(Wien, 12-10-2020) Das medizinische Personal ist durch häufige PatientInnen-Kontakte einem erhöhten Infektionsrisiko mit SARS-CoV-2 ausgesetzt. Zur Risikopopulation zählen aber auch TumorpatientInnen auf onkologischen Stationen. Ein Forschungsteam um Thorsten Füreder von der Klinischen Abteilung für Onkologie der Universitätsklinik für Innere Medizin I von MedUni Wien und AKH Wien konnte in einer Studie nachweisen, dass nur wenige ÄrztInnen, PflegerInnen und PatientInnen Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Virus aufweisen. Die Studie wurde im Topjournal Esmo Open publiziert.
Um eine eventuell bestehende Immunität infolge einer (asymptomatisch verlaufenen) COVID-19-Erkrankung bei medizinischem Personal und KrebspatientInnen aufzuzeigen, führte der Onkologe Thomas Füreder eine Studie zur Erhebung von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 durch. Füreder: „Unsere Ausgangsfrage war, ob MitarbeiterInnen und PatientInnen bereits Antikörper gegen SARS-CoV-2 gebildet hätten, also bereits mit SARS-CoV-2 in Kontakt gekommen und eventuell sogar selbst infektiös gewesen sein könnten“. Für die Untersuchung wurde ein in den USA zugelassenes, validiertes Testverfahren am Klinischen Institut für Labormedizin von MedUni Wien und AKH Wien eingesetzt.
Zusätzlich musste von allen StudienteilnehmerInnen ein strukturierter Fragebogen zu grundlegenden demographischen Parametern, zur individuellen Reisegeschichte und zu eventuellen COVID-19-assoziierten Symptomen ausgefüllt werden. Insgesamt wurden 146 ProbandInnen (62 ÄrztInnen und Pflegepersonal sowie 84 KrebspatientInnen) in die Studie aufgenommen.
Als Resultat zeigte sich entgegen der Erwartung der ForscherInnen, dass bei nur zwei von insgesamt 84 PatientInnen und nur bei zwei von insgesamt 62 MitarbeiterInnen der Klinischen Abteilung für Onkologie Antikörper gegen COVID-19 festgestellt werden konnten. Somit ist nachweisbar, dass ein Großteil von PatientInnen und MitarbeiterInnen an der Klinischen Abteilung für Onkologie nicht gegen eine COVID-19-Infektion immun sind oder diese bereits durchgemacht haben. Spezifische SARS-CoV-2-Antikörper wurden nur bei Personen nach einer dokumentierten SARS-CoV-2-Virusinfektion gefunden, was die hohe Sensitivität und Spezifität der Testmethoden unterstützt. Füreder betont: „Unsere Studie unterstreicht, dass alle an der Abteilung getroffenen Maßnahmen wie das Tragen von Masken, das regelmäßige Testen von PatientInnen und MitarbeiterInnen sowie Zugangsbeschränkungen, die PatientInnen und das medizinische Personal geschützt haben“. Nun gelte es, all diese Maßnahmen weiterhin zu befolgen und auch allgemeine Akzeptanz dafür voraussetzen zu können.
Service: Esmo Open
„SARS-CoV-2 seroprevalence in oncology healthcare professionals and patients with cancer at a tertiary care centre during the COVID-19 pandemic.“ Thorsten Fuereder, Sophie Berghoff, Gerwin Heller, Helmuth Haslacher, Thomas Perkmann, Robert Strassl, Julia Maria Berger, Christina Puhr, Judith Kreminger, Florian Moik, Lorenz Schubert, Angelika Martina Starzer, Ariane Steindl, Stefan Winkler, Matthias Preusser, Selma Tobudic.
https://esmoopen.bmj.com/content/5/5/e0008