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Die Aktivierung eines Amygdala-Hirnstamm-Signalwegs lindert Schmerzen und verbessert den emotionalen Zustand

Studie im Tiermodell: Signalweg könnte SchmerzpatientInnen physische und psychische Erleichterung verschaffen
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Bild: Shutterstock

(Wien, 07-06-2022) Die Aktivierung eines Schaltkreises zwischen der Amygdala und dem Hirnstamm lindert Schmerzen und reduziert defensives Verhalten bei Ratten, so eine kürzlich von einem Studienteam am Zentrum für Hirnforschung der MedUni Wien im Journal of Neuroscience veröffentlichte Studie. Eine therapeutische Aktivierung dieses Signalweges könnte SchmerzpatientInnen zukünftig physische und psychische Erleichterung verschaffen.

SchmerzpatientInnen leiden häufig unter psychischen Begleiterkrankungen wie Angst und Depression, die ihre Prognose verschlechtern können. Aktivierung eines Nervenstranges von der Amygdala (ein wichtiges Hirnzentrum für Emotionen) zu einem Kern im Hirnstamm könnte eine Option darstellen, die physischen und psychischen Auswirkungen von Schmerzen zu lindern.

Ein Studienteam rund um Roni Hogri in der Forschungsgruppe von Jürgen Sandkühler der Abteilung für Neurophysiologie am Zentrum für Hirnforschung der MedUni Wien aktivierte den Schaltkreis bei Ratten und untersuchte die Auswirkung auf die Verarbeitung von chemischen, mechanischen und thermischen Schmerzreizen. Die gezielte Stimulierung dieses Schaltkreises verringerte die Reaktion auf alle drei Reize, was auf eine wirksame Schmerzreduktion hindeutet.

Weitere Untersuchungen ergaben, dass die Stimulierung des Schaltkreises auch das Abwehrverhalten der Ratten als Reaktion auf eine Bedrohung verringert. Sie steigerte ferner das Belohnungs- und Fressverhalten, ein Zeichen dafür, dass sich die Tiere sicher fühlen. In Summe deuten diese Verhaltensänderungen darauf hin, dass Aktivierung dieses Schaltkreises einen Ausweg aus einem negativen emotionalen Zustand in einen positiven ermöglicht.

Die Arbeitsgruppe nutzte die neuen Möglichkeiten der modernen Optogenetik, einer Technologie, die Lichtreize verwendet, um die Gehirnaktivität  in Tieren mit ungleich größerer Präzision zu steuern als es pharmakologische oder elektrische Stimulationes, die derzeit in der Klinik verwendet werden, je vermochten. Beim Menschen gibt es derzeit diese Möglichkeit allerdings noch nicht. Der kontinuierliche Fortschritt in der medizinischen und technischen Forschung wird aber auch beim Menschen die Entwicklung zielgerichteter Behandlungen fördern. Dies würde dann ermöglichen sowohl den Schmerz selbst als auch die negativen Gefühle, die er hervorruft, zu bekämpfen und Millionen von PatientInnen, die unter chronischen Schmerzen leiden, neue Hoffnung zu geben.

Publikation: Journal of Neuroscience
GABAergic CaMKIIα+ amygdala output attenuates pain and modulates emotional-motivational behaviour via parabrachial inhibition
Roni Hogri, Hannah Teuchmann, Bernhard Heinke, Raphael Holzinger, Lidia Trofimova, and Jürgen Sandkühler
J. Neurosci., 42(27):5373–5388
DOI: https://doi.org/10.1523/JNEUROSCI.2067-21.2022