Dr. Daniel Bormann, BSc, PhD
MedUni Wien RESEARCHER OF THE MONTH, November 2025
Die Jury „Researcher of the Month” verleiht die Auszeichnung für diesen Monat Herrn
Dr. Daniel Bormann aus Anlass der im Top-Journal „Nature Communications“ (IF 15.7) erschienenen Arbeit „Single-nucleus RNA sequencing reveals glial cell type-specific responses to ischemic stroke in male rodents“ (1).
Die multidisziplinäre Studie entstand im Rahmen des PhD-Studiums von Dr. Bormann in der Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. PD. Dr. Hendrik-Jan Ankersmit am Applied Immunology Laboratory der Univ. Klinik für Thoraxchirurgie und der Arbeitsgruppe von Assoc. Prof. Dr. Michael Mildner von der Universitätsklinik für Dermatologie. Ermöglicht wurde die Studie durch eine multinationale, interdisziplinäre Zusammenarbeit mit der Abteilung für Neuropathologie und Neurochemie (NPNC) der Universitätsklinik für Neurologie der Medizinischen Universität Wien (Arbeitsgruppen Univ.-Prof.in PD. Dr.in Romana Höftberger und Dr. Simon Hametner PhD), dem Institute of Neurobiochemistry an der Medizinischen Universität Innsbruck (Arbeitsgruppe Ao.-Prof.in Dr.in Gabriele Baier-Bitterlich), dem VASCage Centre on Clinical Stroke Research und der Universitätsklinik für Neurologie (Univ.-Prof. Dr. Stefan Kiechl, Assoz.Prof. Priv.-Doz. Dr. Michael Knoflach) sowie der Experimental Stroke Research Platform des Blood and Brain Institute der Université de Caen Normandie (Arbeitsgruppe Ass.Prof. Dr. Cyrille Orset). Die Studie wurde finanziert aus Mitteln der Aposcience AG, im Rahmen eines Private-Public Partnership der Aposcience AG mit der Medizinischen Universität Wien, der österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (#852748, #862068) und der Wirtschaftsagentur Wien (#2343727).
Einzelzell-RNA-Sequenzierung identifiziert hirninfarktspezifische Zellpopulationen
Schlaganfälle führen nach wie vor häufig zum Tod oder zu lebenslanger Pflegebedürftigkeit. Bei einem ischämischen Schlaganfall führt ein akuter Gefäßverschluss durch eine kritische Unterversorgung des Nervensystems mit Sauerstoff und Nährstoffen zu einem Hirninfarkt, einer meist irreversiblen Schädigung des Gehirns. Trotz intensiver Bemühungen stehen bislang keine Therapieansätze zur Verfügung, die wirksam die Regeneration des Nervengewebes nach dem erfolgten Infarkt verbessern. Ein wichtiger Grund dafür scheint unser noch begrenztes Verständnis der komplexen zellulären Reaktionen im geschädigten Gehirn zu sein.
Kartierung des Genexpressionsmusters glialer Zellen in Einzelzellauflösung
Gliazellen, wie Astrozyten und Oligodendrozyten bilden den größten Anteil der nicht neuronalen Zellen im Nervensystem.
Es ist bereits ausführlich belegt, dass sich Astrozyten in Folge eines Hirninfarkts rasch teilen und sich um den Infarktkern sammeln. Die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen dieser Astrozytenreaktion sind jedoch noch nicht vollständig geklärt. Die zelluläre Reaktion der Oligodendrozyten auf den Hirninfarkt sind noch weit schlechter verstanden. In dieser Studie nutzten die Forscher:innen zwei etablierte Hirninfarkt-Tiermodelle und untersuchten das Genexpressionsprofil der vielfältigen Zellpopulationen im Gehirn mittels Einzelzell-RNA-Sequenzierung in der akuten Infarktphase. Dadurch konnten mehrere heterogene Glia- und Immunzellpopulationen identifiziert werden, die sich spezifisch in der Randzone des Hirninfarkts anreichern.
So konnte unter anderem gezeigt werden, dass sich die Vorläuferzellen der Oligodendrozyten, sogenannte „Oligodendrocyte Precursor Cells (OPCs)“, 48 Stunden nach dem Infarkt teilen und sich ebenso wie reaktive Astrozyten in der Randzone des Infarkt sammeln. Das Genexpressionsprofil dieser infarktspezifischen OPCs überlappte zudem beträchtlich mit dem der reaktiven Astrozyten im Infarktgewebe. So waren etwa in beiden Zellpopulationen verschiedene Gene hochreguliert, die für die Modulation der extrazellulären Matrix im geschädigten Hirngewebe wichtig sind. Derartige Überschneidungen konnten auch zwischen dem RNA Profil infarktspezifischer ausgereifter Oligodendrozyten und Astrozyten festgestellt werden.
