(Wien, 27-01-2022) Eine Modellierungsstudie von ForscherInnen der MedUni Wien und der TU Graz am Complexity Science Hub Vienna hat die Nützlichkeit diverser Maßnahmen zum Schutz vor Corona-Ansteckungen an österreichischen Schulen untersucht. Am besten hilft demnach eine Kombination aus mehreren Maßnahmen wie zum Beispiel Lüften oder Masken, aber auch der Typ der Schule spielt bei der Effektivität von Schutzvorkehrungen eine Rolle. Die Ergebnisse der Studie wurden aktuell im renommierten Journal Nature Communications veröffentlicht.
Eines der gesellschaftlich stark diskutierten Themen während der laufenden Corona-Pandemie ist die Rolle von Schulen als mögliche Ansteckungsherde für COVID-19. Die ForscherInnen rund um Erstautorin Jana Lasser (TU Graz) und Peter Klimek (MedUni Wien) erstellten auf Basis von Clusterauswertungen der AGES (Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) ein Modell, mit dem sich berechnen lässt, welche Maßnahmen am besten dazu geeignet sind, Schulen in der Pandemie zu einem möglichst sicheren Ort zu machen. Dazu verwendeten sie Daten aus dem Herbst 2020, die Modellierung basiert auf den Parametern der Delta-Variante.
In Volksschulen weniger Ansteckungen als in Oberstufen
Mit Masken, Lüften, Schichtunterricht, Testen und mittlerweile auch Impfungen stehen mehrere Maßnahmen zum Schutz vor Ansteckung zur Verfügung. „Wir haben gesehen, dass eine einzelne Maßnahme nicht ausreicht, um die Infektionen an einer Schule unter Kontrolle zu bringen“, erklärt Komplexitätsforscherin Jana Lasser von der TU Graz, „viel effektiver schützen zwei oder drei solcher Vorkehrungen. Als überdurchschnittlich wirksam hat sich hier übrigens das regelmäßige Lüften gezeigt“.
Doch auch die sozialen Strukturen der verschiedenen Schularten spielen eine Rolle. So haben Volksschulklassen mit dauerhaft zugeordneten Lehrkräften andere, weniger riskante Kontaktstrukturen als zum Beispiel Oberstufenklassen mit mehreren LehrerInnen, was an solchen Schulen zu einer größeren Durchmischung und erhöhtem Ansteckungsrisiko führt.
Die ForscherInnen fanden heraus, dass für Volksschulen zwei Sicherheitsmaßnahmen ähnlich effektiv schützen wie drei solcher Maßnahmen an Oberstufen, also etwa zusätzliches Testen neben Masken und Lüften. Bei der momentanen Impfrate in Österreich unter LehrerInnen und SchülerInnen, reicht dies auch noch unter der Annahme, dass keine der Maßnahmen perfekt umgesetzt wird. „Hier zeigt sich die Wirksamkeit des sogenannten Schweizer-Käsemodells“, erklärt Klimek, „keine einzige dieser Maßnahmen schützt hundertprozentig vor einer Ansteckung, aber mehrere zusammengefasst erhöhen den Schutz deutlich“.
Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass der bestmögliche Schutz von einer konsequenten Umsetzung der Sicherheitsvorkehrungen abhängt. Kleine Cluster können sich extrem schnell ausbreiten und sind dann kaum mehr einzudämmen, schreiben die ForscherInnen.
Das Berechnungsmodell wurde auch an die Parameter der aktuell vorherrschenden Omikron-Variante angepasst. Im Vergleich zur Delta Variante sind zur Eindämmung von Omikron deutlich strengere Maßnahmenbündel notwendig, die alle der erwähnten Maßnahmen kombinieren. Die Berechnungen sollen auch dazu dienen, die bestmöglichen Maßnahmenpakete für Schulen im Herbst 2022 zu berechnen, falls es hier wieder zu einer Infektionswelle kommen sollte.
Service: Nature Communications
“Assessing the impact of SARS-CoV-2 prevention measures in Austrian schools using agent-based simulations and cluster tracing data”
Jana Lasser, Johannes Sorger, Lukas Richter, Stefan Thurner, Daniela Schmid, and Peter Klimek
http://dx.doi.org/10.1038/s41467-022-28170-6