
(Wien, 27-03-2025) Ein Forschungsteam der Medizinischen Universität Wien hat strukturelle Veränderungen der Nieren bei Patient:innen mit Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass Bluthochdruck auch ohne weitere Vorerkrankungen wie Diabetes zu Auffälligkeiten an den sogenannten Podozyten, spezialisierten Zellen im Nierenfilter, führen kann. Die aktuell im Fachjournal „Hypertension“ publizierten Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung von Früherkennung und konsequenter Therapie von Bluthochdruck, um Nierenschäden zu verhindern. Die Forschung wurde im Rahmen des Förderprogramms Physician-Researcher Pathway der MedUni Wien durchgeführt.
Um zu diesen Ergebnissen zu gelangen, analysierte das Forschungsteam um Christopher Paschen und Rainer Oberbauer (Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Universitätsklinik für Innere Medizin III) sowie Heinz Regele (Klinisches Institut für Pathologie) Nierengewebe von insgesamt 99 Patient:innen, die entweder an Bluthochdruck (arterielle Hypertonie) und zusätzlich Typ-2-Diabetes litten oder keine der beiden Erkrankungen aufwiesen. Entnommen worden war dieses Gewebe zwischen 2013 und 2018 im Rahmen von Tumornephrektomien, chirurgischen Eingriffen, bei denen eine Niere ganz oder teilweise entfernt wird, um einen Nierentumor zu behandeln.
Mithilfe moderner bildgebender und computergestützter Verfahren wurden die Größe und Dichte der Podozyten sowie das Volumen der Nierenkörperchen (Glomeruli) in den Gewebeproben bestimmt. Podozyten sind spezialisierte Zellen der Nierenkörperchen (Glomeruli), die eine entscheidende Rolle bei der Filterfunktion der Niere spielen. Ihre Größe und Dichte sind wichtige Indikatoren für die Gesundheit des Nierengewebes. Bei der Analyse kam Künstliche Intelligenz in Form einer Deep-Learning-basierten Bildauswertung zum Einsatz. Mit Hilfe eines speziell trainierten Algorithmus wurden digitale Gewebeschnitte automatisch ausgewertet, um die Struktur von Podozyten und Glomeruli präzise zu erfassen.
Filterfunktion der Niere beeinträchtigt
„Die Ergebnisse zeigen, dass Patient:innen mit Bluthochdruck im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen eine reduzierte Dichte an Podozyten aufweisen und dass ihre Zellkerne im Vergleich zu jenen gesunder Kontrollpersonen vergrößert sind“, berichtet Erstautor Christopher Paschen. Diese Veränderungen traten unabhängig von der zusätzlichen Diagnose eines Typ-2-Diabetes auf und deuten auf eine beeinträchtigte Nierenfunktion hin. Die Studienautor:innen sehen darin einen Hinweis darauf, dass Bluthochdruck bereits in einem frühen Stadium und vor dem Auftreten klinischer Symptome strukturelle Schäden in der Niere verursachen kann. „Eine frühzeitige Erkennung und Behandlung könnten dazu beitragen, das Fortschreiten der Nierenerkrankung zu verlangsamen und langfristige Schäden zu verhindern“, so so die Studienleiter Rainer Oberbauer und Heinz Regele.
Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes gehören zu den häufigsten Ursachen für chronische Nierenerkrankungen. Während die Auswirkungen von Diabetes auf die Nierenfunktion bereits gut erforscht sind, war bislang unklar, inwieweit Bluthochdruck auch ohne zusätzlichen Diabetes direkte strukturelle Veränderungen verursacht. Die aktuelle Studie liefert hierzu neue Erkenntnisse, die für die Früherkennung und Therapieplanung von Bedeutung sein könnten.
Die Studie (Vienna Science and Technology Fund WWTF grant no. 10.47379/LS20081) wurde im Rahmen des Physician-Researcher Pathway (PRP) der Medizinischen Universität Wien durchgeführt. Das ist ein Förderprogramm für junge Ärzt:innen, die sich neben ihrer klinischen Tätigkeit intensiv der Forschung widmen möchten. Es bietet finanzielle Unterstützung und strukturiertes Mentoring, um wissenschaftliche Projekte zu ermöglichen und die Verbindung zwischen klinischer Praxis und biomedizinischer Forschung zu stärken. Ziel des Programms ist die Verbesserung der wissenschaftlichen Ausbildung während der Ausbildung zum/zur klinischen Fachärzt:in. Christopher Paschen, derzeit in Facharztausbildung an der Klinischen Abteilung für Nephrologie und Dialyse (Leitung: Rainer Oberbauer) sowie im Doktoratsstudium an der MedUni Wien, zählt zu den ersten, die diese Förderung erhalten haben.
Info zum Programm
Publikation: Hyptertension
Association of Podometrics Findings in Patients With Hypertension and Type 2 Diabetes: A Retrospective Analysis.
Christopher Paschen, Maximilian C. Koeller, Helga Schachner, Maja Nackenhorst, Johannes Kläger, Andre Oszwald, Katharina Dörr, Michael Kammer, Nicolas Kozakowski, Andrew Rees, Renate Kain, Manfred Hecking, Rainer Oberbauer, Heinz Regele.
https://doi.org/10.1161/HYPERTENSIONAHA.124.24379