(Wien, 17-08-2020) Der Wissenschaftsfonds FWF stellt im Rahmen seiner „Akutförderung SARS-CoV-2“ für die Corona-Grundlagenforschung in Österreich 1,5 Millionen Euro zur Verfügung und finanziert vier Projekte in Tirol und Wien, darunter eines der MedUni Wien. Der Pharmazeut Oliver Langer von der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie der MedUni Wien und seine Gruppe entwickeln ein Verfahren, um den Einfluss von Blutdruck senkenden Medikamenten im Fall einer SARS-CoV-2-Infektion besser analysieren zu können.
Um die Corona-Forschung in Österreich rasch zu unterstützen, etablierte der FWF am Beginn der Pandemie eine „Fast-Track-Schiene“. In seiner zweiten Tranche stellte der FWF insgesamt 1,5 Millionen Euro zur Förderung von vier Projekten bereit. Diese konnten sich in der internationalen Begutachtung aufgrund ihrer exzellenten Qualität durchsetzen. Ein Forschungsprojekt startet an der MedUni Wien, zwei an der Universität Wien und eines an der Medizinischen Universität Innsbruck, das vom Land Tirol kofinanziert wird.
„Forschende müssen in Österreich neue Wege in der Corona-Forschung gehen können. Mit den über den FWF finanzierten Projekten machen wir weitere Spitzenforschung auf internationalem Topniveau möglich“, so Bundesminister Heinz Faßmann. „Die Kofinanzierung eines Projekts durch das Land Tirol unterstreicht den gemeinsamen Willen, Spitzenforschung in Österreich zu fördern.“
„Obwohl derzeit so viel und so rasch wie noch nie zu einem Thema geforscht wird, bestehen deutliche Wissenslücken in unterschiedlichen Forschungsfeldern. Die vier neu bewilligten Projekte überzeugen durch ihre wissenschaftliche Exzellenz und helfen somit, diese Lücken zu schließen“, betont FWF-Präsident Klement Tockner und hebt die Mitfinanzierung durch das Land Tirol als positives Beispiel für die Kooperation mit den Bundesländern hervor.
Der Pharmazeut Oliver Langer von der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie der MedUni Wien entwickelt gemeinsam mit dem Chemiker Christoph Denk von der Technischen Universität Wien und Thomas Wanek vom AIT Austrian Institute of Technology ein neues Verfahren, um die Rolle von Blutdruck senkenden Medikamenten bei COVID-19-PatientInnen erforschen zu können. Bis heute konnte die Rolle des ACE2-Enzyms noch nicht geklärt werden. Das Enzym ermöglicht dem Coronavirus, in die Zelle einzudringen und den ersten Schritt der viralen Infektion zu setzen. Langer und seine Gruppe entwickeln nun mit Hilfe der FWF-Akutförderung ein Verfahren, um mit einer radioaktiv markierten Substanz die Dichte von ACE2 im Gewebe mittels der Positronen-Emissions-Tomografie (PET) feststellen und den Einfluss von Blutdrucksenkern besser analysieren zu können. Das Verfahren und die dadurch möglichen Erkenntnisse leisten einen Beitrag zur Entwicklung neuer Medikamente gegen COVID-19.
Die weiteren Projekte
Der Molekularbiologe und Immunologe Wilfried Posch von der Medizinischen Universität Innsbruck erforscht noch ungeklärte Fragen zum Coronavirus erstmals an einem 3D-Modell der Atemwege. Dieses besteht aus menschlichen Zellen und wurde noch um Komponenten des Immunsystems erweitert. Damit kann man untersuchen, wie die Wechselwirkung des Virus an den respiratorischen Schleimhautbarrieren mit den Zellen aussieht. So können neue Methoden getestet werden, um den Eintritt des Virus zu verhindern.
Unter der Leitung des Sozialwissenschaftlers Bernhard Kittel vom Vienna Center for Electoral Research VieCER der Universität Wien untersucht ein multidisziplinäres Team die Einstellung, das Verhalten sowie die Reaktionen der in Österreich lebenden Menschen auf die Coronakrise. Das „Austrian Corona Panel“ zählt zu den größten sozialwissenschaftlichen Coronastudien in Österreich, in deren Rahmen 1.500 Menschen monatlich befragt werden, um fundierte Daten zur Verfügung stellen zu können.
Und schließlich erforschen die Pharmazeutin Judith Rollinger und ihr Team von der Universität Wien, welche antiviralen Naturstoffe zur Behandlung von akuten Atemwegserkrankungen eingesetzt werden können. Um weiteren vielversprechenden Arzneistoff-Kandidaten auf die Spur zu kommen, verknüpft die Wissenschaftlerin empirisches Wissen aus der traditionellen Medizin mit Big-Data-Science und aufwendigen Computersimulationen. Auf diesem Weg konnte die Forschungsgruppe bereits Pflanzeninhaltsstoffe isolieren, die sowohl gegen Influenzaviren als auch Pneumokokken aktiv sind.