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2021 Dezember - Stephan Listabarth

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Dr. Stephan Listabarth

MedUni Wien RESEARCHER OF THE MONTH, Dezember 2021

Die Jury „Researcher of the Month” verleiht die Auszeichnung für diesen Monat Herrn Dr. Stephan Listabarth aus Anlass der im Top-Journal „Alzheimer’s and Dementia“ (IF 17.127) erschienenen Arbeit “Does thiamin protect the brain from iron overload and alcohol-related dementia?” [1]. Diese Publikation entstand im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen der Arbeitsgruppe von Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Dr. Benjamin Vyssoki (Univ. Klinik für Psychiatrie u. Psychotherapie, Klinische Abteilung für Sozialpsychiatrie) und Dr. Simon Hametner, PhD (Universitätsklink für Neurologie, Abteilung für Neuropathologie und Neurochemie).

Schützt Vitamin B1 das Gehirn vor alkohol-assoziierter Demenz?

In Österreich leiden zumindest 5% aller Menschen ab 16 Jahren an einer Alkoholabhängigkeit. Umgerechnet entspricht dies ca. 365.000 Menschen. Diese sind hierdurch den gefährlichen gesundheitlichen Konsequenzen des gesteigerten Alkoholkonsums ausgesetzt. Eine der schwerwiegendsten Folgeerkrankungen in diesem Zusammenhang ist die „alkoholassoziierte Demenz“ – eine Reduktion der kognitiven Leistungsfähigkeit, vor allem der Gedächtnis- und Abstraktionsleistung.
Der genaue Pathomechanismus, durch welchen es zu dieser alkoholbedingten Gehirnschädigung kommt, ist allerdings noch weitgehend ungeklärt.
Die in dieser Arbeit erstmals beschriebene Hypothese bietet nun eine Erklärung: Alkoholkonsum führt einerseits zu einem erhöhten Eisenspiegel im Blut und andererseits zu einem Mangel an Vitamin B1 (Thiamin), welches unter anderem für das Aufrechterhalten der Blut-Hirn-Schranke wesentlich ist. Treten nun diese beide Umstände gleichzeitig auf, kann sich, durch die Störung der Blut-Hirnschranke, vermehrt Eisen innerhalb des Gehirns ablagern. Von einigen neurodegenerativen Erkrankungen ist bereits bekannt, dass solche Eisenablagerungen im Gehirn für Schädigungen des Nervengewebes verantwortlich sind.

Diese erstmals beschriebene Rolle des Vitamin B1 innerhalb dieses Prozesses könnte einen großen Fortschritt im Verständnis der Entstehung von alkoholassoziierten neurologischen Schädigungen bedeuten und vor allem auch einen neuen Angriffspunkt für präventive und therapeutische Ansätze darstellen. So könnte in Zukunft eine kontinuierliche Substitution von Vitamin B1 präventiv eingesetzt werden und der Einsatz von Medikamenten zur Senkung des Eisenspiegels (z.B.: Chelatoren), wie dies bereits bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen der Fall ist, evaluiert werden.

Wissenschaftliches Umfeld

Bereits während seines Studiums (2012-2019 Humanmedizin, Medizinische Universität Wien) engagierte sich Dr. Stephan Listabarth in der Arbeitsgruppe von Assoc. Prof. Priv.-Doz. DDr. Benjamin Vyssoki (Univ. Klinik für Psychiatrie u. Psychotherapie, Klinische Abteilung für Sozialpsychiatrie) und sammelte dort erste wissenschaftliche Erfahrung. Gemeinsam mit DDr. Daniel König-Castillo und weiteren KollegInnen der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinische Abteilung für Sozialpsychiatrie, widmet sich diese Forschungsgruppe den vielen unterschiedlichen Aspekten der Alkoholabhängigkeit. Konkret werden die Bereiche Epidemiologie, neurobiologische Grundlagen, Prävention, Therapieoptionen und Management von PatientInnen mit schweren Folgeerkrankungen (alkohol-induzierte Lebererkrankungen, kognitive Folgeerscheinungen) erforscht. Die Zielsetzung dabei ist es, zu einer Optimierung der Behandlung einer PatientInnenpopulation beizutragen, die im wissenschaftlichen Diskurs oft eine untergeordnete Rolle spielt und deren epidemiologische Relevanz außerdem noch immer unterschätzt wird.

