Dr.in Christina Sternberg

MedUni Wien RESEARCHER OF THE MONTH, Juli 2025
Die Jury „Researcher of the Month” verleiht die Auszeichnung für diesen Monat Frau Dr.in Christina Sternberg aus Anlass der im Top-Journal „Molecular Cancer“ (IF 2023: 27,7) erschienenen Arbeit „Cell-autonomous IL6ST activation suppresses prostate cancer development via STAT3/ARF/p53-driven senescence and confers an immune-active tumor microenvironment“ [1].
Die multidisziplinäre, internationale Studie entstand in den Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Lukas Kenner (Klinisches Institut für Pathologie, MUW) und Prof. Dr. Stefan Rose-John (Institut für Biochemie, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel), die gemeinsam die Letztautorenschaft innehaben, und in enger Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen von Prof.in Mag.a Dr.in Gerda Egger (Institut für Pathologie, MUW), Prof.in Dr.in Sarka Pospisilova (Central European Institute of Technology, Masaryk Universität), Prof. Dr. Robert Eferl (Zentrum für Krebsforschung, Abteilung für Innere Medizin I, MUW) und Prof. Dr. Peter Wolf (Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie, Medizinische Universität Graz).
IL6ST/STAT3-Signalweg: Ein neuer Angriffspunkt in der Therapie des Prostatakarzinoms
Der IL6ST/STAT3-Signaltransduktionsweg spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung verschiedener Tumorarten, darunter auch des Prostatakarzinoms. Der IL6ST-Rezeptor, auch bekannt als GP130, vermittelt die Signalweiterleitung von Zytokinen wie IL-6 und aktiviert nachgeschaltete Signalwege wie JAK/STAT3, die bekanntermaßen Tumorwachstum, Invasion und Metastasierung fördern. Eine deregulierte Aktivierung dieser Achse wurde mit erhöhter Tumoraggressivität und schlechterer Prognose assoziiert [2].
In der prämierten Studie wurden die Auswirkungen einer gezielten Aktivierung des IL6ST-Rezeptors im Prostatakarzinom untersucht. Die genetische, zell-autonome Aktivierung des IL6ST-Rezeptors in Prostataepithelzellen und die daraus resultierende STAT3-Signalgebung führten im Mausmodell zu einer signifikanten Reduktion des Tumorwachstums. Mechanistisch führt die Aktivierung des IL6ST-Signalweges über die STAT3/ARF/p53-Achse zur Seneszenz, was einen Wachstumsstopp darstellt [3], und fördert zusätzlich die Rekrutierung zytotoxischer T-Zellen, wodurch das Tumorwachstum weiter gehemmt wird [4]. Analysen von Prostatakrebspatienten zeigten, dass eine hohe IL6ST-mRNA-Expression mit einer verbesserten rezidivfreien Überlebensrate, verstärkten Seneszenz-Signalen und einer ausgeprägten Immunantwort assoziiert ist.
Unsere Ergebnisse verdeutlichen die kontextspezifische, tumorsuppressive Rolle des IL6ST/STAT3-Signalwegs im Prostatakarzinom durch die Förderung von Seneszenz und einer Anti-Tumor-Immunantwort.
Wir stellen das vorherrschende Konzept infrage, die IL6ST/STAT3-Signalgebung bei Prostatakrebs therapeutisch zu blockieren und schlagen stattdessen die zell-autonome Aktivierung von IL6ST als neue therapeutische Strategie vor. Dieser Ansatz ebnet den Weg für innovative, zielgerichtete Krebstherapien, die das Immunsystem aktiv in die Tumorbekämpfung einbinden.
Wissenschaftliches Umfeld
Dr.in Christina Sternberg legte bereits während des Studiums ihren Forschungsschwerpunkt auf den IL6ST/STAT3-Signalweg und untersuchte dessen tumorfördernde Wirkung im Basalzellkarzinom in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Fritz Aberger (Fachbereich Biowissenschaften und Medizinische Biologie, Paris Lodron Universität Salzburg). Im Rahmen ihrer Postdoc-Forschung vertiefte sie ihr Wissen zu diesem Signalweg und analysierte dessen Rolle bei der Entstehung des Prostatakarzinoms, einer der häufigsten Krebserkrankungen bei Männern weltweit. Angesichts der hohen Inzidenz ist die Thematik nicht nur wissenschaftlich, sondern auch gesellschaftlich von besonderer Relevanz.
