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Diabetes mellitus Typ 2: Neue Studie bestätigt – Adaptierung des Lebensstils unverzichtbar

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(Wien, 22-02-2020) - Österreichweit leiden etwa 600.000 Menschen an Diabetes mellitus Typ 2. Zu dessen Behandlung werden zahlreiche Medikamente und unter anderem auch Insulin eingesetzt, ohne dass auf die unverzichtbare Adaptierung des Lebensstils ausreichend geachtet wird. Würden die allseits beschworenen Spielregeln der Behandlung des Typ-2-Diabetes-mellitus von allen Beteiligten eingehalten und eingefordert, könnte der angestrebte therapeutische Bereich bezüglich Gewicht, Zucker- und Fettstoffwechsel  von den meisten PatientInnen erreicht und zudem, mit Ausnahme von Metformin und DPP-4-Hemmern, auf die zusätzliche Gabe einer Vielzahl von Antidiabetika verzichtet werden, folgerten die WissenschaftlerInnen in einer Studie, die vor kurzem im Fachmagazin PLOS ONE publiziert wurde.


Die ForscherInnen untersuchten 930 PatientInnen eines Diabetes-Rehabilitationszentrums bei der Aufnahme und unmittelbar vor ihrer Entlassung. Während ihres dreiwöchigen Aufenthalts im Reha-Zentrum wurden die PatientInnen mit der Praxis eines modifizierten Lebensstils, bestehend aus einer gemüse- und obstreichen Kost mit insgesamt 1.200 bis 1.600 kcal je Tag sowie einem zusätzlichen Angebot an körperlicher Aktivität im Ausmaß von 400 bis 600 kcal je Tag, vertraut gemacht und entsprechend unterrichtet.

Die Änderung der Lebensgewohnheiten führte dazu, dass die PatientInnen bei ihrer Entlassung mit Ausnahme von Metformin und DPP4-Hemmern zur Gänze auf die Einnahme zusätzlicher Antidiabetika verzichten und selbst jene, die Insulin benötigten, ihre tägliche Dosis im Schnitt um 39 Prozent reduzieren konnten. „Diese Befunde legen nahe, dass eine Umstellung des Lebensstils der Verschreibung einer Vielzahl zusätzlicher Antidiabetika vorzuziehen ist und sogar überlegen sein dürfte. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass das Problem des Typ-2-Diabetes-mellitus ohne eine Lebensstiländerung nicht bei der Wurzel gepackt und deshalb nicht gelöst werden kann“, erklärt der Studienleiter Werner Waldhäusl, emeritierter Leiter der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel sowie der Universitätsklinik für Innere Medizin III des AKH Wien bzw. der MedUni Wien.

Zudem hatte sich zum Zeitpunkt der Entlassung der PatientInnen der das Blutzuckerverhalten über etwa zwei Monate dokumentierende HbA1c-Wert im Schnitt um 7 Prozent, der Blutdruck um 10 Prozent sowie der Body-Mass-Index und Bauchumfang um jeweils 3 Prozent verbessert bzw. verringert. „Das sind beachtliche Ergebnisse, die die Effektivität und Sinnhaftigkeit eines standardisierten Aufenthalts von Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes-mellitus in einer Rehabilitationseinrichtung für Stoffwechselerkrankungen belegen“, so Waldhäusl. „Wenn man darüber hinaus bedenkt, dass die Behandlungen in Reha-Zentren in der Regel wesentlich kostengünstiger sind als in Akutspitälern, ergäben sich bei entsprechender Umschichtung der Patientinnen und Patienten beträchtliche Einsparungspotenziale für das Gesundheitswesen.“

Gewichtsabnahme durch Diabeteserkrankung nicht erschwert
In einer parallel durchgeführten Studie verglichen die ForscherInnen übergewichtige PatientInnen mit und ohne Typ-2-Diabeteserkrankung. Dabei stellten sie fest, dass der während des dreiwöchigen Aufenthalts in der Rehabilitationseinrichtung erreichte Gewichtsverlust bei beiden Gruppen annähernd gleich groß war. „Es gibt die weitverbreitete Annahme, dass es für Menschen mit einer Diabeteserkrankung schwieriger ist, Gewicht zu verlieren als für Menschen ohne eine solche Erkrankung. Das konnten wir für Typ-2-Diabetes-mellitus widerlegen“, erklärt Helmuth Haslacher vom Klinischen Institut für Labormedizin des AKH Wien bzw. der MedUni Wien, der ebenfalls an der Studie mitwirkte. „Ich hoffe, dass wir Diabetikerinnen und Diabetikern damit Mut machen, eine Lebensstiländerung in Angriff zu nehmen.“

Negativ fiel bei den Studien allerdings auf, dass die PatientInnen nur zu einem geringen Teil (weniger als neun Prozent) gegen Influenza und Pneumokokken geimpft waren. „Gerade für Menschen mit einer chronischen Erkrankung wie Diabetes sind Grippe und Pneumonien sehr gefährliche, oft tödliche Krankheiten, sodass eine konsequente Durchimpfung dieser Hochrisikogruppe, wie weltweit in den Leitlinien der entsprechenden Fachgesellschaften empfohlen, dringend angezeigt wäre“, betont Werner Waldhäusl.

Die Studien sind abrufbar unter:
Type 2 diabetes care: Improvement by standardization at a diabetes rehabilitation clinic. An observational report; Helmuth Haslacher, Hannelore Fallmann, Claudia Waldhäusl, Edith Hartmann, Oswald F. Wagner, Werner Waldhäusl; PLOS ONE; Dezember 2019; DOI www.doi.org/10.13140/RG.2.2.15714.07362

Obesity: outcome of standardized life-style change in a rehabilitation clinic. An observational study; Helmuth Haslacher, Hannelore Fallmann, Claudia Waldhäusl, Edith Hartmann, Oswald F. Wagner, Werner K. Waldhäusl; Diabetes, Metabolic Syndrome and Obesity: Targets and Therapy; Dezember 2019; DOI https://doi.org/10.2147/DMSO.S197495