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Punktesystem ermöglicht verbessertes Screening einer „doppelten“ Herzerkrankung

Gleichzeitiges Vorhandensein von Aortenstenose und kardialer Amyloidose
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(Wien, 24-11-2020) Die Aortenstenose, die hochgradige Einengung der Aortenklappe, und die kardiale Amyloidose, bei der es zur Ablagerung von Eiweiß im Herzmuskel kommt, sind schwere Herzerkrankungen, an denen besonders ältere PatientInnen gleichzeitig erkranken können. Unter Beteiligung eines Forschungsteams um Julia Mascherbauer und Christian Nitsche von der Klinischen Abteilung für Kardiologie (Universitätsklinik für Innere Medizin II von MedUni Wien und AKH Wien) konnte nun in einer internationalen Studie gezeigt werden, dass ein auf einfachen klinischen Parametern basierendes Punktesystem dabei hilft, die Diagnostik zu verbessern, um ein gleichzeitiges Auftreten beider Krankheiten zu erkennen.

Die Aortenstenose zählt zu den häufigsten erworbenen Herzklappenfehlern. Ihre Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu und erfordert häufig eine Behandlung. Neben dem klassischen chirurgischen Klappenersatz, der mit einer Operation am offenen Herzen verbunden ist, besteht seit einiger Zeit mit dem trans-katheter gestützten Aortenklappenersatz (TAVI) eine schonendere Behandlungsmethode. Die neue Klappe wird dabei im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung eingesetzt. Der minimal-invasive Eingriff ist besonders für ältere PatientInnen eine wichtige Therapiemöglichkeit.

Unklar war bisher, ob auch PatientInnen mit einer weiteren Erkrankung, der kardialen Amyloidose, von einem Klappenersatz profitieren. Bei der Herzerkrankung verdickt und versteift sich der Herzmuskel aufgrund von Ablagerungen von Eiweiß. Das hat zur Folge, dass sich das Herz nicht mehr gleichmäßig zusammenziehen und ausdehnen und der Organismus nicht mehr optimal mit Blut versorgt werden kann.

In der aktuellen Studie wurden das gleichzeitige Vorliegen beider Erkrankungen bei Aortenstenose-PatientInnen, die für eine Therapie mittels TAVI zugewiesen wurden, sowie eine prognostische Auswirkung untersucht. Insgesamt wurde bei jeder achten bzw. jedem achten der 407 untersuchten Aortenstenose-PatientInnen gleichzeitig eine kardiale Amyloidose festgestellt. Da der Einsatz einer DPD-Knochenszintigraphie, einem sensitiven Test zum Feststellen einer kardialen Amyloidose, bei allen TAVI-PatientInnen aus ökonomischen und logistischen Gründen unpraktikabel ist, entwickelte das Studienteam ein Punktesystem basierend auf einfachen klinischen Parametern, die für das Screening einer zweifachen Herzerkrankung eingesetzt werden kann.

„Das Punktesystem ermöglicht, entlang einfacher klinischer Parameter wie zum Beispiel EKG-Veränderungen, überdurchschnittliche Herzverdickung oder bestehendes oder operiertes Karpaltunnelsyndrom, einzuordnen, ob bei Aortenstenose-PatientInnen zusätzlich eine kardiale Amyloidose wahrscheinlich ist und eine aufwändigere Untersuchung durch die DPD-Knochenszintigraphie durchgeführt werden sollte“, so Studienleiter Christian Nitsche von der Klinischen Abteilung für Kardiologie, Universitätsklinik für Innere Medizin II von MedUni Wien und AKH Wien.

In der im Journal of American College of Cardiology publizierten Studie wurde weiters festgestellt, dass sowohl Aortenstenose-PatientInnen ohne zusätzliche kardiale Amyloidose als auch jene mit dieser zusätzlichen Herzerkrankung von einem Klappenersatz mittels trans-katheter gestützten Aortenklappenersatz (TAVI) profitieren. „Die Ergebnisse zeigen, dass die minimal-invasive TAVI-Methode für beide Gruppen geeignet ist. Wir schlussfolgern deshalb, dass Aortenstenose-PatientInnen, die auch an einer kardialen Amyloidose leiden, die TAVI-Therapie nicht vorenthalten werden sollte“, so Nitsche.

Ob umgekehrt die Medikamente zur Behandlung der kardialen Amyloidose nach einem Klappenersatz zum weiteren Therapieerfolg bei doppelter Herzerkrankung beitragen, müsse in weiteren Studien untersucht werden.

Die Studie wurde in einem Kooperationsprojekt der Klinischen Abteilung für Kardiologie von MedUni Wien und AKH Wien und dem Barts Heart Center in London durchgeführt und im Rahmen des American Heart Association Kongress am 13. November 2020 präsentiert.

Service: Journal of the American College of Cardiology
“Prevalence and Outcomes of Concomitant Aortic Stenosis and Cardiac Amyloidosis.” Nitsche C., Thomas A. Treibel et al., J Am Coll Cardiol. Nov 08, 2020. Epublished DOI: 10.1016/j.jacc.2020.11.006. https://www.jacc.org/doi/10.1016/j.jacc.2020.11.006