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Blutgruppe als Marker für Thromboserisiko bei KrebspatientInnen

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(Wien, 14. April 2022) – Eine Studie der MedUni Wien fand Hinweise, dass Menschen mit Krebs und Nicht-0-Blutgruppen wie A, B und AB einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, venöse Thromboembolien (VTE), also Blutgerinnsel in den Venen, zu entwickeln. Die Studie wurde aktuell im Journal „Blood Advances“ publiziert.

 

Zu den VTE gehören die tiefe Venenthrombose (DVT), ein Blutgerinnsel, das sich typischerweise in den tiefen Beinvenen bildet, und die Lungenembolie (PE), eine lebensbedrohliche Erkrankung, die auftritt, wenn sich ein Blutgerinnsel löst und in den Lungenarterien der Lunge festsetzt. Obwohl diese Blutgerinnsel jeden treffen können, deuten bestehende Forschungsergebnisse darauf hin, dass Menschen mit einer anderen Blutgruppe als 0 ein höheres Risiko haben, eine VTE zu entwickeln. Krebs und Krebstherapien erhöhen ebenfalls das Risiko für die Entstehung von Blutgerinnseln. Während bei Menschen mit Krebsarten mit einem hohen Basisrisiko das Thromboserisiko genauer bestimmt werden kann, ist bei PatientInnen mit Krebsarten, die seltener mit Blutgerinnseln assoziiert sind, das Thromboserisiko weniger erforscht.

Bluttypisierung als prädikatives Instrument
In der Studie untersuchten die ForscherInnen rund um Cihan Ay von der Klinischen Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie (Universitätsklinik für Innere Medizin I von MedUni Wien und AKH Wien) die Rolle von Nicht-0-Blutgruppen bei der Wahrscheinlichkeit der ProbandInnen, VTE zu entwickeln. Sie sammelten Daten von 1.708 erwachsenen TeilnehmerInnen mit einer aktiven Krebserkrankung aus dem Datensatz der Vienna Cancer and Thrombosis Study (CATS). Die ForscherInnen gruppierten die TeilnehmerInnen zunächst nach Blutgruppe und dann nach ihrer Tumorart. PatientInnen mit Bauchspeicheldrüsen-, Speiseröhren- und Gehirntumoren galten als Hochrisikodiagnosen. Während die Tumorart bei der Identifizierung von Menschen mit einem erhöhten VTE-Risiko hilfreich sein kann, treten bei vielen Menschen mit scheinbar weniger risikoreichen Tumoren immer noch gefährliche Blutgerinnsel auf, so dass sie möglicherweise zusätzliche Überwachung und Behandlung benötigen. Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass die Blutgruppenbestimmung als ein weiteres wichtiges prädiktives Instrument dienen könnte.

Tumortyp alleine ohne Aussagekraft
 „Wir wissen, dass der Tumortyp hilft, das Grundrisiko für VTE zu bestimmen. Aber wir stellen immer wieder fest, dass diese Risikobewertungen nicht alle KrebspatientInnen erfassen, die diese Blutgerinnsel entwickeln“, erklärt Studienautorin Cornelia Englisch, PhD-Studentin an der MedUni Wien. „Wenn wir nur den Tumortyp beurteilen, übersehen wir bis zu 50 Prozent der Fälle, die VTE entwickeln.“ Die Forschungsergebnisse zeigten, dass PatientInnen mit Nicht-0-Blutgruppen drei Monate nach der Krebsdiagnose oder dem Wiederauftreten ihrer Krebserkrankung eher VTE entwickelten. Laut dem Studienteam trat dieser Zusammenhang zum Zeitpunkt der Diagnose nicht auf, da Krebstherapien die Wahrscheinlichkeit der PatientInnen erhöhen, Blutgerinnsel zu entwickeln. Daher ist die Blutgruppe in frühen Behandlungsstadien ein weniger signifikanter Prädiktor. PatientInnen mit Tumoren außerhalb der Hochrisiko-Kategorie mit Blutgruppe Nicht-0 entwickelten mit größerer Wahrscheinlichkeit unabhängig vom Zeitpunkt Blutgerinnsel. Das zeigt, dass die ausschließliche Beurteilung vom Tumortyp zur Erkennung des VTE-Risikos dazu führen kann, dass das Thromboserisiko vieler PatientInnen nicht erkannt wird.

Die AutorInnen merken an, dass diese Ergebnisse zwar neuartig, aber explorativer Natur sind und noch weiterer Studien bedürfen. In Zukunft wollen die ForscherInnen auch die diesen Erkenntnissen zugrundeliegenden biologischen Mechanismen besser verstehen. Sie hoffen, dass die Blutgruppenbestimmung in Zukunft als nützliches Instrument zur Risikobewertung für krebsassoziierte VTE dienen kann. „Die Blutgruppenbestimmung ist einfach durchzuführen, kann weltweit durchgeführt werden und erfordert kein spezielles Hintergrundwissen oder spezielle Ausrüstung“, sagte Cornelia English. „Und natürlich hilft uns jeder Risikofaktor, den wir identifizieren, diese lebensbedrohlichen Komplikationen bei KrebspatientInnen besser zu verstehen. Vielleicht schafft dies ein Bewusstsein für die Rolle, die Blutgruppen als klinische Biomarker spielen können.“

Service: Blood Advances
ABO blood group type and risk of venous thromboembolism in patients with cancer
Cornelia Englisch, Florian Moik, Stephan Nopp, Markus Raderer, Ingrid Pabinger, Cihan Ay
https://doi.org/10.1182/bloodadvances.2021006283

Blood Advances ist das Online-Journal (Peer-Review-Verfahren) der American Society of Hematology (ASH), der weltweit größten Fachgesellschaft, die sich mit den Ursachen und der Behandlung von Blutkrankheiten befasst.