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Dr.in Juliane Winkler

MedUni Wien RESEARCHER OF THE MONTH, September 2025
Die Jury „Researcher of the Month” verleiht die Auszeichnung für diesen Monat Frau Dr.in Juliane Winkler aus Anlass der im Top-Journal „Journal of Clincical Investigation“ erschienenen Arbeit „Single-cell analysis of breast cancer metastasis reveals epithelial-mesenchymal plasticity signatures associated with poor outcomes“[1]. Die Relevanz dieser Arbeit wurde zusätzlich durch einen Kommentar [2] in der Ausgabe des Journales hervorgehoben.
Vielversprechende Therapieoption zur Vermeidung von Metastasierung
Metastasen sind die Hauptursache für krebsbedingte Todesfälle. Es ist unklar, wie die Heterogenität der Zellen innerhalb eines Tumors (intratumorale Heterogenität, ITH) zur Metastasierung beiträgt und wie sich Krebszellen an neue Gewebe anpassen. Die Erforschung dieser Anpassungen wird dadurch erschwert, dass nur schwer Patientengewebe zugänglich ist und es kaum geeignete experimentelle Modelle gibt, die die intratumorale Heterogenität Tumors adäquat nachbilden können.
Um besser zu verstehen, wie Krebszellen sich anpassen und wie ITH die Metastasierung beeinflusst, haben wir primäres Tumorgewebe von Brustkrebspatientinnen benutzt, um den Metastasierungsprozess in vivo abbilden zu können und sogenannte „Patient-Derived Xenograft“-Modelle (PDX) generiert. Diese Modelle bewahren die Heterogenität des ursprünglichen Tumors und bilden spontan Metastasen, wodurch wir Primärtumoren und Metastasen aus demselben Wirt vergleichen können. Wir haben dann die Genaktivität einzelner Zellen aus Primärtumoren und Metastasen von vielen verschiedenen PDX-Modellen analysiert, die unterschiedliche Metastasierungsfähigkeiten aufweisen.
Wir fanden deutliche Unterschiede in der Genaktivität zwischen Primärtumorzellen und metastatischen Zellen. Primärtumoren zeigten eine erhöhte Aktivität von Stoffwechselgenen, während in frühen Metastasen (Mikrometastasen) Gene für Zellbewegung aktiviert wurden. Im Krankheitsverlauf kam es zu einer verstärkten Aktivierung von Stressantwort-Genen.
Außerdem identifizierten wir bestimmte Genmuster im Primärtumor, die mit einem höheren Risiko für Metastasen und schlechteren Prognose für Patient:innen verbunden waren. Primärtumore mit geringer Metastasierungsneigung zeigten eine verstärkte Aktivierung von Genen, die die Immunantwort regulieren, während in stark metastasierenden Tumoren Gene des epithelial-mesenchymalen Übergangs (EMT) hochreguliert waren.
Wir stellten fest, dass ITH vor allem von der epithelial-mesenchymalen Plastizität (EMP) geprägt war. Diese EMP-Zustände bilden ein dynamisches Kontinuum, mit Zwischenzuständen, die durch bestimmte Gene wie CRYAB und S100A2 gekennzeichnet sind. Eine verstärkte Aktivität dieses Zwischenzustands korrelierte mit einer schlechteren Prognose. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Blockierung dieses EMP Zwischenzustands eine vielversprechende Therapieoption sein könnte, um die Metastasierung zu verhindern.
Wissenschaftliches Umfeld
Die Studie ist eine Zusammenarbeit mit mehreren Abteilungen der Universität von Kalifornien, San Francisco, USA (UCSF, Abteilung für Anatomie, Abteilung für Zell- und Gewebebiologie, Abteilung für pharmazeutische Chemie), dem Chan Zuckerberg Biohub San Francisco, USA und dem Zentrum für Krebsforschung der Medizinischen Universität Wien.
Die Forschung umfasste eine enge Zusammenarbeit zwischen Grundlagen-, Computer- und klinischen Wissenschafter:innen, um die transkriptionelle Heterogenität bei der Metastasierung von Brustkrebs zu untersuchen. In Zusammenarbeit mit Klinikern (Andrei Goga, Hope Rugo) etablierten wir hochgradig klinisch relevante fortgeschrittene in vivo-Modelle der Metastasierung, die die Heterogenität menschlicher Tumore widerspiegeln. Gemeinsam mit Biotechnikern (Zev Gartner, Chris McGinnis) haben wir während der Projektlaufzeit eine neuartige Einzelzell-RNA-seq-Methode zur Untersuchung der transkriptionellen Heterogenität mit höherem Durchsatz und besserer Kosteneffizienz angewendet und entwickelt [3].
