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Sucht, ADHS und Parkinson: Bisher unbekannte Mechanismen entdeckt

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(c) 2023 Vink Fan/Shutterstock

(Wien, 11-06-2025) Weltweit wird an den Ursachen und der Behandlung von Parkinson, ADHS oder Suchtkrankheiten geforscht. Ein wesentlicher Aspekt dabei: der Dopamin-Transporter DAT. In einem internationalen Forschungsprojekt haben nun Wissenschaftler:innen der Johannes Kepler Universität Linz, der Medizinischen Universität Wien sowie dem NIH (National Institutes of Health, USA) dieses Protein genauer untersucht – und bislang unbekannte Mechanismen entdeckt.

DAT hat eine besondere Eigenschaft: Es ist entscheidend für den Dopamin-Haushalt. Dieser chemische Botenstoff reguliert im Gehirn Aspekte wie Motivation, Aufmerksamkeit und Belohnung. DAT sorgt dafür, dass dieses Dopamin wieder entfernt wird, wenn es seine Aufgabe erfüllt hat. „Eine Fehlfunktion hier kann massive Auswirkungen auf unser Verhalten haben und zu psychischen oder neurologischen Problemen führen“, erklärt Peter Hinterdorfer (Leiter des Instituts für Biophysik der JKU), der gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Rong Zhu das Projekt geleitet hat.

Die Studie mit dem Titel „Revealing the location and dynamics of a concealed binding site in the dopamine transporter“, die nun in Nature Communications publiziert wurde, verwendet innovative Kraftspektroskopie, um die Interaktionskräfte zwischen verschiedenen Substanzen und dem DAT-Protein aufzuschlüsseln. Mit Erfolg: Durch diese extrem präzise Messmethode (die Auflösung reicht bis zu einzelnen Molekülen) ist es gelungen, zwei Andockstellen zu identifizieren, an denen Substanzen (z.B. Medikamente) an DAT anhaften können – eine davon war der Wissenschaft bisher unbekannt.

„Durch die Erkenntnisse zu dieser bislang unbeobachteten Bindungsmöglichkeit von Substanzen ergeben sich für die Zukunft wieder neue Möglichkeiten, neuropsychiatrische Erkrankungen gezielt behandeln zu können“, verdeutlicht Harald Sitte vom Zentrum für Physiologie und Pharmakologie der Medizinischen Universität Wien; und: „Wir sind jetzt schon daran, die Einsichten dieser Publikation in neue Projektideen einzubringen und gemeinsam die nächsten Schritte zu planen.“ Je nach Andockstelle unterscheidet sich, wie lange und wie stark sich Substanzen an DAT binden können – eine enorm wichtige Frage für die Wirksamkeit von Substanzen. So wirken sowohl ADHS-Medikamente oder auch Drogen wie Kokain und Amphetamine in Wechselwirkung mit DAT.

Die Forscher:innen gingen aber noch einen Schritt weiter und haben Mutationen des DAT-Proteins getestet, um mehr über die Bindung von Substanzen zu erfahren. „Das ist ein bedeutender Schritt in unserem Verständnis von DAT und seiner Rolle in der Neurotransmission“, betont Hinterdorfer. Und das ist von entscheidender Bedeutung: „Auf Basis dieser Erkenntnisse könnten Medikamente entwickelt werden, die sich nur an bestimmte Stellen an DAT binden“, so Hinterdorfer. Auf diese Weise könnte die Wirkung der Medikamente gezielter entfaltet werden. Vor allem aber könnten unerwünschte Nebenwirkungen verringert oder teilweise ganz ausgeschlossen werden – und so den Ansatz für ganz neue Behandlungen von ADHS, Parkinson oder Suchterkrankungen bilden.

Publikation: Nature Communications
Revealing the location and dynamics of a concealed binding site in the dopamine transporter
Rong Zhu, Walter Sandtner, Thomas Stockner, Alexander Heilinger, Marion Holy, Oliver Kudlacek, Linda Wildling, Kusumika Saha, Anna Sophie Fröhlich, Michael Bindl, Paraskevi Tziortzouda, Anna Haider, JuliaGobl, Saanfor Hubert Suh, Jawad Akbar Khan, Julia Bicher, Nina Kastner, Andreas Ebner, Hermann J. Gruber, Michael Freissmuth, Amy Hauck Newman, Harald H. Sitte & Peter Hinterdorfer
https://doi.org/10.1038/s41467-025-59511-w

Die Studie wurde von den Herausgebern des Journals für die "Editors' Highlights" in der Kategorie "Structural biology, biochemistry and biophysic" ausgewählt:
https://www.nature.com/ncomms/editorshighlights