(Wien, 03-11-2025) Gesichtstumoren des Tasmanischen Teufels zählen zu den wenigen bekannten Fällen übertragbarer Krebserkrankungen. Forschende der Veterinärmedizinischen Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien haben molekulare Signalwege in beiden Varianten dieser Krankheit identifiziert, die für das Überleben und Wachstum der Krebszellen entscheidend sind. Diese Signalwege könnten gezielt durch Medikamente unterbrochen werden, doch die Krebszellen zeigen eine bemerkenswerte Fähigkeit, Resistenzen zu entwickeln. Diese im Fachmagazin „The EMBO Journal“ publizierten Erkenntnisse liefern wichtige Hinweise für das Verständnis von Resistenzmechanismen, die auch bei menschlichen Tumoren eine zentrale Rolle spielen.
Das Wiener Forschungsteam hat bereits vor einigen Jahren entdeckt, dass DFT1-Krebszellen auf bestimmte Rezeptoren angewiesen sind, die normalerweise das Zellwachstum steuern. Damals zeigte sich, dass diese Abhängigkeit dazu beiträgt, dass der Krebs vom Immunsystem nicht erkannt und abgestoßen wird. In ihrer aktuellen Studie, veröffentlicht in der renommierten Fachzeitschrift The EMBO Journal, knüpfte die Gruppe an diesen Erkenntnissen an und verglich die beiden übertragbaren Krebsvarianten DFT1 und DFT2. Obwohl beide aus derselben Zellart – peripheren Nervenzellen, sogenannten Schwann-Zellen – hervorgegangen sind, nutzen sie unterschiedliche Signalwege, um im Körper ihres Wirts zu überleben und sich zu vermehren. „Wir konnten zeigen, dass viele molekulare Schalter, die in DFT1 aktiv sind, in DFT2 nicht aktiviert werden und umgekehrt. Diese Unterschiede eröffnen gezielte Angriffspunkte zur Bekämpfung des übertragbaren Krebs beim Tasmanischen Teufel“, erklärt Andreas Bergthaler von der MedUni Wien, einer der Studienleiter.
Mit modernen Screenings identifizierte das Team mehrere Wirkstoffe, die diese Signalwege unterbrechen können; und in präklinischen Tests führte dies zu einem deutlichen Rückgang der Tumorlast. Doch wie bei menschlichen Krebserkrankungen entwickelten die Zellen bald Resistenzen und fanden Wege, die Behandlung zu umgehen. Interessanterweise unterscheiden sich auch die gebildeten Resistenzen zwischen DFT1 und DFT2. DFT2, der später entdeckte Tumor, benötigt länger, um resistent zu werden und verändert sich dabei so, dass er DFT1 zunehmend ähnelt. Auch in der Natur zeigt sich, dass DFT2 im Laufe der Zeit ähnliche Mechanismen zur Tarnung vor dem Immunsystem entwickelt.
Das Projekt zeigt eindrucksvoll, wie vergleichende Krebsforschung über Artgrenzen hinweg neue Erkenntnisse liefert. „Unser Ziel ist nicht nur, einen Beitrag zur Rettung des Tasmanischen Teufels zu leisten“, fasst Studienleiter Richard Moriggl von der Paris Lodron Universität zusammen. „Wir wollen insbesondere die universellen Prinzipien besser verstehen, wie Krebszellen sich durchsetzen und vor dem Immunsystem verstecken. Ein tieferes molekulares Verständnis unterstützt damit auch die Entwicklung neuer Therapieansätze für Tiere und Menschen im Sinne des One Health Ansatzes.“
Publikation: The EMBO Journal
Tyrosine kinase targeting uncovers oncogenic pathway plasticity in Tasmanian devil transmissible cancers
Anna Schönbichler, Anna Orlova, Carmen Kreindl, Lukas Endler, Richard Wilson, Lindsay Kosack, Anna Hofmann, Csilla Viczenczova, Jocelyn Darby, Fettah Erdogan, Amanda L Patchett, Anna Koren, Stefan Kubicek, Mathias Müller, Andrew S Flies, Andreas Bergthaler and Richard Moriggl
https://doi.org/10.1038/s44318-025-00603-0