Gemeinsam mit Datenwissenschafter:innen und Computerbiolog:innen (Angela Olivera Pisco, Spyros Darmanis, Weilun Tan) analysierten wir komplexe Einzelzell-RNA-seq-Daten von Tumorzellen aus Brustkrebs-Primärtumoren und den dazugehörigen Metastasen. Wir sind die erste Studie, die einen scRNA-seq-Datensatz von menschlichem Brustkrebs und den dazugehörigen Metastasen liefert.
Außerdem waren an dieser Studie viele Student:innen (Weilun Tan, Catherine Diadhiou, Aamna Abbasi, Saad Hasnain, Sophia Durney, Leena Awni, Ankita Nanjaraj, Vaishnavi Sitarama) und Doktorand:innen (Chris McGinnis, Daphne Superville, Patrick Wagner, Namrata Singh, Johanna Hinrichs) beteiligt. Wir unterstützen nachdrücklich die Entwicklung junger Wissenschafter:innen, und ihr Beitrag zum Manuskript durch Hilfe bei der Arbeit mit Mäusen, Gewebefärbungen und rechnerischen Analysen wurde in Form von Koautorenschaften anerkannt.
Zur Person
Dr.in Juliane Winkler ist ausgebildete Pharmazeutin und promovierte an der Universität Heidelberg (gemeinsam mit dem EMBL, dem Deutschen Krebsforschungszentrum und dem Institut für Pathologie), wo sie untersuchte, wie Veränderungen des Kerntransports ein aggressives hepatozelluläres Karzinom (HCC) fördern. Während ihres Postdoc-Aufenthalts an der University of California San Francisco arbeitete Dr.in Winkler mit der verstorbenen Zena Werb und Andrei Goga an den Auswirkungen der Tumorheterogenität auf die Metastasierung von Brustkrebs. In ihrer Forschungsgruppe am Center of Cancer Research (CCR) in Wien wendet Dr.in Winkler technologiegestützte system-onkologische Ansätze an der Schnittstelle zwischen experimenteller und computergestützter Tumorbiologie an, die zu aussagekräftigen Erkenntnissen über die komplexe Biologie der Metastasierung führen. Für ihre Forschung und ihr Mentoring wurde sie mehrfach ausgezeichnet (z.B. Johann Wilhelm Ritter von Mannagetta-Preis für Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), EMBO long-term Fellow, AACR Scholar-in-Training Award, Dean's Award for Excellence in Mentoring, honorable mention). Die Motivation für ihre Forschung kommt aus der jahrelangen Betreuung von Krebspatient:innen als ausgebildete onkologische Beraterin in einer Apotheke und ihrem Wunsch, die Behandlungsmöglichkeiten für Patient:innen mit Metastasen zu verbessern.
Ausgewählte Literatur
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Winkler J#, Tan W, Diadhiou CMM, McGinnis CS, Abbasi A, Hasnain S, Durney S, Atamaniuc E, Superville D, Awni L, Lee JV, Hinrichs JH, Wagner PS, Singh N, Hein MY, Borja M, Detweiler A, Liu SY, Nanjaraj A, Sitarama V, Rugo HS, Neff N, Gartner ZJ, Pisco AO#, Goga A#, Darmanis S#, Werb Z (2024). Single-cell analysis of breast cancer metastasis reveals epithelial-mesenchymal plasticity signatures associated with poor outcomes. Journal of Clinical Investigation 134, e164227. doi: 10.1172/JCI164227
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Reeves, M.Q., 2024. Mapping the transcriptional evolution of human metastatic breast cancer. J. Clin. Invest. 134, e183971. doi: 10.1172/JCI183971
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McGinnis, CS*, Patterson, DM*, Winkler, J, Conrad, DN, Hein, MY, Srivastava, V, Hu, JL, Murrow, LM, Weissman, JS, Werb, Z, Gartner, Z (2019). MULTI-seq: sample multiplexing for single-cell RNA sequencing using lipid-tagged indices. Nature Methods 16, 619–626. doi: 10.1038/s41592-019-0433-8