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Dr.in Lisa-Marie Appel
MedUni Wien RESEARCHER OF THE MONTH, Dezember 2024
Die Jury „Researcher of the Month” verleiht die Auszeichnung für diesen Monat Frau Dr.in Lisa-Marie Appel aus Anlass der im Top-Journal „Nature Communications“ (IF 16.6) erschienenen Arbeit “The SPOC domain is a phosphoserine binding module that bridges transcription machinery with co- and post-transcriptional regulators“ [1]. Die multidisziplinäre Studie entstand an den Max Perutz Labs, einem Joint Venture der Medizinischen Universität Wien und der Universität Wien, in der Arbeitsgruppe von Assoz.-Prof.in Dr.in Dea Slade (Leiterin des Strahlenbiologie-Labors an der Universitätsklinik für Radioonkologie) in Zusammenarbeit mit den Bioinformatikern Dr. Vedran Franke und Dr. Altuna Akalin vom Max Delbrück Center Berlin, der Arbeitsgruppe von Univ.-Prof.in Dipl-Ing.in Dr.in Kristina Djinovic-Carugo (Universität Wien und EMBL Grénoble), der Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. Dr. Bojan Zagrovic (Universität Wien), sowie der Arbeitsgruppe von Prof.in Dr.in Stefanie Kaiser (Goethe Universität Frankfurt).
SPOC: Eine vielseitige Phosphoserin-Leser-Domäne in der Regulation der Genexpression
Die Regulation der Genexpression ist von entscheidender Bedeutung für die Etablierung und Aufrechterhaltung der zellulären Identität. Fehlregulierung kann zu Entwicklungsstörungen und Krebsentstehung beitragen. Genexpression wird auf unterschiedlichen Ebenen reguliert, sowohl während der Transkription, dem Umschreiben von DNA zu mRNA, als auch posttranskriptionell durch Kontrolle der mRNA-Stabilität oder des Translationsschrittes, bei dem basierend auf der mRNA-Sequenz Proteine gebildet werden. Die Proteindomäne SPOC (Spen paralogue and orthologue C-terminal domain) kommt in verschiedenen Proteinen vor, die an diesen Schritten beteiligt sind, unter anderem in den humanen Proteinen PHF3, DIDO, RBM15 und SHARP. Mutationen dieser Proteine sind häufig mit Störungen der Embryonalentwicklung und Krebserkrankungen assoziiert [2].
Die SPOC-Domäne von PHF3 wurde kürzlich als Leser der phosphorylierten C-terminalen Domäne (CTD) von RNA Polymerase II (Pol II), dem Enzymkomplex, der während der Transkription DNA in RNA umschreibt, identifiziert [3]. Die Pol II CTD ist ein flexibler, unstrukturierter Proteinteil, der aus mehreren Wiederholungen der Aminosäuresequenz YSPTSPS besteht, und wird zur Koordination der verschiedenen Transkriptionsphasen dynamisch phosphoryliert. Zwei positiv geladene Oberflächenfelder auf der PHF3-SPOC-Domäne spielen eine ausschlaggebende Rolle bei der Erkennung der phosphorylierten Pol II CTD [3]. Die nun prämierte Studie zeigt, dass diese Felder in den Proteinen DIDO, RBM15 und SHARP trotz einer allgemein geringen Sequenzübereinstimmung konserviert sind. Alle vier SPOC-Domänen binden phosphorylierte CTD-Peptide, wenn auch mit unterschiedlicher Affinität und Spezifität. Die PHF3- und DIDO-SPOC-Domänen binden in erster Linie an CTD-Peptide, die an zwei Serin-2-Resten in benachbarten YSPTSPS-Wiederholungen phosphoryliert sind, und vermitteln damit Interaktionen mit Pol II und der Transkriptions-Elongations-Maschinerie. Im Gegensatz dazu zeigen RBM15- und SHARP-SPOC eine Präferenz für Serin-5-phosphorylierte Peptide und weisen eine vergleichsweise geringere Affinität auf. Zusätzlich bindet RBM15 über seine SPOC-Domäne den Enzymkomplex, der m6A, die häufigste mRNA-Modifikation, anbringt, während die SHARP-SPOC-Domäne an das m6A-Leser-Protein FMR1 bindet. Der Verlust von RBM15 oder seiner SPOC-Domäne führt zu einer globalen Verringerung des m6A-Spiegels in der mRNA, was einen Einfluss auf die Stabilität, den Export und die Translation der mRNA haben kann. Während PHF3 und DIDO mit dem Pol-II-Elongationskomplex assoziiert sind, um die Transkription direkt zu beeinflussen [3] [4], scheinen RBM15 und SHARP das post-transkriptionelle Schicksal der mRNA zu koordinieren, indem sie m6A-Schreiber- oder Leser-Proteine rekrutieren.