Immunzellen des Nervensystems, sogenannte Mikroglia sowie einwandernde Makrophagen reichern sich ebenfalls um den Hirninfarkt an. Bioinformatische und immunhistochemische Analysen in dieser Studie weisen darauf hin, dass diese Immunzellen Osteopontin freisetzen, ein Signalmolekül, welches an den Glykoprotein Rezeptor CD44 auf Gliazellen bindet. CD44 war in den reaktiven Astrozyten und OPCs im infarzierten Hirngewebe stark hochreguliert. In verschiedenen Zellpopulationen führt eine Bindung von Osteopontin an CD44 zu einer verstärkten Zellmigration. Tatsächlich konnte in Zellkulturversuchen bestätigt werden, dass Osteopontin einen migrationsfördernden Effekt auf OPCs ausübt. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass Mikroglia und Makrophagen über die Osteopontin–CD44 Achse die Anreicherung glialer Zellen in der Randzone des Infarkts orchestrieren. Die Beschreibung derartiger immuno-glialer Wechselwirkungen trägt dazu bei, den Wundheilungsprozess im Gehirn nach dem Schlaganfall besser zu verstehen und könnte so zur Identifizierung neuer Therapiestrategien beitragen.
Wissenschaftliches Umfeld
Dr. Bormann begann seine wissenschaftliche Tätigkeit während seines Psychologiestudiums im Fachbereich Sozialpsychologie (Arbeitsgruppe Univ.-Prof. Dr. Tobias Greitemeyer) des Institutes für Psychologie der Universität Innsbruck [2].
Im 3. Semesters seines Medizinstudiums setzte er seine wissenschaftliche Tätigkeit in der Arbeitsgruppe von Assoc. Prof. PD. Dr. Francisco J. Monje Quiroga an der Abteilung Neurophysiologie und -pharmakologie des Zentrums für Physiologie und Pharmakologie der Medizinischen Universität Wien fort, wo er seine Diplomarbeit verfasste. Thematisch beschäftigte sich Bormann in diesem Ausbildungsabschnitt hauptsächlich mit dem Einfluss von Methylxanthinen auf die Iktogenese im Hippocampus [3] und der Rolle des miRNA-132/212 clusters in der hippocampalen Reaktion auf Sauerstoff und Nährstoffentzug [4]. Nach Abschluss seiner Diplomarbeit wurde er in das MD-PhD-Exzellenzprogramm der Medizinischen Universität Wien aufgenommen. Sein PhD Studium absolvierte er am Applied Immunology Laboratory der Univ. Klinik für Thoraxchirurgie (Leiter: Univ.-Prof. PD. Dr. Hendrik-Jan Ankersmit) und der Arbeitsgruppe von Assoc. Prof. Dr. Michael Mildner an der Universitätsklinik für Dermatologie. Während des PhD Studiums befasst er sich vor allem mit der Untersuchung der zellulären Reaktionen des Gehirns auf Entzündungsreize [5] und Ischämie [1], mit einem Schwerpunkt auf der Untersuchung der molekularen Heterogenität reaktiver zerebraler Glia und Immunzellen und deren Interaktionen. Für die im Zuge seines PhD Studiums entstande Arbeit wurde Dr. Bormann 2024 bereits mit dem Theodor Billroth-Preis der Ärztekammer für Wien augezeichnet.
Zur Person
Dr. Daniel Bormann absolvierte zwischen 2011 und 2014 ein Bachelorstudium im Fach Psychologie. Nach einem Studienaufenthalt am Institut für Psychologie der Universität Freiburg wechselte er 2015 zum Studium der Humanmedizin an die Medizinischen Universität Wien wo er 2019 ins MD-PhD-Exzellenzprogramm aufgenommen wurde. Das Medizinstudium schloss er 2021 ab und forschte bis 2024 am Applied Immunology Laboratory der Univ. Klinik für Thoraxchirurgie (Leiter: Univ.-Prof. PD. Dr. Hendrik-Jan Ankersmit), in der Arbeitsgruppe von Assoc. Prof. Dr. Michael Mildner an der Universitätsklinik für Dermatologie und an der Abteilung für Neuropathologie und Neurochemie (NPNC) der Universitätsklinik für Neurologie. Seit 2024 arbeitet Bormann als Assistenzarzt an der Universitätsklinik für Neurologie.
Ausgewählte Literatur
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RNA sequencing reveals glial cell type-specific responses to ischemic stroke in male rodents. Nature Communications. 2024;15(1):6232.
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Bormann D, Greitemeyer T. Immersed in Virtual Worlds and Minds:Effects of In-Game Storytelling on Immersion, Need Satisfaction, and Affective Theory of Mind. Social Psychological and Personality Science. 2015;6(6):646-52.
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Cicvaric A, Bulat T, Bormann D, Yang J, Auer B, Milenkovic I, et al. Sustained consumption of cocoa-based dark chocolate enhances seizure-like events in the mouse hippocampus. Food Funct. 2018;9(3):1532-44.
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Bormann D, Stojanovic T, Cicvaric A, Schuld GJ, Cabatic M, Ankersmit HJ, et al. miRNA-132/212 Gene-Deletion Aggravates the Effect of Oxygen-Glucose Deprivation on Synaptic Functions in the Female Mouse Hippocampus. Cells. 2021;10(7).
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Bormann D, Copic D, Klas K, Direder M, Riedl CJ, Testa G, et al. Exploring the heterogeneous transcriptional response of the CNS to systemic LPS and Poly(I:C). Neurobiol Dis. 2023;188:106339.