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Patient:innenzentrierte Rheumatologieforschung: Evidenz verbindet klinische Praxis und Alltag der Patient:innen

Aktuelle Studien zur nachhaltigen Verbesserung der Versorgung und Lebensqualität von Patient:innen
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(Wien, 19-08-2025) Drei aktuelle Studien der Klinischen Abteilung für Rheumatologie der Universitätsklinik für Innere Medizin III der MedUni Wien stehen exemplarisch für einen Forschungsansatz, der Patient:innen konsequent in den Mittelpunkt stellt. Sie greifen gezielt Fragen auf, die aus der Versorgungspraxis entstehen: Welche Informationen fehlen Ärztinnen im Alltag, welche Sorgen haben Patient:innen und welche Daten sind entscheidend, um Therapieentscheidungen zu verbessern? Die drei Studien zeigen, wie patientenzentrierte Forschung – von digitalen Tools über sichere Schwangerschaftsbegleitung bis hin zu faireren, aussagekräftigeren klinischen Studien – direkt dazu beiträgt, Versorgung und Lebensqualität von Patient:innen nachhaltig zu verbessern.

Dabei entwickeln sie Methoden, die sich in den Alltag der Betroffenen integrieren lassen. Ein Beispiel ist die COTIDIANA-App, die eine unkomplizierte und regelmäßige Erfassung von Gesundheitsdaten ermöglicht, ohne Patient:innen zusätzlich zu belasten.

Die Ergebnisse dieser Forschung fließen direkt in die Betreuung ein. So liefert etwa die Studie zur passiven Immunität wichtige Sicherheit für Schwangere mit Autoimmunerkrankungen und gibt behandelnden Ärzt:innen klare, beruhigende Evidenz.

Gleichzeitig tragen diese Arbeiten dazu bei, die Standards für zukünftige Forschung weiterzuentwickeln. Die Analyse zu Outcome-Domänen in PsA-Studien zeigt, wie wissenschaftliche Erhebungen so gestaltet werden können, dass sie systematisch patient:innenrelevante Ergebnisse berücksichtigen und damit für die Versorgung noch wertvoller werden.


Digitale Datenerfassung in der Rheumatologie
In dieser prospektiven Studie wurden 48 Patient:innen mit Psoriasis-Arthritis, Sjögren-Syndrom oder Arthrose gebeten, 14 Tage lang täglich (und zusätzlich wöchentlich) Fragen zu Schmerzen, Müdigkeit, Schlafqualität und allgemeinem Befinden über die COTIDIANA-App zu beantworten. Die Forscher:innen prüften, wie zuverlässig die Antworten sind und ob die App praxistauglich ist. Die Ergebnisse zeigten: Die Antworten waren stabil, sowohl im Vergleich von Tag zu Tag als auch zwischen täglichen und wöchentlichen Erhebungen. Die App wurde als benutzerfreundlich empfunden und gut angenommen.

Nutzen für Patient:innen:
COTIDIANA ermöglicht eine kontinuierliche, alltagsnahe Erfassung des Gesundheitszustands, ohne dass Patient:innen häufig in die Klinik kommen müssen. Das entlastet Betroffene, liefert Ärzt:innen ein aktuelles Bild zwischen Terminen und erlaubt eine frühere Anpassung der Therapie, falls sich der Zustand verschlechtert.

Publikation: RMD Open
Collecting patient-reported outcomes via the COTIDIANA smartphone app: a prospective validity study
Autoren: Nakhost-Lotfi N, et al.
DOI: 10.1136/rmdopen-2025-005730


Sichere Immunität für Neugeborene bei rheumatischen Erkrankungen
In dieser Fall-Kontroll-Studie wurden Blutproben von 38 Müttern mit systemischen Autoimmunerkrankungen (z. B. Lupus, Sjögren-Syndrom) und deren Neugeborenen mit denen von 38 gesunden Mutter-Kind-Paaren verglichen. Die Analyse konzentrierte sich auf den Antikörpertransfer gegen Röteln, Varizellen und COVID-19. Ergebnis: Auch Mütter mit Autoimmunerkrankungen gaben wirksam Antikörper an ihre Kinder weiter – unabhängig davon, ob sie Medikamente wie Kortison oder Immunsuppresive Therapien einnahmen.

Nutzen für Patient:innen:
Diese Studie liefert klare Entwarnung für Schwangere mit Autoimmunerkrankungen: Die notwendige Behandlung beeinträchtigt die Immunübertragung auf das Kind nicht. Das schafft Sicherheit in der Familienplanung und stärkt das Vertrauen in eine engmaschig begleitete, gesunde Schwangerschaft.

Publikation: Journal of Autoimmunity
Passive maternal immunity in children born to women with systemic autoimmune rheumatic disease – A case-control study
Autoren: Mazzucato-Puchner A, et al.
DOI: 10.1016/j.jaut.2025.103439


Placebo-Raten abhängig vom sozioökonomischen Status in Psoriasisarthritis und Psoriasis-Studien
In einer Analyse von mehr als 90 internationalen klinischen Studien mit über 12.000 Patient:innen mit Psoriasis und Psoriasis-Arthritis untersuchten die Forschenden, wie der sozioökonomische Status des Landes der Studienrekrutierung das Placeboansprechen beeinflusst. Das Ergebnis: In Ländern mit niedrigerem Durchschnittseinkommen und eingeschränktem Zugang zu modernen Therapien war das Placeboansprechen signifikant höher als in wohlhabenderen Ländern. Als mögliche Erklärung für diese Beobachtung ist ein Anreiz zur Studienteilnahme in Ländern mit eingeschränktem Zugang zur Gesundheitsversorgung und ein damit verbundener Anreiz an klinischen Studien teilzunehmen. Die Studienteilnahme, mit entsprechenden regelmäßigen Arztkontakten, steigert so womöglich das Placeboansprechen.

Nutzen für Patient:innen
Indem diese Unterschiede erkannt und in der Planung zukünftiger Studien berücksichtigt werden, lassen sich aussagekräftigere Ergebnisse erzielen und damit potentiell die für eine Studie benötigte Anzahl an Studienteilnehmer:innen deutlich reduzieren. Das bedeutet langfristig eine bessere Beurteilung neuer Therapien, und eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass wirksame Behandlungen tatsächlich identifiziert und zugelassen werden.

Publikation: Arthritis & Rheumatology
Global Recruiting Patterns Affect Placebo Response Rates In Clinical Trials of Psoriatic Arthritis and Plaque Psoriasis
Autoren: Kerschbaumer A, Steiner M, Khalili S, Shehab A, Jordanov A, Wildner B, Maad M, Smolen JS, Aletaha D
DOI: 10.1002/art.43302


Diese Studien verbinden Forschung und Praxis zu einer patient:innenzentrierten Einheit, bei der jede neue Erkenntnis unmittelbar dazu beiträgt, Versorgung zu verbessern – durch präzisere Datengrundlagen, durch Stärkung von Patient:innensicherheit und durch wissenschaftliche Standards, die sich an der Lebensrealität orientieren.