Skip to main content English

Studie beweist erstmals Nutzen und Risiko von dualer plättchenhemmender Therapie nach Bypass-OP

Alle News
Copyright (c) 2018 jarin  phirompaksar/Shutterstock

(Wien, 12-08-2022) Eine aktuelle Analyse zeigt, dass eine Kombination aus zwei plättchenhemmenden Medikamenten für Patient:innen nach einer Koronararterien-Bypass-OP von Vorteil sein, aber auch ein Risiko mit sich bringen kann. Diese neue Erkenntnis einer internationalen Forschungsgruppe mit Erstautorin Sigrid Sandner von der Universitätsklinik für Herzchirurgie der MedUni Wien legt nahe, dass behandelnde Ärzt:innen den Einsatz dieser Medikamente sorgfältig abwägen sollten. Die Ergebnisse wurden aktuell im renommierten Journal JAMA veröffentlicht.

Vor dem Hintergrund, dass die duale plättchenhemmende Therapie (Dual Antiplatelet Tharapy, DAPT) zur Standardbehandlung nach Herzinfarkt gehört, gingen die Forscher:innen der Frage nach, ob die Gabe von Acetylsalicylsäure und Ticagrelor auch nach einer Bypass-OP zur Vermeidung von Blutgerinnseln in Venenbypässen eingesetzt werden soll. Ein Bypassverschluss als Folge eines solchen Blutgerinnsels tritt bei rund einem Viertel der Patient:innen bereits im ersten Jahr nach der Bypass-Operation auf. Zur Vorbeugung wird derzeit Acetylsalicylsäure als alleinige Medikamentengabe eigesetzt, da bislang weder zum Nutzen noch zum Risiko der dualen plättchenhemmenden Therapie nach Bypass-Operationen eindeutige wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen.

Das Forschungsteam um Studienleiter Mario Gaudino von der Weill Cornell Medicine, der medizinischen Fakultät der Cornell University in New York, und Erstautorin Sigrid Sandner von der Universitätsklinik für Herzchirurgie der MedUni Wien hat nun erstmals den Nutzen, aber auch das Risiko der DAPT nach Bypass-Operationen aufgezeigt. So haben die Forscher:innen in einer Meta-Analyse von vier randomisierten Studien festgestellt, dass mit Hilfe der Zwei-Medikamenten-Strategie zwar die Offenheitsrate der Bypässe signifikant erhöht wird, die Gefahr für klinisch bedeutsame Blutungen hingegen steigt. Insgesamt weisen diese Ergebnisse darauf hin, dass Ärzt:innen ihre Entscheidungen vom individuellen Zustand der Patient:innen abhängig machen und diesen Ansatz bei einem erhöhten Blutungsrisiko nicht wählen sollten.

Die Koronararterien-Bypass-OP ist die weltweit am häufigsten durchgeführte Herzoperation. Mit Hilfe des Eingriffs werden verengte oder blockierte Arterien behandelt, damit der Herzmuskel wieder mit sauerstoffreichem Blut versorgt werden kann. Bei mehr als 90 Prozent der Patient:innen wird dafür eine Beinvene entnommen. In bis zu einem Viertel der Fälle kommt es bereits im ersten Jahr nach der OP zu Blutgerinnseln und damit zu Verstopfung sowie Versagen der Bypässe.

Mit der Wirksamkeit von DAPT nach einer Bypass-OP haben sich Forscher:innen bereits in mehreren Studien beschäftigt. Diese Untersuchungen führten allerdings zu widersprüchlichen Ergebnissen und fielen vergleichsweise klein aus. „Wir haben die Rohdaten von vier dieser Studien zusammengeführt. So konnten wir die Daten von 1.316 Patient:innen analysieren und deutlich aussagekräftigere Schlüsse ziehen“, sagt Sigrid Sandner, die an der MedUni Wien das Programm Koronarchirurgie leitet. Im Rahmen früherer Studien wurden die Patient:innen zudem ein ganzes Jahr lang mit der Kombination aus Acetylsalicylsäure und Ticagrelor behandelt. Weil die meisten Bypassversagen jedoch bereits in den ersten Monaten nach der OP auftreten, wollen die Forscher:innen nun DAPT über einen Zeitraum von ein bis drei Monaten testen, um festzustellen, ob eine verkürzte Behandlung den gleichen Nutzen bei geringerem Blutungsrisiko bietet.

Publikation: JAMA
Association of Dual Antiplatelet Therapy With Ticagrelor With Vein Graft Failure After Coronary Artery Bypass Graft Surgery: A Systematic Review and Meta-analysis
Sigrid Sandner, Björn Redfors, Dominick J Angiolillo, Katia Audisio, Stephen E Fremes, Paul W A Janssen, Alexander Kulik, Roxana Mehran, Joyce Peper, Marc Ruel, Jacqueline Saw, Giovanni Jr Soletti, Andrew Starovoytov, Jurrien M Ten Berg, Laura M Willemsen, Qiang Zhao, Yunpeng Zhu, Mario Gaudino
doi: 10.1001/jama.2022.11966