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Umstellung auf Sommerzeit: Kinder und Jugendliche stärker betroffen

Viele Menschen spüren den „Mini-Jetlag“ überhaupt nicht, Kinder sollten aber vorbereitet sein.
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(Wien, 23-03-2017) Am kommenden Sonntag werden um 2:00 Uhr die Uhren auf 3:00 Uhr nach vorne gestellt – von Winter- auf Sommerzeit. Damit „verlieren“ wir eine Stunde unserer normalen Schlafzeit. Viele Menschen spüren diesen „Mini-Jetlag“ überhaupt nicht. Kinder und Jugendliche sollten aber auf die Umstellung vorbereitet sein, sie sind von der Umstellung am stärksten betroffen. Das betont Gerhard Klösch, Schlafforscher von der Universitätsklinik für Neurologie der MedUni Wien.

Das liegt zum einen an der Physiologie der jungen Menschen, andererseits an der ständigen Verfügbarkeit digitaler Endgeräte wie Handy, Tablet oder PC. Klösch: „Bis zum 10. Lebensjahr brauchen wir zwischen zehn und elf Stunden erholsamen Schlaf, als Jugendliche rund neun Stunden. Erst danach sind sieben Stunden ausreichend.“ Die Umstellung auf die Sommerzeit kostet Kinder und Jugendliche laut wissenschaftlichen Untersuchungen effektiv 32 Minuten Schlaf – und dieses Minus kann sich täglich über zwei Wochen hinziehen und kumulieren.

Ausgeschlafen in die Nacht der Zeitumstellung
Daher sollten die Kids darauf achten, dass sie nicht schon vor dem kommenden Sonntag in ein Schlafdefizit geraten. „Das Problem ist, dass digitale Endgeräte mit ihrem blauen Licht Schlaf rauben. Wichtig wäre also, zumindest in den vier, fünf Tagen davor handyfreie Zeiten am Abend zu planen und wenn möglich, eine halbe Stunde früher schlafen zu gehen“, sagt Klösch. Denn junge Menschen haben – im Gegensatz zu älteren – am Morgen noch eine Tiefschlafphase. „Je später sie schlafen gehen, desto später kommt diese Tiefschlafphase. Werden sie mittendrin geweckt, sind sie wie schlaftrunken. Das erhöht auch die Unfallgefahr im Straßenverkehr.“

Schon zu „normalen“ Zeiten bauen Kinder und Jugendliche über die Woche einen enormen „Schlafdruck“ auf, der sich dann am Wochenende bei vielen mit Schlafen bis zur Mittagszeit entlädt. Etwa jede/r Dritte braucht in der Früh einen Wecker, um in den Kindergarten oder in die Schule zu kommen. Die meisten Jugendlichen sind, chronobiologisch betrachtet, zudem noch „Abendmenschen“. Die Umstellung auf die Sommerzeit „befeuert“ also dieses Schlafdefizit noch zusätzlich und sorgt für Stress-Intoleranz und ein Leistungstief. Das sollte auch den LehrerInnen klar sein: „Tests am Montag nach der Umstellung sind daher nicht besonders ratsam bzw. unfair“, meint Klösch.  

Tagesmüdigkeit als soziales Problem
Generell ist Schläfrigkeit und Tagesmüdigkeit bei Jugendlichen ein weitreichendes Problem: Eine aktuelle britische Studie von WissenschafterInnen in York hat gezeigt, dass Jugendliche, die generell häufiger müde sind, nicht nur in der Schule auffällig sind, sondern auch später Probleme im sozialen Gefüge haben. Klösch: „Es wurde anhand der Verbrechensstatistik in York gezeigt, dass 15-jährige, die ständig müde und in ihrem sozialen Verhalten auffällig waren, später, als 29-jährige ein um 4,5-fach erhöhtes Risiko hatten, kriminell zu werden.“

Zeitumstellung aus Sicht der Schlafforschung unnötig
Generell ist die Umstellung - egal ob von Winter- auf Sommerzeit oder umgekehrt – nicht mehr zeitgemäß und unnötig, sagt der Schlafforscher der MedUni Wien. Denn der menschliche Organismus passt sich ohnehin automatisch vor allem an den natürlichen Rhythmus des Lichts an. Klösch: „Sobald es wieder früher hell wird, passen wir uns an. Dazu brauchen wir keine Zeitumstellung. Licht ist ein optimaler Zeitgeber.“ Aus Sicht der Schlafforschung wäre es daher grundsätzlich besser, bei einer Zeit zu bleiben.