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Neue Erkenntnisse über polymikrobielle Infektionen bei chronischen Lungenerkrankungen

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(Wien, 11-06-2024) Chronische Lungenerkrankungen werden oft durch polymikrobielle Infektionen beschleunigt und verstärkt. Ein internationales Studienteam unter Leitung der MedUni Wien hat bei der Cystischen Fibrose zwei verschiedene Typen dieser sogenannten Dysbiosen identifiziert. Diese verhalten sich unterschiedlich und reagieren voraussichtlich auch unterschiedlich auf Therapien. Die Studie wurde im renommierten Journal Nature Communications veröffentlicht.

Chronische Lungenerkrankungen wie COPD, Asthma oder Cystische Fibrose (früher Mukoviszidose) betreffen weltweit zahlreiche Menschen. Im Jahr 2019 wurden global 454,6 Millionen Fälle registriert. Diese Erkrankungen führen zu einem fortschreitenden Verlust der Lungenfunktion und sind mit einer hohen Sterblichkeit verbunden. Ein wesentlicher Faktor sind polymikrobielle Infektionen der Atemwege, bei denen sich bakterielle Lebensgemeinschaften in der Lunge etablieren, die schwer zu behandeln sind. Diese Infektionen sind häufig mit wiederkehrenden akuten Verschlechterungen der Symptome verbunden (Exazerbationen, „PEx“), die den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen.

Eine aktuelle Studie unter der Leitung von Stefanie Widder von der MedUni Wien in Zusammenarbeit mit Kolleg:innen um John J. LiPuma von der University of Michigan Medical School Ann Arbor hat sich der Charakterisierung dieser krankheitsbeschleunigenden Mikrobiota („Dysbiosen“) im Krankheitsmodell der Cystischen Fibrose gewidmet und deren ökologische Netzwerke untersucht. Ziel war es, Hypothesen zu entwickeln, die präzisere Behandlungsstrategien für Personen mit chronischen Lungenerkrankungen ermöglichen.

Zwei unterschiedliche Dysbiose-Typen
Dafür wurden über einen längeren Zeitraum Sputumproben (ausgeworfener Schleim aus der Lunge) von Cystische-Fibrose-Patient:innen gesammelt, sequenziert und anschließend mit computergestützten Modellen von Stefanie Widder (Universitätsklinik für Innere Medizin I der MedUni Wien, Forschungsabteilung Infektionsbiologie) analysiert. Dabei wurden zwei unterschiedliche Dysbiose-Typen entdeckt, die sich grundsätzlich in ihrer Organisation unterscheiden: und zwar als hierarchische oder stochastische Netzwerke. Diese strukturellen Unterschiede der Mikrobiota haben weitreichende Konsequenzen: Anhand der Sequenzdaten wurde gezeigt, dass gefährliche Keime wie Pseudomonas aeruginosa oder Staphylococcus aureus nur dann wichtige Treiber der Infektion waren, wenn sie an der Spitze der Hierarchie standen. Andernfalls zeigten sie eine eher zufällige Dynamik, was darauf hindeutet, dass sie unter solchen Bedingungen weniger entscheidend für den Infektionsverlauf sein könnten.

Computermodell sagt unterschiedliches Reagieren auf Behandlungen voraus
Weiters reagieren die beiden Dysbiose-Typen wahrscheinlich unterschiedlich auf Behandlungen. Ein vereinfachtes Computermodell, das den Effekt von antimikrobiellen Medikamenten auf pathogene Keime simulierte, sagte eine bessere Wirksamkeit bei hierarchisch organisierten Mikrobiota voraus. Beide Aspekte sind für Betroffene und deren Behandlungsteams von großer Bedeutung: „Unsere Studie offenbart einen datenbasierten, kausalen Zusammenhang zwischen PEx, mikrobieller Ökologie und einem Behandlungserfolg“, erklärt Studienleiterin Stefanie Widder, „die Erkenntnisse bilden eine wichtige Grundlage für weiterführende translationale Forschung an einem personalisierten Management von Dysbiosen, sowohl bei Cystischer Fibrose als auch bei anderen obstruktiven Lungenerkrankungen.“

Publikation: Nature Communications
Microbial community organization designates distinct pulmonary exacerbation types and predicts treatment outcome in cystic fibrosis
Stefanie Widder, Lisa A. Carmody, Kristopher Opron, Linda M. Kalikin, Lindsay J. Caverly & John J. LiPuma
published online 07 June 2024
https://doi.org/10.1038/s41467-024-49150-y