Das von der Deutschen Krebshilfe geförderte Projekt zeichnet sich insbesondere durch die enge Kooperation der Medizinischen Universität Wien mit der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel sowie durch die Beteiligung zahlreicher weiterer nationaler und internationaler Forschungseinrichtungen aus. Hierzu zählen u. a. die Veterinärmedizinische Universität Wien, CEITEC der Masaryk Universität (Tschechien), CBmed Graz, die Medizinische Universität Graz, die Universitäten Umeå und Malmö (Schweden), BioTechMed Graz, die Universität Wien sowie die Charles Universität (Tschechien). Durch diese multidisziplinäre Zusammenarbeit konnten wertvolle Synergien geschaffen werden, die maßgeblich zur Tiefe und Qualität der Studie beitrugen.
Die Autor:innen der Studie nutzten innovative Mausmodelle sowie umfassende molekularbiologische, biochemische und histopathologische Analysen, um die Mechanismen der Tumorprogression via Seneszenz und Immunmodulation der Tumormikroumgebung zu entschlüsseln. Die gewonnenen Erkenntnisse liefern neue Perspektiven für die therapeutische Behandlung von Prostatakrebs und stellen das bisherige Verständnis von STAT3 als primär onkogener Faktor infrage.
Zur Person
Dr.in Christina Sternberg absolvierte das interuniversitäre Bachelor- und Masterstudium der Molekularbiowissenschaften an der Paris Lodron Universität Salzburg und Johannes Kepler Universität Linz (2007-2013). Anschließend erwarb sie ihren PhD im Rahmen des FWF-geförderten, internationalen Doktoratskollegs „ICA – Immunity in Cancer and Allergy“ an der Paris Lodron Universität Salzburg. Im Zuge ihrer wissenschaftlichen Ausbildung verbrachte sie einen Forschungsaufenthalt am renommierten Karolinska Institut in Stockholm. Ihre Dissertation widmete sich der Rolle entzündlicher Zytokin-Signalwege in der Tumorentstehung. Ab 2018 forschte sie als Postdoktorandin an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, der Medizinischen Universität Wien und der Veterinärmedizinischen Universität Wien zu onkogenen und inflammatorischen Signalwegen in Tumoren sowie deren Einfluss auf die Tumormikroumgebung.
Ihre Forschungsarbeiten mündeten in mehreren Publikationen in renommierten, begutachteten Fachzeitschriften. Darüber hinaus wirkte Dr.in Christina Sternberg bei der Betreuung von Studierenden mit und qualifizierte sich für das Karriereentwicklungsprogramm „VetWoman“ (2020-2021) an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Sie wurde eingeladen, ihre Forschungsergebnisse auf zahlreichen internationalen Fachkongressen zu präsentieren und ist Preisträgerin mehrerer wissenschaftlicher Auszeichnungen – zuletzt wurde sie mit dem Dora Brücke-Teleky Award des Alumni Clubs der MedUni Wien und der Gesellschaft der Ärzte in Wien geehrt.
Neben ihrer Forschungstätigkeit engagiert sie sich für die Unterstützung von Nachwuchswissenschaftler:innen durch ihre ehrenamtliche Tätigkeit bei den Young Life Scientists Austria (YLSA-ÖGMBT) und als Mitglied der ÖGMBT.
Dr.in Christina Sternberg ist Mutter von zwei Söhnen im Vorschulalter.
Ausgewählte Literatur
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Sternberg C, Raigel M, Limberger T, et al (2024) Cell-autonomous IL6ST activation suppresses prostate cancer development via STAT3/ARF/p53-driven senescence and confers an immune-active tumor microenvironment. Mol Cancer 23:245
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Schaper F, Rose-John S (2015) Interleukin-6: Biology, signaling and strategies of blockade. Cytokine Growth Factor Rev 26:475–487
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Huang W, Hickson LTJ, Eirin A, Kirkland JL, Lerman LO (2022) Cellular senescence: the good, the bad and the unknown. Nat Rev Nephrol 18:611–627
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Stultz J, Fong L (2021) How to turn up the heat on the cold immune microenvironment of metastatic prostate cancer. Prostate Cancer Prostatic Dis 24:697–717