(Wien, 04-12-2019) Bei zwei Kindern trat trotz medikamentöser Behandlung immer wieder anfallsweise Herzrasen auf. Bei den beiden PatientInnen des Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien – Medizinischer Universitätscampus wurde unter der Leitung von Manfred Marx, Klinische Abteilung für Pädiatrische Kardiologie des Kinderherzzentrums Wien, mittels Kathetertechnik die fehlerhafte elektrische Leitungsbahn im Herzen durch die gezielte Abgabe von Strom verödet.
Die Eingriffe (EPU) erfolgten im Herzkatheterbereich der Klinischen Abteilung für Pädiatrische Kardiologie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien und des AKH Wien, das um einen modernen elektrophysiologischen Arbeitsplatz erweitert wurde. Mit dem Ensite Precision-Mapping-System wird in 3D-Technik eine elektrische „Landkarte“ des Herzens erstellt und die Region der fehlerhaften elektrischen Energieübertragung lokalisiert. Das System wird auch den besonderen Anforderungen von Kindern gerecht, bei denen kleinere Katheterdimensionen und -konfigurationen verwendet werden als bei Erwachsenen.
Die EPU-Anlage gehört zu den modernsten Geräten ihrer Art. Sie ist eine Weiterentwicklung der bisherigen Technik, bei der die Kinder während der Untersuchung noch vermehrt Röntgenstrahlen ausgesetzt waren. Mit dem dreidimensionalen Mappingsystem ist nun ein deutlich strahlenreduziertes und sogar strahlenfreies Vorgehen möglich. Ergänzt wird das System durch den Claris EP-Messplatz, bei dem die Aufzeichnung und Speicherung der medizinischen Daten ohne Störsignale in beeindruckender Qualität erfolgt. Hiermit gelingt das Aufsuchen der Läsion, die die Rhythmusstörungen verursacht, mit höchster Präzision, was insbesondere bei den kleinen Kinderherzen die PatientInnensicherheit und auch den Behandlungserfolg erhöht.
Über die Leistengefäße werden bis zu fünf Katheter in verschiedene Regionen des Herzens platziert und sodann eine detaillierte Aufzeichnung der elektrischen Ströme im Herzen vorgenommen. Bei jedem Herzschlag ändert sich innerhalb von Sekundenbruchteilen die Richtung des Stroms, und diese Analyse grenzt letztendlich die Region ein, die bei den PatientInnen die Herzrhythmusstörung auslöst. Mit einem speziellen Ablationskatheter wird diese Stelle aufgesucht und mit einem exakt gemessenen Anpressdruck durch den Ampere RF Generator ein Reizstrom abgegeben, der den elektrischen Fokus isoliert. Der Erfolg ist meist rasch am ständig mitaufgezeichneten EKG zu erkennen und das bedrohliche Herzrasen geheilt.
Unterstützt wurde das Team um Manfred Marx von Mattias Gass aus Zürich, einem der führenden Elektrophysiologen für kindliche Herzrhythmusstörungen in Europa. Mit seiner Expertise und dem Einsatz der für diese Untersuchung speziell geschulten RadiologietechnologInnen verliefen die Untersuchungen bei beiden PatientInnen ohne jegliche Zwischenfälle und sie konnten schon nach wenigen Tagen nach Hause entlassen werden.
Das Kinderherzzentrum Wien betreut über eine spezielle Rhythmussprechstunde auch überregional die größte Anzahl betroffener Herzkinder mit Herzrhythmusstörungen, vom Neugeborenen bis zum Jugendlichen in Österreich. Bisher erfolgten die elektrophysiologischen Untersuchungen und Behandlung in der Klinischen Abteilung für Kardiologie, Leitung Christian Hengstenberg, mit der auch weiterhin eine gute Kooperation besteht. Mit zunehmender Komplexität der Rhythmusstörungen z.B. im Rahmen angeborener Herzfehler war eine weitere Spezialisierung und Verortung in die Kinderkardiologie notwendig geworden und wurde nun mit Unterstützung der Ärztlichen Direktorin Gabriela Kornek und dem Direktor der Teilunternehmung AKH Wien, Herwig Wetzlinger, umgesetzt.
„Die Behandlung teilweise lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörungen im Kindesalter kann nun mit noch höherer Präzision und gleichzeitig verbesserter PatientInnensicherheit auch bei jüngeren Kindern in Wien angeboten werden“, freut sich Ina Michel-Behnke, Leiterin der Klinischen Abteilung für Pädiatrische Kardiologie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde/Kinderherzzentrum Wien.