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Größte Studie ihrer Art bringt spezifische Gene mit Schizophrenie in Verbindung

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(Wien, 12-04-2022) WissenschafterInnen des Psychiatric Genomics Consortiums (PGC), einer Gruppe von mehreren Hundert ForscherInnen aus 45 Ländern, identifizierten in der bisher größten Studie zur Schizophrenie mit mehr als 320.000 Teilnehmern eine große Anzahl Gene, die eine bedeutende Rolle bei der Erkrankung spielen könnten. An der Studie, die aktuell im renommierten Journal „Nature“ publiziert wurde,  waren auch ForscherInnen der MedUni Wien beteiligt.

"In früheren Analysen war es zwar schon möglich, Zusammenhänge zwischen Schizophrenie und vielen DNA-Variationen zu identifizieren, allerdings gelang es nur in Einzelfällen, diese auch spezifischen Genen zuzuordnen", kommentierte Co-Autor und Mitglied des PGCs seit dessen Anfangsjahren, Dan Rujescu, Leiter der Klinischen Abteilung für Allgemeine Psychiatrie an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Universität Wien.

"Mit der aktuell vorliegenden Studie, die nur durch einen weltweiten Zusammenschluss von ForscherInnen in bislang unbeschriebenem Ausmaß zustande kommen konnte, wurde nicht nur die Zahl dieser Assoziationen erheblich vergrößert, sondern wir konnten nun auch viele von ihnen mit spezifischen Genen in Verbindung bringen.”

Schizophrenie ist eine schwere psychiatrische Erkrankung, die in der späten Jugend oder im frühen Erwachsenenalter beginnt und nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation etwa eine von 300 Personen weltweit betrifft.

120 spezifische Gene identifiziert
Durch die Datenanalyse von 76.755 Personen mit und 243.649 ohne die Erkrankung ergaben sich in 287 verschiedenen Regionen des Genoms Assoziationen zur Schizophrenie, eine weitaus größere Anzahl genetischer Zusammenhänge als jemals zuvor. Innerhalb dieser Regionen konnten dann mithilfe fortschrittlicher Methoden 120 spezifische Gene identifiziert werden, die wahrscheinlich zur Erkrankung beitragen.

Interessanterweise fand sich das genetische Risiko für Schizophrenie insbesondere in solchen Genen, die Baupläne für Proteine enthalten, die sich in den Nervenzellen des Gehirns konzentrieren, was darauf hinweist, dass diese Zellen der wichtigste Ort der Pathologie sind.

Die Ergebnisse deuten auch darauf hin, dass eine abnorme Neuronenfunktion bei der Schizophrenie viele Hirnbereiche betrifft, was die vielfältigen Symptome erklären könnte, zu denen u.a. Halluzinationen, Wahnvorstellungen und Probleme mit dem klaren Denken gehören.

Es handelt sich nicht nur um die größte Studie dieser Art, sondern die ForscherInnen bezogen auch mehr als 7.000 Personen afroamerikanischer oder lateinamerikanischer Abstammung in die Studie mit ein, was ihrer Meinung nach ein kleiner Schritt ist, um sicherzustellen, dass Fortschritte aus genetischen Studien nicht nur Menschen europäischer Abstammung zugute kommen.

Nach Angaben des Forschungsteams wirft diese globale Studie das bisher klarste Licht auf die genetischen Grundlagen der Schizophrenie. Rujescu fügt hinzu: Es freut mich sehr zu sehen, wie die ersten genomweiten Assoziationsstudien von 2008 und 2009, an denen meine Arbeitsgruppe entscheidend beteiligt war, mittlerweile so umfangreich und so erfolgreich geworden sind.“

Begleitstudie untersuchte Genmutationen
Die Fähigkeit des Teams, eine Verbindung zu bestimmten Genen und Bereichen der Biologie herzustellen, wurde durch die Koordinierung ihrer Arbeit mit einer Begleitstudie verbessert, an der viele der gleichen WissenschafterInnen unter der Leitung des Broad Institute von Harvard und MIT beteiligt waren und die parallel in Nature veröffentlicht wird.

In dieser weiteren Studie wurden Mutationen untersucht, die zwar sehr selten sind, aber große Auswirkungen auf den kleinen Anteil der Menschen haben, die sie tragen, und es wurden überlappende Gene und überlappende Aspekte der Biologie gefunden.

Damit sei ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Ursachenaufklärung dieser hoch komplexen Erkrankung getan. Es bleibe jedoch fachübergreifend noch einiges zu tun, bis die wachsenden genetischen Erkenntnisse in ein detailliertes Verständnis der Krankheitsmechanismen integriert und so für die Entwicklung neuer Behandlungsstrategien verwendet werden könnten, so Rujescu.

Das Psychiatric Genomics Consortium wird vom National Institute of Mental Health (NIMH) der USA finanziert.

Service: Nature
Trubetskoy, V., Pardiñas, A.F., Qi, T. et al. Mapping genomic loci implicates genes and synaptic biology in schizophrenia. Nature (2022). https://doi.org/10.1038/s41586-022-04434-5 Nature. 2022 Apr 8. doi: 10.1038/s41586-022-04434-5. Epub ahead of print. PMID: 35396580.