiveren anti-arrhythmischen Therapie profitieren. Zum anderen konnte gezeigt werden, dass diese Lymphozyten-Population durch eine prä-operative Gabe von Statinen supprimiert werden kann und auch die Wahrscheinlichkeit von Vorhofflimmern durch Statine deutlich reduziert war.

Die Studie (AFAN Studie) wurde im Rahmen einer ausgedehnten Kooperation der Universitätsklinik für Innere Medizin II, Klinische Abteilung für Kardiologie, in Kooperation mit der Universitätsklinik für Chirurgie, Abteilung für Herzchirurgie (Kooperationspartner: Günther Laufer und Tatjana Fleck), und der Universitätsklinik für Anästhesie, Intensiv- und Schmerztherapie, Abteilung für Herz-Thorax-Gefäßchirurgie (Kooperationspartnerin: Barbara Steinlechner) durchgeführt. Projektleiter war Patrick Sulzgruber (Universitätsklinik für Innere Medizin II, Kardiologie) unter Supervision von Alexander Niessner (Universitätsklinik für Innere Medizin II, Kardiologie).

Service: Scientific Reports
Patrick Sulzgruber, Barbara Thaler, Lorenz Koller, Johanna Baumgartner, Arnold Pilz, Matthias Steininger, Sebastian Schnaubelt, Tatjana Fleck, Günther Laufer, Barbara Steinlechner, Max-Paul Winter, Georg Goliasch, Johann Wojta and Alexander Niessner "CD4+CD28null T Lymphocytes are Associated with the Development of Atrial Fibrillation after Elective Cardiac Surgery" Scientific Reports (2018).