(Wien, 15-10-2021) Die Österreichische Gesellschaft für Radioonkologie, Radiobiologie und medizinische Radiophysik (ÖGRO) vergab im Rahmen ihrer 37. Jahrestagung alle drei Preise für die besten wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiet der Radioonkologie an MitarbeiterInnen der Universitätsklinik für Radioonkologie von MedUni Wien – AKH Wien. Auch die Österreichische Gesellschaft für Medizinische Physik (ÖGMP) vergab im Rahmen der Dreiländer-Tagung der österreichischen, deutschen und schweizerischen Fachgesellschaften für Medizinphysik (ÖGMP, DGMP, SGSMP) ihre zwei Preise für Medizinphysik an ForscherInnen der Universitätsklinik für Radioonkologie.
Die beiden Auszeichnungen der ÖGRO für klinische Radioonkologie gingen ex aequo als Erste Preise an Alina Sturdza und Matthias Moll, Hermann Fuchs erhielt den Preis für Medizinische Physik und Radiobiologie. Die ÖGMP verlieh Gerd Heilemann ihren Best Abstract Preis für Medizin Physik und zeichnete Lukas Zimmermann für das „Best Paper“ aus.
Joachim Widder, Leiter der Universitätsklinik für Radioonkologie und des Comprehensive Cancer Center (CCC) von MedUni Wien und AKH Wien, der auch Tagungspräsident der 37. Jahrestagung der ÖGRO war, dazu: „Heuer sind erstmals alle drei Preise der ÖGRO und zwei Preise der ÖGMP an ForscherInnen der Universitätsklinik für Radioonkologie von MedUni Wien und AKH Wien gegangen. Wir gratulieren allen fünf PreisträgerInnen zu ihrem Erfolg. Die Auszeichnungen unterstreichen, dass an unserer Klink exzellente Forschung betrieben wird und dass wir mit unserer Arbeit auf einem guten Weg sind.“
Entwicklung eines Vorhersagemodells
Alina Sturdza entwickelte das erste Nomogramms zur Vorhersage des Gesamtüberlebens (OS) bei lokal fortgeschrittenem Zervixkarzinom (LACC) nach bildgestützter, adaptiver Brachytherapie (IGABT) im Rahmen einer definitiven Radiochemotherapie (RCT).
Für diese Arbeit wurden 720 Patientinnen von 12 internationalen Behandlungszentren in eine Studie eingeschlossen. Zusätzlich zu den bereits vorher beschriebenen prognostischen Faktoren Alter, FIGO Stadium, Infiltration des Corpus uteri, Gabe einer Chemotherapie, Gesamtbehandlungszeit und Lymphknotenbefall erwiesen sich auch das Ansprechen auf Teletherapie und Chemotherapie als essentielle Vorhersagefaktoren. Diese Ergebnisse könnten die individuelle Beratung von Patientinnen während der Behandlung erleichtern. Auf Grundlage der errechneten Daten wurde eine online App zur Abschätzung des individuellen Gesamtüberlebens entwickelt.
Die Arbeit trägt den Titel „Vorhersage des Gesamtüberlebens bei lokal fortgeschrittenem Zervixkarzinom mittels Nomogrammen nach bildgestützter Brachytherapie: eine Retro-EMBRACE Studie.“
Zwei Radiotherapien im Vergleich
Matthias Moll erhielt die Auszeichnung für die Arbeit „Behandlung von low-risk Prostatakrebs: Eine retrospektive Studie zum Vergleich von EBRT und Seeds-Brachytherapie hinsichtlich biochemischer Kontrolle und späten Nebenwirkungen“
Studienziel war der Vergleich von EBRT (External Beam Radiotherapy) und Seeds-Brachytherapie hinsichtlich biochemischer Kontrolle und späten gastrointestinalen und urogenitalen Nebenwirkungen.
In diese Studie wurden 477 Patienten eingeschlossen, die zwischen 2000 und 2019 an der Universitätsklinik für Radioonkologie von MedUni Wien und AKH Wien behandelt worden waren.
Moll konnte zeigen, dass kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Modalitäten hinsichtlich der biochemischen Kontrolle besteht. Seeds-Brachytherapie verursacht weniger gastrointestinale Spätnebenwirkungen als EBRT, während EBRT weniger urogenitale Spätnebenwirkungen verursacht. Die Ergebnisse, die das Team um Gregor Goldner erzielte, sind vergleichbar mit jenen aus internationalen Studien: Beide Behandlungsmodalitäten bieten eine exzellente Tumorkontrolle mit einer Heilungsrate von 95 Prozent nach 5 Jahren.
Detektoren auf der Spur
Hermann Fuchs beschäftigte sich in seiner Publikation “MR guided proton therapy: Impact of magnetic fields on the detector response” mit den Eigenschaften und der Eignung klinisch verfügbarer Detektoren zur Dosismessung in der Protonentherapie in Magnetfeldern.
Der Hintergrund: Die Kombination von on-line MR Bildgebung und Protonentherapie bietet klinisch hochrelevante neue Möglichkeiten. In der Ionentherapie ist durch die erhöhte Sensibilität der Bestrahlung eine solche Bildgebungsoption besonders vorteilhaft. Anders als in der konventionellen Photonenbestrahlung, ist ein solches Hybridgerät aufgrund vieler wissenschaftlicher und technischer Herausforderungen klinisch noch nicht realisiert.
Individuelle Hochpräzisionsradiotherapie
Gerd Heilemann erhielt den Preis des besten eingereichten Beitrages der Österreichischen Gesellschaft für Medizinische Physik (ÖGMP) für seine Studie „Generating treatment plans from dose distributions on segmented CTs with Deep Learning: A feasibility study“.
In der Arbeit ist es erstmalig gelungen, ein Modell zu entwickeln, das auf künstlicher Intelligenz basiert und in der Lage ist, Therapiepläne aus PatientInnenkonturen und Dosisverteilungen zu erstellen. Dieser vielversprechende Ansatz ist von großem Interesse für die automatische Bestrahlungsplanung. Modelle wie dieses für die Erstellung von Therapie-Plänen in der Prostatakrebsbehandlung könnten den Weg hin zu einer noch individuelleren Hochpräzisionsradiotherapie ebnen.
Die Studie entstand im Team mit Marco Peer (TU Wien), Lukas Zimmermann und Wolfgang Lechner unter der Leitung von Dietmar Georg.
Synthetische MR- und CT-Bilder durch künstliche Intelligenz
Lukas Zimmermann erhielt den AutorInnenpreis des Journals „Zeitschrift für Medizinische Physik“ für seine im Vorjahr erschienen Publikation „Latent space manipulation for high-resolution medical image synthesis via the StyleGAN”.
Sie beschreibt ein auf künstlicher Intelligenz (KI) basiertes Verfahren, um kontrolliert synthetische MR und CT Bilder im Beckenbereichen zu erstellen. Dies bietet die Möglichkeit, medizinische Daten mit anderen Instituten ohne datenschutzrechtliche Konsequenzen zu teilen. Des Weiteren können diese Daten verwendet werden, um KI Algorithmen zu trainieren und dadurch dem Problem von limitierten Patientendaten entgegenzuwirken. Dies soll zukünftig zu robusteren und genaueren KI-Modellen führen. Die Arbeit entstand in Kooperation mit der Universität Umeå in Schweden.