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Dezember 2007 | Christian Singer

Univ.-Prof. Dr. Christian Singer, MPH

Christian Singer

MedUni Wien RESEARCHER OF THE MONTH, Dezember 2007

Die Jury "Researcher of the Month" verleiht die Auszeichnung für diesen Monat Herrn Univ.-Prof. Dr. Christian F. Singer aus Anlass der Publikation "Selective spatial up-regulation of intratumoral stromal aromatase in breast cancer patients: evidence for imbalance of local estrogen metabolism" im Top-Journal "Endocrine-related Cancer" 2006 (1). Diese Arbeit untersucht die Ursachen für den lokal erhöhten intratumoralen Östrogenspiegel, der für ein gesteigertes Wachstum des Mammakarzinoms verantwortlich ist. Unter dem normalerweise gut ausbalancierten "Netzwerk von Enzymen" ist vor allem die Bedeutung der Aromatase für die Östrogenproduktion bekannt. Die selektive Hemmung dieses Enzyms ist inzwischen der wichtigste therapeutische Ansatz bei der Behandlung des rezeptorpositiven postmenopausalen Mammakarzinoms. Allerdings konnte der genaue biologische Regulationsmechanismus bisher nicht vollständig aufgeklärt werden. Professor Singer konnte nachweisen, dass die intratumoral erhöhte Östrogenkonzentration im Vergleich zum benachbarten gesunden Mammagewebe durch gesteigerte stromale Aromatisierung verursacht wird.

Das "Enzymnetzwerk" des normalen und des tumorösen Brustgewebes und seine Bedeutung für Östrogenproduktion, Tumorwachstum und Therapie
In dieser Arbeit beschreiben Ch. Singer und Mitarbeiter die spatiale Expression von Aromatase und Sulfotransferase in malignem Tumorgewebe und benachbartem Brustdrüsengewebe. Dabei konnte nachgewiesen werden, dass die intratumoral erhöhte Östrogen-konzentration durch eine im Vergleich zum benachbarten normalen Drüsengewebe gesteigerte stromale Aromatisierung verursacht wird, während die physiologische Inaktivierung der Sexualsteroide unverändert bleibt. Die Arbeit zeigt erstmals das Potential einer kombinierten endokrinen Brustkrebstherapie durch Aromataseinhibitoren und Sulfotransferasestimulatoren in vivo auf. Obwohl es während der Menopause zu einem dramatischen Abfall des systemischen Plasmaöstrogenspiegels kommt, finden sich nur geringe Konzentrations-unterschiede zwischen prämenopausalem und postmenopausalem Brustdrüsengewebe verglichen wird. Brustgewebe besitzt daher offensichtlich die Fähigkeit, Östron- und Östradiolkonzentrationen aufrecht zu erhalten, welche bis zu 20-mal höher sind als jene, die im korrespondierenden Serum gemessen werden. Dies lässt sich einerseits durch eine selektive Anreicherung von Östrogenen erklären, andererseits kommt auch eine lokale Produktion der Geschlechtshormone im Brustgewebe in Frage.

Bösartige Brusttumoren produzieren große Mengen des Enzyms Aromatase, welches eine Schlüsselrolle bei der Konversion von androgenen Vorstufen zum biologisch aktiven Östrogen innehat. Neben der Aromatase sind allerdings auch die drei Enzyme Östrogensulfotransferase, Sulfatase und Hydroxysteroiddehydrogenase für die lokalen Östrogenspiegel von Bedeutung. Während die Sulfatase das in seiner sulfatierten Form gespeicherte und damit inaktive Östron freisetzt und damit die lokalen Östrogenkonzentrationen steigert, wirkt die Östrogensulfotransferase gegenläufig, indem sie eine Verschiebung des Gleichgewichts in Richtung Östronsulfat katalysiert. Auch die Hydroxysteroiddehydrogenase senkt den lokalen Östrogenspiegel durch Konversion in seine biologisch weniger wirksamen Metaboliten. Die Aktivität dieses gewöhnlich gut ausbalancierten Enzymnetzwerkes wird durch eine Reihe von Zytokinen und Wachstumsfaktoren beeinflusst, die von Tumorzellen ausgesendet werden. So konnte beispielsweise gezeigt werden, dass der Aromatasespiegel in präinvasiven Tumoren (DCIS) niedriger ist als in peritumoralem Gewebe invasiver Tumoren.

Demgegenüber scheinen besonders aggressive DCIS erheblich geringere Mengen der Östrogen-inaktivierenden Östrogensulfotransferase zu produzieren als vergleichbar benignere DCIS Formen. Bösartige Tumoren sind damit in der Lage, ein für ihr Wachstum besonders günstiges endokrines Milieu zu schaffen. Dieser Circulus vitiosus kann durch den Einsatz von hochselektiven Aromatasehemmern unterbrochen werden. Dabei handelt es sich um eine Substanzgruppe, die das Enzym reversibel (non-steroidale Als) oder irreversibel (steroidale Als) hemmt und zu einer fast kompletten Suppression der systemischen Östrogenkonzentrationen führt (2).