Im Rahmen seiner prospektiven Dissertationsstudie forscht Dr. Stephan Listabarth zum Thema Vitamin-B1-Substitution bei Alkoholabhängigkeit. Darüber hinaus strebt die Forschungsgruppe, aufbauend auf der publizierten Hypothese, die Durchführung einer Studie an, die spezielle zerebrale Eisenablagerungen und deren Bedeutung für kognitive Symptome bei PatientInnen mit Alkoholabhängigkeit untersuchen soll. Da in diesem Zusammenhang die neuroradiologische Quantifizierung der Eisenablagerungen essentiell ist, wurde eine Kooperation sowohl mit WissenschaftlerInnen innerhalb der Medizinischen Universität Wien (Univ. Prof. Dr.in Daniela Prayer; Assoc. Prof. Dipl-Ing. Dr. Albrecht Ingo Schmid; Dr. Simon Hametner, PhD; Assoc. Prof. Priv. Doz. Dr. Martin Bauer, PhD) als auch auf internationaler Ebene mit Assoc. Prof. Dr. Alexander Rauscher (University of British Columbia) aufgebaut. In dieser Zusammenarbeit wurde eine Studie designt und ein entsprechender Finanzierungsantrag beim “Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung / Programm Klinische Forschung” (FWF KLIF) eingereicht.

Zur Person

Stephan Listabarth wurde 1993 in Wien geboren und schloss 2019 das Studium der Humanmedizin an der Medizinischen Universität Wien ab. Anschließend begann er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universitätsklink für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinische Abteilung für Sozialpsychiatrie mit dem Doktoratsstudium der medizinischen Wissenschaften (N790) im Bereich “Mental Health and Behavioral Medicine“. Seit Dezember 2020 ist er als Assistenzarzt an der Univ. Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie tätig. Neben seiner Forschungstätigkeit beteiligt er sich auch an der Lehre im Rahmen des Humanmedizinstudiums und betreut Diplomarbeiten.

Ausgewählte Literatur

  1. Listabarth S, König D, Vyssoki B, Hametner S. Does thiamine protect the brain from iron overload and alcohol-related dementia? Alzheimers Dement. 2020 Nov;16(11):1591-1595.
  2. Listabarth S, Vyssoki B, Waldhoer T, Gmeiner A, Vyssoki S, Wippel A, Blüml V, Gruber M, König D. Hazardous alcohol consumption among older adults: A comprehensive and multi-national analysis of predictive factors in 13,351 individuals. Eur Psychiatry. 2020 Dec 21;64(1):e4.
  3. Listabarth S, Vyssoki B, Glahn A, Gmeiner A, Pruckner N, Vyssoki S, Wippel A, Waldhoer T, König D. The effect of sex on suicide risk during and after psychiatric inpatient care in 12 countries-An ecological study. Eur Psychiatry. 2020 Sep 7;63(1):e85.
  4. Listabarth S, Gmeiner A, Pruckner N, Vyssoki S, Wippel A, König D. When demand exceeds supply: Liver transplantation due to alcohol use disorder in Austria. Neuropsychiatr. 2020 Dec;34(4):157-163.
  5. Listabarth S, König D, Wippel A, Pruckner N, Castillo DM, Vyssoki S, Gmeiner A. Herausforderung Abstinenz – Fallbericht und Übersicht zur Therapie von Alkoholabhängigkeit bei Schwangerschaft [Challenge abstinence-a case report and overview on therapy of alcohol dependence during pregnancy]. Neuropsychiatr. 2020 Dec;34(4):171-174.
  6. Listabarth S, König D, Gmeiner A, Wippel A, Vyssoki B. End-stage liver disease in alcohol-dependent patients: Case report and overview on clinical management. Neuropsychiatr. 2019 Sep;33(3):160-164.
  7. Hinterbuchinger B, König D, Gmeiner A, Listabarth S, Fellinger M, Thenius C, Baumgartner JS, Vyssoki S, Waldhoer T, Vyssoki B, Pruckner N. Seasonality in schizophrenia-An analysis of a nationwide registry with 110,735 hospital admissions. Eur Psychiatry. 2020 May 11;63(1):e55.

Dr. Stephan Listabarth

Dr. Stephan Listabarth
Medizinische Universität Wien
Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Klinische Abteilung für Sozialpsychiatrie
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T: +43 (0)1 40400-35070
stephan.listabarth@meduniwien.ac.at