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Humanes Papillomavirus kann Entwicklung von Hautkrebs fördern

Studienergebnisse ebnen künftige Forschung von Prävention, Diagnose und Therapie
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(Wien, 10-10-2022) Dass Viren Infektionskrankheiten von COVID-19 über AIDS bis Ebola verursachen können, ist inzwischen hinlänglich bekannt. Die medizinische Wissenschaft geht aber auch davon aus, dass Viren bei etwa zehn Prozent der Krebserkrankungen eine Rolle spielen. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der MedUni Wien und des Forschungsinstituts für Molekulare Pathologie in Wien hat nun gezeigt, dass das humane Papillomavirus 42 (HPV42) die Entwicklung einer bestimmten Art von Hautkrebs fördert. Die Ergebnisse, die in der Fachzeitschrift Cancer Discovery veröffentlicht wurden, werden für die künftige Forschung in den Bereichen Prävention, Diagnose und Therapie von Bedeutung sein.

Bei ihren Forschungen zu onkogenen Viren konzentrierte sich das Team unter der Leitung von Thomas Wiesner (Universitätsklinik für Dermatologie der MedUni Wien) und Anna Obenauf (Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie, Wien) auf Hautkrebs mit unbekannten Ursachen, da die menschliche Haut ständig Viren ausgesetzt ist. Anhand öffentlich zugänglicher Daten von Krebsgenomen konnten die Wissenschafter:innen bei 19 verschiedenen Hautkrebsarten nach jedem der insgesamt für den Menschen relevanten 6.000 Viren suchen. In 96 Prozent der untersuchten Proben des Digitalen Papillären Adenokarzinoms (DPA), einer aggressiven Form von Hautkrebs, die vor allem an Fingern und Zehen auftritt, fanden sie das humane Papillomavirus 42 (HPV42).

Das humane Papillomavirus ist ein weit verbreitetes DNA-Virus mit über 220 bekannten Typen. Ihre Beteiligung an der Entstehung verschiedener Krebsarten ist seit langem bekannt: Bereits 1976 untersuchte der deutsche Mediziner Harald zur Hausen Zusammenhänge zwischen bestimmten HPV-Typen und Gebärmutterhalskrebs, wofür er 2008 den Nobelpreis erhielt. Die gängigen Impfprogramme schützen sehr gut vor sexuell übertragbaren HPV und ihren krebserregenden Auswirkungen. Es ist jedoch möglich, dass andere krebserregende HPVs vernachlässigt wurden. HPV42 zum Beispiel galt bisher als harmlos.

Die Wissenschafter:innen machten sich nun daran, die detaillierten zellulären Mechanismen zu entschlüsseln, die durch HPV42 ausgelöst werden. Mit einer Kombination aus funktionellen Experimenten fanden sie heraus, dass HPV42 in Modellsystemen tatsächlich krebserregend wirkt. Sie entwickelten einen innovativen Algorithmus für maschinelles Lernen, der es ihnen ermöglichte, nach Genen zu suchen, deren Expression durch HPV42 und andere krebserregende HPV-Typen verändert wird. In Proben, die mit HPV42 infiziert waren, fanden sie heraus, dass ein virales Onkogen namens E7 eine Reihe von Genen in einer Weise aktiviert, die spezifisch für HPV-bedingte Krebserkrankungen ist, was bei gutartigen Warzen, die ebenfalls durch HPV-Infektionen verursacht werden, nicht der Fall ist. Die Forscher:innen zeigten, dass diese Veränderung der Genexpression mindestens zwölf Gene betrifft und von allen bekannten onkogenen HPVs ausgelöst wird.

„Das Netzwerk von Genen, das wir identifiziert haben, macht den Unterschied zwischen Krebserkrankungen, die durch HPVs verursacht werden, und anderen“, sagt Thomas Wiesner. „Obwohl DPA relativ selten ist, geben unsere Ergebnisse wertvolle Einblicke in die Art und Weise, wie HPV-Viren das Wachstum von Tumoren verursachen können.“

Das Verständnis der molekularen Grundlagen der Krebserkrankung eines:r Patient:in kann für die Diagnose und die Therapie entscheidend sein. Hals- und Kopfkrebs zum Beispiel kann durch HPV verursacht werden, aber auch durch Mutationen – diese Unterscheidung bestimmt, wie aggressiv die Behandlung sein muss. Die derzeitigen Diagnoseinstrumente für diese Krebsarten stufen etwa zehn Prozent der Patient:innen fälschlicherweise als HPV-positiv ein, obwohl sie es in Wirklichkeit nicht sind. Um dieses Problem zu lösen, durchforsteten die Wissenschafter:innen das HPV-spezifische Gennetzwerk, um Gene zu identifizieren, mit denen sich HPV-bedingte Krebsarten von anderen unterscheiden lassen. Mit nur zwei Genen gelang es ihnen, die genaue Klassifizierung von 85 auf 97 Prozent der HPV-bedingten Krebsarten zu verbessern – eine wesentliche Verbesserung für die Diagnose.

Neben der Vorbeugung und Diagnose von Krebserkrankungen weisen die Ergebnisse auch auf ein potenzielles Ziel für die Behandlung von HPV-bedingten Krebserkrankungen durch Immuntherapie hin. „Einige der Gene, die an diesem HPV-induzierten Programm beteiligt sind, haben Eigenschaften, die sie zu möglichen Zielen für das Immunsystem machen“, sagt Anna Obenauf. "Diese Gene werden nur in HPV-positiven Krebsarten und in Keimzellen exprimiert, nicht aber in anderen gesunden somatischen Geweben. Sie könnten vielversprechende Zielmoleküle für therapeutische Krebsimpfstoffe oder Immuntherapien sein.“

Publikation: Cancer Discovery
Human papillomavirus 42 drives digital papillary adenocarcinoma and elicits a germ-cell like program conserved in HPV-positive cancers
Lukas Leiendecker, Tobias Neumann, Pauline S. Jung, Shona M. Cronin, Thomas L. Steinacker, Alexander Schleiffer, Michael Schutzbier, Karl Mechtler, Thibault Kervarrec, Estelle Laurent, Kamel Bachiri, Etienne Coyaud, Rajmohan Murali, Klaus J. Busam, Babak Itzinger-Monshi, Reinhard Kirnbauer, Lorenzo Cerroni, Eduardo Calonje, Arno Rütten, Frank Stubenrauch, Klaus G. Griewank, Thomas Wiesner, Anna C. Obenauf.
DOI: https://doi.org/10.1158/2159-8290.CD-22-0489