(Wien, 11-02-2022) Wer in der Versorgung von KrebspatientInnen tätig ist, kennt die „Blue Books“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Klassifizierung von Tumoren als maßgebliche Nachschlagewerke für internationale Standards der Diagnose und Therapie. An der soeben erschienenen Neuauflage zu Hirntumoren waren auch ExpertInnen der MedUni Wien beteiligt. Dieses Werk bildet die weltweit verbindliche Grundlage für die neuroonkologische Präzisionsmedizin.
199 internationale ExpertInnen waren 1,5 Jahre lang mit der mittlerweile fünften Aktualisierung von Band 6 beschäftigt. Dieser beinhaltet die Klassifikation von den rund 150 derzeit bekannten Hirntumortypen. Von Seiten der MedUni Wien haben Christine Haberler und Johannes Hainfellner (Abteilung für Neuropathologie und Neurochemie der Universitätsklinik für Neurologie) sowie Matthias Preusser (Klinische Abteilung für Onkologie der Universitätsklinik für Innere Medizin I) mitgewirkt.
Ins Team der AutorInnen wurden sie deswegen aufgenommen, weil sie in der jüngsten Vergangenheit substanzielle Forschungsarbeiten zu Tumoren des Zentralnervensystems publiziert hatten. „Im Rahmen unserer wissenschaftlichen Tätigkeit waren wir zum Beispiel maßgeblich daran beteiligt, neue Typen von Hirntumoren bei Kindern und Erwachsenen zu definieren. Diese wurden wie auch andere Ergebnisse unserer Forschungen in die Neuauflage aufgenommen“, beschreibt Johannes Hainfellner den Beitrag der MedUni Wien.
Präzise Diagnose für zielgerichtete Therapie
„Neu in dieser Auflage ist neben zahlreichen molekularen Markern auch die Einführung von DNA-Methylierungsprofilen als diagnostische Methode für die Klassifikation von Hirntumoren“, erläutert Christine Haberler. Die Integration von mikroskopischen Merkmalen, molekularen Markern und dem DNA-Methylierungsprofil erlaubt eine präzise Diagnose von Tumortypen und molekularen Subgruppen, die für die Therapie der PatientInnen relevant sind. „Durch ihre besonders präzisen Ergebnisse ermöglicht die Molekularbiologie schonendere, weil zielgerichtete Therapiemaßnahmen für die PatientInnen“, verdeutlicht Johannes Hainfellner. „Sie kann die Histologie aber nicht ablösen, weshalb in der WHO-Klassifikation nun beide Instrumente für die Diagnose enthalten sind.“
Die WHO-Klassifikation von Tumoren wurde 1956 ins Leben gerufen, um für alle, die in der Diagnose, Therapie oder Erforschung von Krebs tätig sind, präzise und weltweit maßgebliche Nachschlagewerke zu schaffen. Inzwischen umfasst die Reihe 15 Bücher, von denen sich jedes auf eine Haupttumorgruppe konzentriert. Aufgrund ihres markanten blauen Covers ist die Reihe als WHO-„Blue Books“ bekannt geworden, die einzelnen Ausgaben sind entweder gedruckt oder online verfügbar. Die Klassifizierungen werden regelmäßig von einem Redaktionsausschuss, dem WHO Classification of Tumours Editorial Board, aktualisiert.
Service:
Central Nervous System Tumours, WHO Classification of Tumours, 5th Edition, Volume 6,
https://publications.iarc.fr/601