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Selbsthilfe-Methode verhindert psychische Erkrankungen bei Geflüchteten

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(Wien, 28-01-2022) Eine internationale Forschungsgruppe unter Beteiligung der MedUni Wien hat die Auswirkungen der von der Weltgesundheitsorganisation WHO entwickelten Methode „Self-Help Plus“ auf die psychische Gesundheit von 642 Geflüchteten in der Türkei untersucht. Dabei konnte erstmals bewiesen werden, dass eine niederschwellige psychologische Intervention die Entwicklung von psychischen Erkrankungen bei Geflüchteten verhindern kann. Die dazu durchgeführte Studie ist kürzlich im Fachjournal „World Psychiatry“ erschienen.

Voraussetzung für die Teilnahme an der Studie war, dass die Geflüchteten angesichts ihrer belastenden Lebenslage psychische Probleme, aber noch keine psychischen Erkrankungen entwickelt hatten. Die 642 Personen, die sich für die Forschung anmeldeten, hatten ein Durchschnittsalter von 31 Jahren und waren zu mehr als zwei Drittel Frauen. Zum überwiegenden Teil waren sie von Syrien in die Türkei geflüchtet. Dort wurden sie im Rahmen der Studie von einem internationalen Forschungsteam in der Anwendung der Selbsthilfe-Methode „Self-Help Plus“ unterwiesen, die von der Weltgesundheitsorganisation WHO entwickelt wurde.

„Wir haben die TeilnehmerInnen in der Ausübung evidenzbasierter Methoden zur Entspannung und Stressbewältigung angeleitet“, verdeutlicht Johannes Wancata, Leiter der Klinischen Abteilung für Sozialpsychiatrie an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der MedUni Wien, der an der Studie beteiligt war. Im Untersuchungszeitraum von sechs Monaten zeigte sich, dass bei den teilnehmenden Geflüchteten die Wahrscheinlichkeit einer psychischen Erkrankung geringer war als bei jenen, die nicht bei der Intervention involviert waren.

Wichtiger Schritt zu umfassendem Vorsorgemodell
Diese Forschungsarbeit ist die erste randomisierte kontrollierte Studie, die nachweist, dass eine niederschwellige psychologische Intervention die Entwicklung psychischer Erkrankungen bei Flüchtlingen verhindern kann. Koordiniert wurde sie von der Universität Verona, die klinischen Untersuchungen dazu wurden an der Koc-Universität in Istanbul durchgeführt. Zu den weiteren beteiligten internationalen Instituten und Organisationen gehört auch die MedUni Wien.

In Folge der Forschungsergebnisse veröffentlicht die Weltgesundheitsorganisation WHO die von ihr entwickelte „Self-Help Plus“-Intervention in einem kostenlosen Handbuch. Dieses kann von Organisationen und Einrichtungen, die in humanitären Kontexten tätig sind, verwendet werden, damit die Methode zum Schutz der psychischen Gesundheit der Geflüchteten auch weiterhin zur Verfügung steht. Johannes Wancata: „Unsere Forschung ist als wichtiger Schritt zu einem umfassenden Vorsorgemodell zu verstehen, das es braucht, um Menschen in ihrer extrem schwierigen Situation vor psychischen Erkrankungen zu bewahren.“

Service World Psychiatry
Effectiveness of a WHO self-help psychological intervention for preventing mental disorders among Syrian refugees in Turkey: a randomized controlled trial
Ceren Acarturk, Ersin Uygun, Zeynep Ilkkursun, Kenneth Carswell, Federico Tedeschi, Mine Batu, Sevde Eskici, Gulsah Kurt, Minna Anttila, Teresa Au, Josef Baumgartner, Rachel Churchill, Pim Cuijpers, Thomas Becker, Markus Koesters, Tella Lantta, Michela Nosè, Giovanni Ostuzzi, Mariana Popa, Marianna Purgato, Marit Sijbrandij, Giulia Turrini, Maritta Välimäki, Lauren Walker, Johannes Wancata, Elisa Zanini, Ross G. White, Mark van Ommeren, Corrado Barbui
https://doi.org/10.1002/wps.20939

WHO-Handbuch „Self-Help Plus“-Intervention:
https://www.who.int/publications/i/item/9789240003927