(Wien, 22-10-2021) In einer repräsentativ zusammengesetzten Online-Umfrage der Medizinischen Universität Wien unter Leitung von Tanja Stamm, gemeinsam mit ExpertInnen aus der Politik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien, bewerteten 1.500 ungeimpfte Corona-ImpfskeptikerInnen hypothetische Impfkampagnen und fiktive Medienberichte über COVID-19- Impfstoffe, damit mögliche Motivationen ausgelotet werden können. Es zeigte sich, dass der „Wunsch nach Rückkehr zur Normalität“ und Empfehlungen von ÄrztInnen sowie der Bundesregierung zu einer Corona-Schutzimpfung motivieren könnten.
„Das Ziel unserer Studie war es herauszufinden, welche hypothetische Impfkampagne Zögerliche und ImpfskeptikerInnen am ehesten dazu motivieren könnte, sich doch noch zu einer Impfung zu entschließen. Außerdem wollten wir wissen, wie Informationen zur Wirksamkeit und zu Nebenwirkungen der Impfung kommuniziert werden sollten. Dazu wurden im Rahmen der Umfrage zwei sogenannte Conjoint-Experimente durchgeführt“, erklärt Tanja Stamm vom Institut für Outcomes Research der MedUni Wien.
Empfehlung von ÄrztInnen und der Bundesregierung relevanter als von Prominenten
Im ersten Experiment wurde den Befragten eine Auswahl unterschiedlicher Impfaufrufe präsentiert und deren Meinungen und Einstellungen dazu abgefragt. Die unterschiedlichen Sujets wurden, auf wissenschaftlicher Literatur basierend, erarbeitet. Als Ergebnis dieses Experiments zeigte sich der Wunsch nach Rückkehr zur Normalität als größeres Impfmotiv als zum Beispiel Selbst- oder Fremdschutz. Regeländerungen (z.B. 2-G statt 3-G) wurden schlechter bewertet als die Beibehaltung der aktuell gültigen Regeln. Ebenfalls zeigten insbesondere die Empfehlungen von ÄrztInnen, aber auch der Bundesregierung größere Effekte als etwa solche von prominenten Personen. Eine Impf-Lotterie stieß auf wenig Begeisterung.
Medienberichte zu Impfdurchbrüche verunsichern
Im zweiten Experiment wurden eine Auswahl fiktiver Medienberichte zum Impfthema vorgelegt: „Während Berichte zu Impfdurchbrüchen abschreckend wirkten, hinterließen Berichte zur guten Wirksamkeit der Impfstoffe einen positiven Eindruck, obwohl das Zahlenverhältnis der Impfdurchbrüche so gewählt wurde, dass es der erwartbaren Anzahl bei gegebener Wirksamkeit des Impfstoffs entsprach“, sagt Tanja Stamm. „Es machte also einen Unterschied, wie über den Impfstoff berichtet wurde.“
Infografiken überraschend wenig überzeugend
Unerwarteter Weise zeigte die Verwendung einer Infografik einen geringeren Nutzeneffekt als einfache Text-Botschaften ohne graphische Darstellung. „Möglicherweise sind graphische Darstellungen für Menschen, die nicht gewohnt sind, diese zu interpretieren, schwierig zu verstehen oder können sogar unbeabsichtigt abschreckend wirken.“ Die TeilnehmerInnen gaben auch an, einem normalen Zulassungsverfahren der EU-Behörden für einen Corona-Impfstoff mehr zu vertrauen als einem rein österreichischen Verfahren.
Zusammenfassend ließe sich aber sagen, so die StudienautorInnen, dass gesamt gesehen alle diese Nutzeneffekte eher gering ausfielen. Unter Umständen liege dies daran, dass manche jener Personen, die sich auch im Herbst 2021 noch zu keiner Impfung entscheiden wollten, schon sehr stark verfestigte Meinungen haben, die durch positive Anreize und effektive Kommunikation nur teilweise beeinflusst werden können. Umso wichtiger wird es sein, dass aktuelle und zukünftige Impfkampagnen vor allem die noch Zögerlichen unter den Ungeimpften mit klaren Botschaften und auf unterschiedlichsten Kanälen erreichen.
„Conjoint-Experimente zur Impfkommunikation in der Corona-Krise“. Tanja Stamm, Erika Mosor, Valentin Ritschl (Medizinische Universität Wien, Institut für Outcomes Research), Julia Partheymüller, Sylvia Kritzinger (Universität Wien, Institut für Staatswissenschaft), Jakob-Moritz Eberl (Universität Wien, Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft).