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Dr. Dino Mehic
MedUni Wien RESEARCHER OF THE MONTH, September 2024
Die Jury „Researcher of the Month” verleiht Herrn Dr. Dino Mehic aus Anlass der im Top-Journal „Journal of Thrombosis and Haemostasis“ (IF 16.0) erschienenen Arbeit „Risk factors for future bleeding in patients with mild bleeding disorders: longitudinal data from the Vienna Bleeding Biobank“ die Auszeichnung für diesen Monat.1
Die prospektive Studie entstand im Rahmen des PhD-Studiums von Dr. Mehic an der Klinischen Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie unter der Anleitung von Univ.-Prof.in Dr.in Ingrid Pabinger und Ap. Prof.in Dr.in Johanna Gebhart, PhD.
Risikofaktoren und Blutungsrisiko bei Patient:innen mit Blutungen unklarer Genese (Bleeding disorder of unknown cause)
Eine erhöhte Blutungsneigung stellt ein ernsthaftes medizinisches Problem dar, insbesondere bei Operationen, Nachblutungen nach Geburten oder verstärkten Menstruationsblutungen bei Frauen.2,3 Erst in den letzten zehn Jahren konnte auch mit prospektiven Daten aus der Vienna Bleeding Biobank nachgewiesen werden, dass bei einem Großteil von Patient:innen mit milder bis moderater Blutungsneigung keine Ursache gefunden werden kann.4,5 Dies erschwert das Management von Blutungsereignissen sowie die Planung von Operationen und Geburten, da eine zielgerichtete hämostatische Therapie nicht immer empfohlen werden kann. Patient:innen mit Blutungen unklarer Genese unterscheiden sich bezüglich ihres Blutungsphänotyps und des Schweregrades kaum von jenen mit anderen bekannten Blutungsneigungen wie dem Von-Willebrand-Syndrom (VWS) oder Thrombozytenfunktionsstörungen.6
Das allgemeine Blutungsrisiko und die Risikofaktoren für Blutungen wurden bisher nicht ausführlich untersucht.7,8 Zum ersten Mal konnten wir in einer prospektiven Kohortenstudie aufzeigen, dass Patient:innen mit Blutungen unklarer Genese ein generell hohes zukünftiges Blutungsrisiko und eine anhaltende Präsenz fast aller Blutungssymptome aufweisen.1 Zudem konnten wir feststellen, dass ein hoher Blutungsscore und eine lange Beobachtungsdauer mit einem gesteigerten Blutungsrisiko verbunden sind. Blutgruppe O,9 vorherige postoperative Blutungen und das Vorliegen einer definitiven Diagnose (wie VWS oder Thrombozytenfunktionsstörungen) waren mit einem erhöhten Risiko für Blutungen nach Operationen, Zahnextraktionen und Geburten assoziiert. Basierend auf unseren Daten sollte bei Patient:innen mit Blutungen unklarer Genese und hohem Blutungsrisiko eine hämostaseologische Prophylaxe, zum Beispiel mittels Tranexamsäure oder Desmopressin, vor chirurgischen Eingriffen oder Geburten niederschwellig verabreicht werden.10 Unsere Publikation und die Daten aus der Vienna Bleeding Biobank haben viel Anerkennung erfahren und wurden in einem Editorial von Prof. Will Thomas (University of Cambridge) im Zusammenhang mit unseren veröffentlichten Daten in einem Editorial gewürdigt.11
Wissenschaftliches Umfeld
Dr. Dino Mehic startete seine wissenschaftliche Laufbahn in der „Thrombosis and Haemostasis Research Group Vienna“ an der Klinischen Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie der Medizinischen Universität Wien. Die von Univ.-Prof. Dr. Cihan Ay und Univ.-Prof.in Dr.in Ingrid Pabinger geleitete Gruppe widmet sich der klinischen und translationalen Erforschung von Gerinnungsstörungen, insbesondere von Thrombosen und Blutungsneigungen.
Die Forschungsgruppe unterhält erfolgreiche Kooperationen mit diversen klinischen und vorklinischen Abteilungen der Medizinischen Universität Wien. Zusätzlich ist die Gruppe in das Comprehensive Cancer Center, den Cardiovascular Cluster, das Comprehensive Center for Cardiovascular Medicine sowie in den Spezialforschungsbereich SF54 ("Cellular Mediators Linking Inflammation and Thrombosis") integriert.
Nationale Kooperationen, besonders hervorzuheben ist das Österreichische Hämophilie-Register unter Univ.-Prof. Dr. Pabinger, erstrecken sich über ganz Österreich. Die Forschungsgruppe hat ebenso etliche internationale Partnerschaften etabliert, darunter eine langjährige Zusammenarbeit mit der University of North Carolina at Chapel Hill (Prof. Mackman und Prof.in Wolberg), durch die innovative Methoden in unser Labor integriert wurden. Auch Dr. Mehic konnte durch einen Aufenthalt in Chapel Hill einen Assay zur Plasmingenerierung in unserem Labor etablieren.
Zudem hat unsere Kooperation mit der University of Cambridge (Prof. Ouwehand) im Rahmen eines "high-throughput sequencing"-Projekts unsere Fähigkeit gestärkt, Patient:innen mit Blutgerinnungsstörungen, insbesondere mit unklarer Genese, genetisch zu erforschen. Eine Zusammenarbeit mit dem renommierten Thrombozytenforschungs-Experten Univ.-Prof. Dr. med. Tamam Bakchoul von der Universität Tübingen zielt darauf ab, die Thrombozyten von ITP-Patient:innen eingehender zu analysieren.
Die Forschung von Dr. Mehic konzentriert sich auf Störungen der primären Hämostase (Von-Willebrand-Syndrom, Thrombozytenfunktionsstörungen, Immunthrombozytopenie) sowie Blutungen unklarer Genese. Während seines PhD-Studiums hat Dr. Mehic als Erstautor zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten publiziert und seine Forschungsergebnisse auf international renommierten Kongressen präsentiert.12–14 Für seine Beiträge wurde er mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem „Mary Rodes Gibson Memorial Award“ der „American Society of Hematology“ (ASH) 2020 für das beste Abstrakt im Bereich der Gerinnungsforschung.
Zur Person
Dr. Dino Mehic studierte von 2012 bis 2018 Humanmedizin an der Medizinischen Universität Graz mit Auslandsaufenthalten in Spanien (Erasmus+), El Salvador und an der McGill University in Kanada. Nach dem Studienabschluss absolvierte er seine Basisausbildung an der Klinik Floridsdorf im Wiener Gesundheitsverbund.
Seit 2019 ist Dr. Mehic im PhD-Studium "Vascular Biology" (N094) der Medizinischen Universität Wien eingeschrieben, das er unter der Betreuung von Univ.-Prof.in Dr.in Ingrid Pabinger und Ap.Prof.in Dr.in Johanna Gebhart, PhD, absolviert. Parallel begann Dr. Mehic 2021 seine Facharztausbildung für Innere Medizin sowie Hämatologie/Onkologie an der Klinischen Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie. Dr. Mehic wurde auch mit dem "Physician Pathway Scholarship" der Medizinischen Universität Wien ausgezeichnet, was ihm ermöglichte, sich ein Jahr lang am Institut für Gefäßbiologie und Thromboseforschung unter der Leitung von Univ.-Prof. MMag. Dr. Alice Assinger mit Thrombozytenfunktionsforschung zu befassen.
International ist Dr. Mehic als Co-Chair des Scientific and Standardization Committee für "Von Willebrand factor" der International Society of Thrombosis and Haemostasis (ISTH) engagiert. Ebenso engagiert er sich im Early Career Reviewer Mentoring Program des Fachjournals "Journal of Thrombosis and Haemostasis" und war Teil des Junior Advisory Board beim European Congress for Thrombosis and Haemostasis (ECTH) im Jahr 2023.
Dr. Mehic leistet neben seiner Forschungstätigkeit auch einen Beitrag zur Lehre im Rahmen des Humanmedizinstudiums und betreut zahlreiche Diplomarbeiten.
Ausgewählte Literatur
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Mehic D, Neubauer G, Janig F, et al. Risk factors for future bleeding in patients with mild bleeding disorders: longitudinal data from the Vienna Bleeding Biobank. Journal of Thrombosis and Haemostasis. 2023;21(7):1757–1768.
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Mehic D, Pabinger I, Gebhart J. Investigating Patients for Bleeding Disorders When Most of the “Usual” Ones Have Been Ruled Out. Research and Practice in Thrombosis and Haemostasis. 2023;102242.
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Mehic D, Gebhart J, Pabinger I. Bleeding Disorder of Unknown Cause: A Diagnosis of Exclusion. Hamostaseologie. 2024;
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Gebhart J, Hofer S, Panzer S, et al. High proportion of patients with bleeding of unknown cause in persons with a mild-to-moderate bleeding tendency: Results from the Vienna Bleeding Biobank (VIBB). Haemophilia. 2018;24(3):405–413.
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Quiroga T, Goycoolea M, Panes O, et al. High prevalence of bleeders of unknown cause among patients with inherited mucocutaneous bleeding. A prospective study of 280 patients and 299 controls. Haematologica. 2007;92(3):357–365.
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Gebhart J, Hofer S, Kaider A, et al. The discriminatory power of bleeding assessment tools in adult patients with a mild to moderate bleeding tendency. European Journal of Internal Medicine. 2020;
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Veen CSB, Huisman EJ, Romano LGR, et al. Outcome of Surgical Interventions and Deliveries in Patients with Bleeding of Unknown Cause: An Observational Study. Thromb Haemost. 2021;121(11):1409–1416.
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Castle D, Desborough MJR, Kemp M, et al. Outcomes and management of pregnancy in women with bleeding disorder of unknown cause. J of Thrombosis Haemost. 2022;jth.15871.
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Mehic D, Hofer S, Jungbauer C, et al. Association of ABO blood group with bleeding severity in patients with bleeding of unknown cause. Blood advances. 2020;4(20):5157–5164.
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Baker RI, O’Donnell J. How I treat. Bleeding Disorder of Unknown Cause (BDUC). Blood. 2021;blood.2020010038.
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Thomas W. The natural history of bleeding disorder of unknown cause. J Thromb Haemost. 2023;21(7):1747–1749.
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Mehic D, Tolios A, Hofer S, et al. Elevated levels of tissue factor pathway inhibitor in patients with mild to moderate bleeding tendency. Blood advances. 2021;5(2):391–398.
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Mehic D, Kraemmer D, Tolios A, et al. The necessity of repeat testing for von Willebrand disease in adult patients with mild to moderate bleeding disorders. Journal of Thrombosis and Haemostasis. 2023;S1538783623007122.
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Mehic D, Machacek J, Schramm T, et al. Platelet function and soluble P-selectin in patients with primary immune thrombocytopenia. Thromb Res. 2023;223:102–110.