(Wien, 10-01-2019) Das Bakterium Staphylococcus aureus ist einer der häufigsten Krankheitserreger und kann bis zur Sepsis führen. Das neue Antibiotikum Dalbavancin ist eine gut wirksame Substanz gegen viele bakterielle Krankheitserreger. Allerdings konnte während der Langzeittherapie eines Patienten mit einer durch eine medizinische Prothese verursachten Infektion eine Resistenzentwicklung beobachtet werden. Ein Forschungsteam um die Infektiologen von der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin der Universitätsklinik für Innere Medizin I der MedUni Wien, Manuel Kussmann und Heimo Lagler, konnten nun erstmals den phäno- und genotypischen Verlauf dieser Resistenzentstehung beschreiben. Die Studie wurde im Top-Journal Emerging Microbes&Infections publiziert.
Staphylokokken sind Bakterien und gehören zur normalen Keimflora der menschlichen und tierischen Haut. Etwa zwanzig Prozent der österreichischen Bevölkerung sind ständig mit dem oft in der Nasenhöhle befindlichen Keim besiedelt. Es gibt harmlose Varianten, die zu gar keinen bis mittleren Beschwerden führen können. In schwerwiegenden Fällen kann der Erreger in die Blutbahn gelangen und eine Herzklappenentzündung und Sepsis auslösen.
Eine problematische Spezies davon ist Staphylococcus aureus, der sowohl außerhalb des Krankenhauses, aber auch im Spital als sogenannter "Spitalskeim" erworben werden kann. Davon gibt es multiresistente Formen, die bei gesunden Menschen nicht unbedingt zu schweren Erkrankungen führen müssen. Bei geschwächten PatientInnen im Krankenhaus, oder wenn die natürliche Hautbarriere gestört ist, kann eine Übertragung allerdings zu Komplikationen führen. Zur Therapie gegen multiresistente Keime wird heute unter anderem erfolgreich Dalbavancin eingesetzt, ein Antibiotikum jüngster Generation. Einer der Vorteile dieses Medikaments liegt in der sehr langen Halbwertszeit von etwa neun Tagen, wodurch die intravenöse Therapie auch ambulant erfolgen kann. Allerdings gehört es zur Praxis klinischer Erfahrung, dass es noch bei jeder therapeutischen Anwendung neuer Antibiotika früher oder später zu einer Resistenzentwicklung kommt, und so war es auch in diesem Fall eine Frage der Zeit.
Bei einem Patienten mit komplexer Herzerkrankung und einem Herzschrittmacher wurde nun eine sogenannte „Protheseninfektion“ durch den im Blut nachgewiesenen Staphylococcus aureus-Keim diagnostiziert. Es kann im Zuge des operativen Einsatzes einer solchen medizinischen Prothese zu solchen Infektionen kommen, aber auch danach können sich Bakterien, die aus unterschiedlichen Gründen ins Blut gelangt sind, an einer Prothese festsetzen. Die Inzidenz einer solchen Infektion liegt bei 0,5-2,2 Prozent. Jener Patient wurde nach einer stationären Therapie ambulant mit Dalbavancin behandelt, um die Zeit bis zur Entfernung der Herzschrittmacher-Sonde zu überbrücken. Jedoch stellte sich nach anfänglicher Besserung eine klinische Verschlechterung ein. Neuerlich konnte Staphylococcus aureus im Blut mittels Blutkultur nachgewiesen werden, jedoch wies er jetzt eine Resistenz gegenüber dem Wirkstoff auf.
Die Infektiologen Manuel Kussmann und Heimo Lagler von der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin der Universitätsklinik für Innere Medizin I führten nun in Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen wie vor allem der Abteilung für Klinische Mikrobiologie der MedUni Wien, eine komplexe mikrobiologische Studie durch und untersuchten sowohl den phänotypischen, als auch genotypischen Verlauf der Resistenz im Labor. Mit modernsten Methoden konnten interdisziplinär mittels Elektronenmikroskopie eine deutliche Zunahme der Bakterienzellwanddicke und eine Änderung der bakteriellen Zellteilung nachgewiesen werden. Bei der genetischen Analyse des gesamten Genoms der Staphylokokken zeigte sich im Verlauf, dass es zu Mutationen in einzelnen Genabschnitten gekommen war.
Damit konnte ein potenzieller Resistenzmechanismus gegenüber dem neuen Antibiotikum Dalbavancin erstmals in dessen Verlauf beschrieben werden. Als Folgestudie werden nun die einzelnen veränderten Gene auf ihre Funktion untersucht.
Service:
„Emergence of a dalbavancin induced glycopeptide/lipoglycopeptide non-susceptible Staphylococcus aureus during treatment of a cardiac device-related endocarditis“
Manuel Kussmann, Matthias Karer, Markus Obermueller, Katy Schmid, Wolfgang Barousch, Doris Moser, Marion Nehr, Michael Ramharter, Wolfgang Poeppl, Athanasios Makristhatis, Stefan Winkler, Florian Thalhammer, Heinz Burgmann und Heimo Lagler.
Doi.org/10.1038/s41426-018-0205-z.