Diese Studie etabliert die SPOC-Domäne als anpassungsfähige Phosphoserin-Leser-Domäne, die sowohl an die RNA Polymerase, die DNA in mRNA transkribiert, als auch an Proteine, die mRNA auf post-transkriptioneller Ebene regulieren, bindet. Die multivalenten Interaktionen der SPOC-Proteine stellen eine entscheidende Verbindung zwischen Transkription und RNA-Stoffwechsel her und gewährleisten eine präzise Regulation der Genexpression. Damit stellt die Studie den ersten Schritt in Richtung eines umfassenden Verständnisses darüber dar, wie die Deregulierung von SPOC-Proteinen zu Entwicklungsstörungen und Krebserkrankungen führen kann.
Wissenschaftliches Umfeld
Dr.in Lisa-Marie Appel begann ihre wissenschaftliche Laufbahn in der Arbeitsgruppe von Assoz.-Prof.in Dr.in Dea Slade bereits während ihres Bachelorstudiums. Zunächst forschte sie an der Frage, wie Histon-Deacetylasen die Sensitivität von Zellen auf Bestrahlung und DNA-schädigende Chemikalien beeinflussen. Nach einem Praktikum in der Pharmaindustrie kehrte sie für ihre Masterarbeit ins Labor von Assoz.-Prof.in Dr.in Dea Slade zurück. Seitdem widmete sie sich der Erforschung von SPOC-Proteinen und deren Rolle in der co- und post-transkriptionellen Regulation der mRNA-Expression. Diese Arbeit setzte sie sowohl mit ihrer PhD-Thesis zum Thema „The SPOC domain in transcription regulation“ als auch als PostDoc fort. Im Zuge ihrer Forschungstätigkeit hat Dr.in Lisa-Marie Appel bereits an diversen internationalen Konferenzen teilgenommen und dort ihre Forschung präsentiert. Während ihres Studiums erhielt sie mehrere Stipendien und wurde 2019 im Rahmen des Molecules of Life Annual Retreat mit dem FEBS Journal Poster Preis ausgezeichnet.
Zur Person
Dr.in Lisa-Marie Appel absolvierte von 2012-2017 ihr Bachelor- und Masterstudium in Molekularer Biologie an der Universität Wien. Im Februar 2018 begann sie ihr PhD-Studium, wobei sie in das vom FWF finanzierten Doktoratskolleg „Integrative Strukturbiologie“ eingebunden war. Im April 2022 schloss sie das PhD-Studium „Molecular Biosciences“ an der Universität Wien und Medizinischen Universität Wien ab. Seitdem ist Dr.in Lisa-Marie Appel als PostDoc an der Universitätsklinik für Radioonkologie der Medizinischen Universität Wien in der Arbeitsgruppe von Assoz.-Prof.in Drin Dea Slade tätig. Neben ihrer Forschungstätigkeit beteiligt sie sich an der Ausbildung junger Wissenschafter:innen und betreut Bachelor-, Master- und PhD-Student:innen bei der praktischen Arbeit im Labor.
Ausgewählte Literatur
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Appel LM, et al. The SPOC domain is a phosphoserine binding module that bridges transcription machinery with co- and post-transcriptional regulators. Nat Commun. 2023;14(1):166. doi:10.1038/s41467-023-35853-1
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Appel LM, et al. SPOC domain proteins in health and disease. Genes Dev. 2023;37(5-6):140-170. doi:10.1101/gad.350314.122
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Appel LM, Franke V, Bruno M, Grishkovskaya I, et al. PHF3 regulates neuronal gene expression through the Pol II CTD reader domain SPOC. Nat Commun. 2021;12(1):6078. doi:10.1038/s41467-021-26360-2
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Benedum J, et al. The SPOC proteins DIDO3 and PHF3 co-regulate gene expression and neuronal differentiation. Nat Commun. 2023;14(1):7912. doi:10.1038/s41467-023-43724-y