
(Wien, 24-04-2025) Orale Mukositis (OM) ist eine Entzündung der Mundschleimhaut und stellt eine häufige Komplikation bei Patient:innen nach einer allogenen Stammzelltransplantation dar. Obwohl der Prozentsatz der Betroffenen bei etwa 76 Prozent liegt, fehlen bisher Strategien zur Risikobewertung. Ein Forschungsteam der MedUni Wien hat nun erstmals den bereits bekannten Zusammenhang zwischen Mundgesundheit und OM-Risiko umfassend und systematisch analysiert. Die im Fachjournal „Cytotherapy“ publizierten Ergebnisse zeigen einen gute Zahngesundheit vor der Transplantation als mögliche wirksame Maßnahme der OM-Prävention auf.
Die allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation (allo-HSCT) stellt eine potenziell kurative Therapie für Erkrankungen des Bluts und Knochenmarks dar, deren breite Anwendung jedoch durch schwerwiegende Nebenwirkungen limitiert ist. Üblicherweise erfolgt eine Vorbehandlung der Patient:innen mittels hochdosierter Chemo- und/oder Radiotherapie, sowohl zur möglichst vollständigen Eliminierung von Tumorzellen bei maligner Erkrankung, als auch zur Immunsuppression und Prävention der Spender-gegen-Empfänger Reaktion. Die orale Mukositis mit einhergehenden ulzerösen Läsionen der Mundhöhle stellt eine schwere, häufig dosislimitierende Nebenwirkung dar. In der wissenschaftlichen Literatur wird berichtet, dass nahezu 100 Prozent der Patient:innen nach Bestrahlung auf Grund von Kopf-Hals-Tumoren eine klinisch relevante Form der oralen Mukositis entwickeln, nach Stammzelltransplantation liegt der Prozentsatz bei etwa 76 Prozent.
Trotz der hohen Inzidenz von OM bei Transplantationsempfänger:innn fehlen wirksame Strategien zur Risikobewertung. „Unser Ziel war es, Risikofaktoren für die Entwicklung einer OM zu identifizieren und die Bedeutung der Mundgesundheit vor einer allo-HSCT zu bewerten“, so korrespondierende Erstautorin Johanna Strobl (Universitätsklinik für Dermatologie der MedUni Wien). Das Forschungsteam führte eine retrospektive Analyse von 242 erwachsenen Patient:innen durch, die eine allo-HSCT erhielten, wobei Auftreten und Schweregrad der OM anhand der Skala der Weltgesundheitsorganisation erfasst wurden. Darüber hinaus wurde ein radiologischer Bewertungsscore eingeführt, um Zahnschäden und den Restaurationsstatus bei Patient:innen zu messen, die sich einer HSCT unterzogen.
„In der von uns untersuchten Kohorte entwickelten mehr als 50 Prozent der Patient:innen eine klinisch signifikante OM mit einem mittleren Schweregrad“, berichtet Strobl aus der Forschungsarbeit. Darüber hinaus korrelierte der Schweregrad der OM mit der Dosis der Gesamtkörperbestrahlung. Unter den 61 Patient:innenen, die vor der HSCT zahnärztlich behandelt wurden, entwickelte ein signifikant höherer Anteil eine OM (93,2 Prozent). Darüber hinaus beobachteten die Forscher:innen, dass eine stärkere Zahnschädigung vor der Transplantation mit einer schwereren OM assoziiert war.
„Insgesamt unterstreicht unsere Studie die Bedeutung der Zahngesundheit vor der Transplantation für die Beurteilung des OM-Risikos bei HSCT-Empfänger:innen und betont den dringenden Bedarf an weiterer Forschung in diesem Bereich“, fasst Johanna Strobl die Relevanz der Ergebnisse zusammen.
Publikation: Cytotherapy
Dental health, conditioning and oral mucositis in allogeneic hematopoietic stem cell transplantation: a single-center study
Johanna Strobl, Nadine Ballicas, Benjamin Wachter, Maurizio Revertera, Hanna Knaus, Philipp Wohlfarth, Werner Rabitsch, Ulrike Kuchler, Georg Hopfinger.
https://doi.org/10.1016/j.jcyt.2025.03.005