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„KidsAP“: Smartes Insulin-Management für Kleinkinder mit Diabetes

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(Wien, 20-02-2020) Ein internationales Forschungsprojekt („KidsAP“) unter Mitwirkung von Birgit Rami-Merhar und ihrem Team von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien testet ein neues System einer künstlichen Bauchspeicheldrüse für Kleinkinder bis zum Volkschulalter. Die an Diabetes (Typ 1) erkrankten Kinder erhalten ein „Closed-Loop System“, bestehend aus einem Glukosesensor und einer Insulinpumpe, das via Handy-App gesteuert wird. Das System hat sich bei Erwachsenen und Jugendlichen bereits bewährt und soll nun auch jüngeren Betroffenen das Leben erleichtern.

Im Rahmen des vor kurzem gestarteten multinationalen EU-Projekts „KidsAP“ (4,9 Mio. Euro Projektvolumen über drei Jahre) erforschen WissenschafterInnen die Anwendung eines sogenannten „Closed-Loop Systems“ (künstliche Bauchspeicheldrüse). Das untersuchte System wurde an der University of Cambridge für die Anforderungen an die Blutzuckerkontrolle von Kleinkindern (Altersgruppe von 1-7 Jahre) entwickelt. Die Hauptstudie für das internationale Forschungsprojekt startete nun an der Medizinischen Universität Wien (Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde) gemeinsam mit den Medizinischen Universitäten Innsbruck und Graz, den Universitäten Leipzig, Luxemburg, Cambridge, dem Teaching Hospital Leeds sowie der University of Edinburgh.

Closed-Loop System: Mobile Blutzuckerkontrolle für mehr Lebensqualität
In den vergangenen Jahren gab es große Fortschritte im Bereich der Behandlung von PatientInnen mit Typ 1 Diabetes. Neue Glukosesensoren und Insulinpumpen erleichtern das Diabetesmanagement deutlich. Eine künstliche Bauchspeicheldrüse oder „Closed-Loop System“ kombiniert die jeweils am Körper getragene Insulinpumpe mit dem Glukosesensor. Die Menge an abgegebenem Insulin wird durch einen Kontrollalgorithmus gesteuert. Auf Grund der kontinuierlichen Glukosemessung wird automatisch die aktuell benötigte Menge an Insulin berechnet und von der Pumpe automatisiert abgegeben, die damit die Funktion der menschlichen Bauchspeicheldrüse übernimmt.

Das System, das im KidsAP-Projekt getestet wird, setzt sich aus einem Glukosesensor, einer Insulinpumpe und einem Smartphone zusammen. Das Herzstück ist die auf dem Smartphone installierte App, die an der University of Cambridge entwickelt wurde. Diese App berechnet anhand der vom Glukosesensor gemessenen und übermittelten Zuckerwerte die optimale Menge an Insulin, die benötigt wird, um die Zuckerwerte in einem optimalen Bereich zu halten.

Gerade Klein- und Vorschulkinder könnten am meisten von dieser künstlichen Bauchspeicheldrüse profitieren, da sie ausgeprägte Blutzuckerschwankungen und einen sehr geringen Insulinbedarf aufweisen.

Ein erstes kommerzielles System, das Medtronic 670G System, steht nach Freigabe durch die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) in den USA und Freigabe der europäischen Behörden seit kurzem auch in Österreich zur Verfügung. Zunächst ist der Einsatz dieses Systems jedoch ausschließlich bei Erwachsenen und Jugendlichen und Kindern ab 7 Jahren vorgesehen. Zulassungsstudien anderer Forschungsgruppen und Hersteller sind im Gang bzw. in Planung. Im Unterschied zu diesem kommerziell erhältlichen System lassen sich im Studiensystem individuelle Blutzuckerzielbereiche definieren und es muss deutlich weniger oft am Finger der Blutzucker gemessen werden.

System erleichtert Insulinmanagement bei Kleinkindern im Alltag
Die Pilotstudie des KidsAP Projekts wurde im Sommer 2017 gestartet und ist mittlerweile erfolgreich beendet. Die Kinder trugen das Studiensystem für insgesamt 6 Wochen im häuslichen Umfeld. „Die Eltern berichteten zusätzlich zu den Vorteilen einer guten Blutzuckerkontrolle über positive Effekte im Alltag, vor allem über stabilere und somit erholsamere Nächte, sowohl für die kleinen Kinder als auch für die Erwachsenen selbst, da sie nachts nicht mehr regelmäßig aufstehen mussten, um den Blutzucker ihres Kindes zu überwachen“, beschreiben die WissenschafterInnen die Vorteile des Systems (veröffentlicht in „Diabetes Care“).

Kürzlich startete nun die zweite Studie des EU-Projekts. Die Kinder werden das „Closed-Loop System“ für 4 Monate zu Hause unter normalen Routinebedingungen tragen. Ziel ist es die Sicherheit, geringere BZ-Schwankungen, Verbesserung des Langzeitzuckerwertes (HbA1c), und die Verwendbarkeit (Benutzerakzeptanz und Nutzungsdauer) während dieser Zeit zu überprüfen und Daten zur Lebensqualität zu erfassen. Die Studienkoordinatorin an der MedUni Wien ist Birgit Rami-Merhar von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien/AKH Wien.

In Österreich sind rund 650.000 Menschen von Diabetes betroffen, 26.000 davon an Diabetes Typ 1. Auch etwa 1.500 Kinder (unter 14 Jahren) leiden an Diabetes, hauptsächlich an Typ 1 Diabetes, jener Erkrankungsform, bei der ein Insulinmangel vorherrscht. An der Diabetesambulanz der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien/AKH Wien werden rund 400 Kinder und Jugendliche mit Diabetes betreut.