Aromataseinhibitoren werden bereits seit Jahren in großen klinischen Studien beim Mammakarzinom erfolgreich eingesetzt und haben Tamoxifen® als Standardmedikament in der Therapie des postmenopausalen rezeptorpositiven Mammakarzinoms abgelöst. Wenig erforscht ist hingegen der Effekt von Sulfotransferasestimulatoren auf die weibliche Brust. In einer von der MUW aus initiierten prospektiv randomisierten doppelblind geführten internationalen Multizenterstudie wurde kürzlich der Effekt des Sulfotransferasestimulators Tibolon® auf Tumorzellproliferation und kontrollierten Zelltod (Apoptose) in Brustkrebsgewebe in vivo untersucht (3).

Wissenschaftliches Umfeld
Univ.Prof. Dr.Christian Singer ist Mitarbeiter der Klinischen Abteilung für Spezielle Gynäkologie (Leiter: Univ.-Prof. Dr. E. Kubista) und leitet die Arbeitsgruppe für Prädiktive Onkologie an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde (Vorstand: Univ.-Prof. Dr. P. Husslein). In der Brust-ambulanz werden die für die Forschungstätigkeit wichtigen klinischen Daten erhoben und ausgewertet. Die wissenschaftliche Tätigkeit umfasst klinische und experimentelle Untersuchungen, die sich mit der Pathogenese, dem Verlauf und der Therapie des Mammakarzinoms beschäftigen. Auf diesen Gebieten besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Klinischen Abteilung für Gynäkopathologie (Univ.-Prof. Dr. K. Czerwenka) sowie mit der Klinischen Abteilung für Onkologie (Univ.-Prof. Dr. W. Köstler). Enge Kooperationen bestehen auch mit der Veterinärmedizinischen Universität, der Universität Surrey, UK (Doz. Dr. Gernot Hudelist), und der Harvard School of Public Health, USA (Prof. Dr. S. Schneeweiss).

Persönliches
Christian Singer, geboren in Reutte/Tirol, hat nach Abschluss des Medizinstudiums an der Universität Innsbruck 1993 seine Dissertation ("Stromal-epitheliale Interaktionen beim Mammakarzinom") am "Vincent Lombardi Cancer Center" der Georgetown University in Washington, DC, verfasst, die mit dem Schönmann-Krebsforschungspreis ausgezeichnet wurde. Anschließend absolvierte Ch. Singer einen dreijährigen Forschungsaufenthalt (1997-2000) an der Universität Leeuwen in Belgien, wo er am Institut für Zelluläre Pathologie unter dem Nobelpreisträger Christian DeDuve die Rolle von Matrixmetalloproteinasen bei gewebelytischen Prozessen untersuchte. Seit 1997 ist Christian Singer an der Klinischen Abteilung für Spezielle Gynäkologie tätig, 2002 wurden ihm die Venia docendi verliehen. 2004 wurde er Facharzt für Gynäkologie und Frauenheilkunde. Nach erfolgreichem Abschluss seines Gesundheitsökonomiestudiums wurde ihm 2005 der Master of Public Health (MPH) Degree der Harvard University in Boston, USA, verliehen.Für seine wissenschaftliche Tätigkeit wurde Professor Singer mit einer Reihe von Preisen ausgezeichnet (Aventis Preis, Theodor-Billroth-Preis der Ärztekammer für Wien, Schönmann-Krebsforschungspreis, weiters zahlreiche Leistungs-, Förderungs- und Reisestipendien sowie Posterpreise).

Literatur

  1. Singer CF, Fink-Retter A, Gschwantler-Kaulich D, Thalhammer T, Hudelist G, Mueller R, Czerwenka K, Kubista E. Selective spatial up-regulation of intratumoral stromal aromatase in breast cancer patients: evidence for imbalance of local estrogen metabolism.Endocrine-Related Cancer 2006;13:1101-7.
  2. Hudelist G, Wuelfing P, Kersting C, Burger H, Mattsson B, Czerwenka K, Kubista E, Gschwandtler-Kaulich D, Fink-Retter A, Singer CF, Gnant M. Expression of aromatase and estrogen sulfotransferase (EST) in preinvasive and invasive breast cancer. Journal of Cancer Research and Clinical Oncology 2008 Jan;134(1):67-73. Epub 2007 Jul 28.
  3. Kubista E, Planellas-Gomez JVM, Dowsett M, Foidart JM, Pohlodek K, Serreyn R, Nechushkin M, Manikhas AG, Semiglazov VF, Hageluken CCM, Singer CF. Effect of Tibolone on Breast Cancer Cell Proliferation in postmenopausal ER+ patients: results from a double-blind, placebo-controlled, randomized Clinical Trial (STEM). Clinical Cancer Research, 2007 Jul 15;13(14):4185-90.

Kontakt
ao. Univ.-Prof. Dr. Christian Singer, MPH
Universitätsklinik für Frauenheilkunde
Klinische Abteilung für Spezielle Gynäkologie
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