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Neue Erkenntnisse zu Candida auris eröffnen potenzielle Angriffspunkte für künftige Therapien

Forschende der MedUni Wien entschlüsseln CO₂-basierten Überlebensmechanismus des bedrohlichen Pilzpathogens
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(Wien, 23-12-2025)  Eine neue Studie unter Beteiligung der Medizinischen Universität Wien zeigt, wie der multiresistente Pilz Candida auris Kohlendioxid (CO₂) verwertet, um auf der Haut zu überleben und resistent gegen antifungale Therapien zu werden. Das Forschungsteam identifizierte mehrere neue Angriffspunkte, die künftig genutzt werden könnten, um die Ausbreitung und Infektionen durch Candida auris einzudämmen. Aufgrund seiner raschen Resistenzentwicklung gegenüber fast allen verfügbaren Antimykotika stuft die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Erreger als prioritären fungalen Krankheitserreger ein.

Der humanpathogene Pilz Candida auris stellt weltweit ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar. Aufgrund seiner ausgeprägten Adhäsionseigenschaften wächst er vorwiegend auf der Hautoberfläche und verbreitet sich rasch in Kliniken, insbesondere über Hautkontakt. Für immungeschwächte Patient:innen sind Besiedelungen und anschließende Infektionen lebensbedrohlich, wobei Sterblichkeitsraten bis zu 70 Prozent berichtet werden.

Eine in Nature Microbiology veröffentlichte Studie zeigt nun erstmals, dass Candida auris eine CO₂-basierte Stoffwechselstrategie nutzt, um in den nährstoffarmen Bedingungen der Haut zu überleben und antifungale Therapien – insbesondere Amphotericin B (AMB) – besser zu tolerieren. Die Arbeiten entstanden in enger Zusammenarbeit der Gruppen von Adelheid Elbe-Bürger (MedUni Wien) und Karl Kuchler (Max Perutz Labs Vienna). 

CO₂ als Treibstoff für Energieproduktion und Resistenz
Mithilfe von Multi-Omics-Analysen identifizierte Erstautor und MedUni-Wien Doktorand Trinh Phan-Canh ein zentrales Enzym, die Carboanhydrase, das dem Pilz ermöglicht, geringe CO₂-Mengen in verwertbare Stoffwechselprodukte umzuwandeln. Dadurch kann Candida auris mitochondriale Energie erzeugen und sowohl Nährstoffmangel als auch therapeutischen Stress kompensieren.

„Candida auris nutzt minimale CO₂-Konzentrationen, um seine Energieproduktion aufrechtzuerhalten und Stress durch Antimykotika zu überstehen. Diese Fähigkeit verschafft ihm einen entscheidenden Überlebensvorteil – besonders auf der Hautoberfläche,“ erklärt Adelheid Elbe-Bürger von der Universitätsklinik für Dermatologie der Medizinischen Universität Wien.

Kooperation mit dem Hautmikrobiom als weiterer Überlebensfaktor
Die Studie weist zudem nach, dass Candida auris mit bestimmten urease-positiven Bakterien des Hautmikrobioms zusammenarbeitet. Diese spalten Harnstoff, der über die Schweißdrüsen auf die Haut gelangt, in CO₂ – ein zusätzlicher Energielieferant für den Pilz. Dieser mikrobiologische Verbund könnte ein entscheidender Faktor für die hohe Kolonisations- und Übertragungsrate in Kliniken sein.
Aus Sicht der Infektionsprävention ergeben sich daraus neue Ansatzpunkte: Die Hemmung bakterieller Urease-Aktivität könnte lokale CO₂-Konzentrationen senken und so die Besiedelung durch Candida auris erschweren.

Neue therapeutische Ziele entlang des CO₂-Signalwegs
Die Forschenden identifizierten mehrere mögliche Angriffspunkte entlang des CO₂-abhängigen Stoffwechselwegs. Besonders bedeutsam ist die Entdeckung, dass die spezifische Hemmung des mitochondrialen Cytochroms bc1 den Energiestoffwechsel des Pilzes empfindlich schwächt und die Wirksamkeit von Amphotericin B (AMB), einem der wenigen verbliebenen und klinisch wichtigsten Antimykotika zur Behandlung von Candida auris-Infektionen, steigert. Eine neu identifizierte chemische Verbindung, die gezielt Cytochrom bc1 hemmt, könnte damit eine Grundlage für künftige Antimykotika darstellen.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass wir den Pilz an völlig neuen Stellen angreifen können. Die Kombination aus Stoffwechselhemmung und verstärkter AMB-Wirksamkeit eröffnet vielversprechende Perspektiven für neue Therapien,“ ergänzt Karl Kuchler von den Max Perutz Labs.

Globales Problem mit dringendem Bedarf an neuen Lösungen
Die Zahl schwerer Candida auris-Infektionen steigt weltweit seit mehr als 15 Jahren, während die zugrunde liegenden Mechanismen bislang unzureichend verstanden sind. Die neuen Erkenntnisse entschlüsseln zentrale Überlebensstrategien des Erregers und liefern wichtige Grundlagen für die Entwicklung dringend benötigter Therapieansätze.

Publikation: Nature Microbiology
Candida auris skin tropism and antifungal resistance are mediated bycarbonic anhydrase Nce103
Trinh Phan-Canh, Cristina Coman, Michaela Lackner, Nina Nicole Troppmair, Christoph Müller, Diana Cerbu, Saskia Seiser, Philipp Penninger, Irina Tsymala, Narakorn Khunweeraphong, Tamires Bitencourt, Andrej Knarr, Sabrina Jenull, Hossein Arzani, Lisa-Maria Zenz, Giuseppe Ianiri, Weiqiang Chen, Anuradha Chowdhary, Harry L. T. Mobley, Markus Hartl, Doris Moser, Robert Ahrends, Adelheid Elbe-Bürger, Karl Kuchler
https://doi.org/10.1038/s41564-025-02189-z