(Wien, 31-01-2022) Der Mensch ist Schadstoffen und Umweltfaktoren ausgesetzt, die die Gesundheit maßgeblich beeinflussen können. Diese nicht-genetischen, externen Einflüsse wie etwa Umweltkontaminanten, Lebensmittelinhaltsstoffe, Medikamente und Weichmacher, und auch deren kombinierte toxischen Effekte umfassend zu beschreiben, ist Ziel der Exposomforschung. Mit Jahresbeginn startete dazu die „Exposome Austria Forschungsinfrastruktur“, koordiniert von der Fakultät für Chemie der Universität Wien gemeinsam mit den Medizinischen Universitäten Wien und Innsbruck sowie dem Umweltbundesamt als Partnern.
„Wir gehen heute davon aus, dass ein Mensch im Laufe seines Lebens mindestens 10.000 bis 100.000 Schad- und Fremdstoffen ausgesetzt ist, die vor allem über die Nahrung, aber auch über Wasser und Luft aufgenommen werden“, sagt Exposome Austria-Koordinator Benedikt Warth vom Institut für Lebensmittelchemie und Toxikologie der Universität Wien.
Neue Datensätze und Analyseansätze
Hochauflösende Analysemethoden wie die Massenspektrometrie und neue bioinformatische Verfahren zum Umgang mit Big Data ermöglichen erstmals, die Exposition gegenüber Umweltstoffen umfassend zu erheben und Wechselwirkungen systematisch zu untersuchen. Exposome Austria wird neue Daten über die Exposition von Fremdstoffen in bisher unbekannter Dimension sammeln und neue Ansätze für ihre Auswertung entwickeln. Insbesondere werden Schadstoffe, denen Kinder bereits im Mutterleib oder während der ersten Lebensjahre ausgesetzt sind, und ihre möglichen Auswirkungen im späteren Leben systematisch untersucht.
“Auch bisher unbekannte Cocktail-Effekte, die beim Zusammentreffen von verschiedenen Fremdstoffen wie Medikamenten oder Lebensmittelverunreinigungen im Körper auftreten können, werden durch die neu entwickelten Technologien greifbar“, sagt Benedikt Warth. Als Beispiele für solche „Cocktail-Effekte“ sind etwa die Industriechemikalie Bisphenol A und das Pflanzenöstrogen Genistein, die beide mit dem menschlichen Hormonsystem, sowie mit Krebstherapien in Wechselwirkung stehen können, bekannt.
„Unsere Vision geht aber über die Erforschung von Zusammenhängen zwischen Exposition und Krankheitsrisiko hinaus”, so Warth: “Langfristig wollen wir dazu beitragen, dass die Belastung der wirklich kritischen Einflüsse minimiert wird, und so personalisierte Prävention und die Verminderung chronischer Krankheiten unterstützen.“
Die an der MedUni Wien involvierten ForscherInnen Eva Schernhammer (Abteilung für Epidemiologie), Claudia Gundacker (Institut für Medizinische Genetik), und Lukas Wisgrill (Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Klinische Abteilung für Neonatologie, Pädiatrische Intensivmedizin und Neuropädiatrie) bringen Expertise zu Umwelt-Epidemiologie und Neugeborenen-Medizin ein, die für die geplante Etablierung einer österreichischen Geburtskohorte samt Biobank erforderlich ist.
Exposome Austria als Teil eines EU-Projekts
Exposome Austria ist das nationale Forschungskonsortium von EIRENE, einer europäischen Großforschungsinfrastruktur, und umfasst in Österreich ForscherInnen der Universität Wien, der Medizinischen Universität Wien, der Medizinischen Universität Innsbruck sowie des Umweltbundesamtes und weitere strategischer Allianzen (BBMRI.at, eLTER, ISOtopic Solutions). In der ESFRI-Infrastruktur EIRENE (Environmental Exposure Assessment in Europe) sind insgesamt rund 50 Forschungseinrichtungen aus 17 Ländern beteiligt. EIRENE ist eine von elf ESFRI-Infrastrukturen, die das Europäische Strategieforum für Forschungsinfrastrukturen in seine Roadmap 2021 aufgenommen hat.
Die offizielle Launch-Veranstaltung von Exposome Austria ist am 31. Mai 2022 an der Universität Wien geplant.