(Wien, 25-02-2021) Igor Grabovac von der Abteilung für Sozial- und Präventivmedizin am Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien koordiniert ein internationales Konsortium, das sich mit der Entwicklung und Implementierung des Health-Navigator-Modells zur Krebsprävention und Optimierung der Krebsversorgung bei obdachlosen Menschen in Europa beschäftigt. CANCERLESS: Cancer prevention and early detection among the homeless population in Europe: Co-adapting and implementing the Health Navigator Model, ist durch das HORIZON 2020 Programm finanziert und mit 2,8 Millionen Euro dotiert.
Trotz großer medizinischer Fortschritte bleibt Krebs eine der häufigsten Todesursachen in Europa. Die krebsbedingte Sterblichkeit ist in sozial benachteiligten Gruppen ausgeprägter und in der obdachlosen Bevölkerung im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung doppelt so hoch. Die Gründe für diese erhöhte Sterblichkeit sind mit unerwünschtem Gesundheitsverhalten, aber auch mit erheblichen strukturellen Barrieren (fragmentierte Versorgungssysteme, fehlender Zugang, Versicherungs- und Rechtsprobleme) verbunden, mit denen obdachlose Menschen konfrontiert sind, wenn sie versuchen, Gesundheitsleistungen in Anspruch zu nehmen. Generell kann eine höhere Inzidenz verschiedener Krebsarten in der obdachlosen Bevölkerung mit der Exposition gegenüber verschiedenen Umweltfaktoren, chronischem Stress, Mangelernährung und einer höheren Prävalenz von Substanzgebrauchsstörungen (illegale Substanzen, Alkohol und Nikotin) in Verbindung gebracht werden.
Verfügbare Studien zeigen eine geringe Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen, wobei die meisten Obdachlosen eine Notaufnahme aufgesucht haben, weil sie wenig bis keinen Zugang zu primären oder sekundären Versorgungsleistungen haben. Als solche werden sie auch routinemäßig aus nationalen Präventionsstrategien ausgeschlossen, die auf Krebsprävention oder Früherkennungs- bzw. Screening-Programme abzielen. Insgesamt ist Obdachlosigkeit mit einer 2 bis 5-fach erhöhten Sterblichkeitsrate verbunden, und einer um 10 bis 15 Jahre geringeren Lebenserwartung im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung.
Zum Projekt
Angesichts dieser Daten bieten rechtzeitige und evidenzbasierte Präventionsstrategien, einschließlich der Optimierung der Gesundheitsversorgung, eine Lösung für die hohe Krebsinzidenz und -mortalität, und könnten darüber hinaus auch die allgemeinen gesundheitlichen Outcomes dieser unterversorgten Bevölkerung verbessern. Das Ziel des CANCERLESS-Projekts ist es, innovative Lösungen zu liefern, indem die Patient-Navigation-Modelle und Patient Empowerment zu einem neuen, umfassenden Modell kombiniert werden - dem Health-Navigator-Modell für Europa. Diese evidenzbasierte und patientenzentrierte Intervention soll das Empowerment der PatientInnen durch Gesundheitskompetenzen und soziale Unterstützung verbessern und einen rechtzeitigen Zugang zu primären und sekundären Präventionsprogrammen fördern. Darüber hinaus zielt CANCERLESS durch die Anwendung des "Consolidated Framework for Implementation" und des "Reach-Effectiveness-Adoption-Implementation-Maintenance"-Rahmens darauf ab, die Krebsbelastung zu reduzieren, was wiederum allen Gesundheits- und Sozialsystemen in Europa Vorteile bringen würde. Das Pilotprojekt wird in London, Madrid, Athen und Wien durchgeführt und soll Empfehlungen für integrierte Versorgungspfade bei malignen Erkrankungen in Europa liefern.
Das CANCERLESS-Konsortium wird von der Medizinischen Universität Wien geleitet und besteht aus akademischen Einrichtungen (Universität Valencia - Spanien, Institut für Präventivmedizin, Umwelt- und Arbeitsmedizin (PROLEPSIS) - Griechenland, Polytechnische Universität Valencia – Spanien, Anglia Ruskin University – Großbritannien und KVELOCE Forschung und Entwicklung Institut -Spanien), lokalen Regierungen (Rat für Sozialpolitik und Familie Madrid) und nicht-staatlichen Organisationen (Europäische Föderation der nationalen Organisationen, die mit Obdachlosen arbeiten (FEANTSA) - Belgien; Programm für Entwicklung, soziale Unterstützung und Medizinische Kooperation (PRAKSIS) - Griechenland; Internationale Föderation für Integrierte Versorgung (IFIC) - Niederlande), sowie durch die Zusammenarbeit mit AmberMed unterstützt: Ambulant-Medizinische Versorgung, Soziale Beratung und Medikamentenhilfe für Menschen ohne Versicherungsschutz (Österreich) und Purfleet Trust (Großbritannien).
Zur Person
Igor Grabovac ist Assistenzarzt für Public Health an der Abteilung für Sozial- und Präventivmedizin. Seine Forschung fokussiert sich auf das Gesundheitsverhalten, die Änderung des Gesundheitsverhaltens marginalisierter Bevölkerungsgruppen und auf strukturelle Probleme in Community Health. Seit Oktober 2020 leitet er ein anderes EU-Projekt – das WE-Project (Promoting Work-Based Equality for LGBT+Q+ Youth). Igor Grabovac unterrichtet in Block 6, FBL und Ringvorlesungen und ist Blockkoordinator für Block 22/23 - Public Health.
Service:
Gil-Salmeron A, Smith L, Yang L, Rieder A, Grabovac I. Differences in Health Status, Health Behaviour and Health Care Utilization between Immigrant and Native Homeless People in Spain: an Exploratory Study. Health Soc Care Community. 2021;00:1-11. Doi: 10.1111/hsc.13313