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2019 Jänner - Hugo Malagon-Vina

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Dr. Hugo Malagon-Vina

MedUni Wien RESEARCHER OF THE MONTH Jänner 2019                

Die Jury „Researcher of the Month” verleiht die Auszeichnung für diesen Monat Herrn Dr. Hugo Malagon-Vina aus Anlass der im Top-Journal „Nature Communications“ (IF 12.35) erschienenen Arbeit „Fluid network dynamics in the prefrontal cortex during multiple strategy switching“. [8]. Die multidisziplinäre Studie entstand im Rahmen des PhD-Studiums von Dr. Hugo Malagon-Vina am Zentrum für Hirnforschung in der Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. Dr. Thomas Klausberger (Leiter von Zentrum für Hirnforschung).

Der präfrontale Cortex steuert adaptives Verhalten

Der präfrontale Cortex steht im engen Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen wie z.B. Schizophrenie und Autismus. Daher ist es von großer Bedeutung, ein tieferes Verständnis seiner Rolle und der Beziehung zwischen dort ablaufenden Aktivitäten und unserer Wahrnehmung zu erlangen. Die Funktion des präfrontalen Cortex zeigt sich im täglichen Leben, wenn wir Entscheidungen treffen oder unser Verhaltensmuster, in Reaktion auf bestimmte Situationen, ändern müssen. Unsere sehr adaptiven neuronalen Netzwerke des präfrontalen Cortex erlauben uns, aus Fehlern zu lernen und bessere Entscheidungen zu treffen. Verhalten flexibel anzupassen und neue Regeln zu verstehen, ist eine Eigenschaft, die dem präfrontalen Cortex nicht nur bei Menschen [1] sondern auch Affen [2] und Nagetieren [3] zugeschrieben werden kann. Inwieweit und durch welche Mechanismen unsere Gehirnzellen im präfrontalen Cortex die Regeln von zielgerichtetem Verhalten abbilden, ist jedoch noch ungeklärt. Die bisherige Forschung zeigt, dass der präfrontale Cortex eine abrupte Veränderung des neuronalen Codes beim Wechsel von einem Verhaltensmuster zum anderen vornimmt [4]. Des Weiteren wurde bewiesen, dass diese Veränderung im Verhalten mit neuronaler Synchronisation einhergeht [5]. Bedeutet dies jetzt, dass jede Regel von einer spezifischen neuronalen Aktivität repräsentiert wird, wie es bereits beim räumlichen Coding im Hippocampus gezeigt wurde [6,7]? Was passiert mit der neuronalen Aktivität, wenn verschiedene Regeln nacheinander angewendet werden?

Ich habe gleichzeitig die neuronale Aktivität einer Vielzahl von Neuronen im präfrontalen Cortex erfasst und deren Aktivität auf das flexible Verhalten während multipler Regeländerungen bestimmt. Wir entdeckten, dass zwei komplementäre neuronale Populationen nicht nur mit der Effizienz der Entscheidungen korrelierende Feuerungsraten zeigten, sondern dass diese Korrelation auch während kontinuierlicher Regeländerungen stabil blieb. Spannend ist, dass simultan aufgezeichnete Neuronen in einen komplett neuen Aktivitätszustand übergingen, sobald ein Verhaltensmuster verinnerlicht war. Selbst dann, wenn eins der Verhaltensmuster bereits zuvor erlernt und durchgeführt wurde. Das deutet darauf hin, dass die Aktivität der Neuronen des präfrontalen Cortex sowohl Testerfolg als auch Strategiewechsel repräsentieren, aber keinesfalls dauerhaft einem bestimmten Verhaltensmuster zugeordnet werden können [8].

Wissenschaftliches Umfeld

Hugo Malagon-Vina begann 2010 seine wissenschaftliche Karriere als PhD-Kandidat an der Medizinischen Universität Wien. Er arbeitete vier Jahre unter der Leitung von Prof. Thomas Klausberger am Institut für Kognitive Neurobiologie des Zentrums für Hirnforschung und untersuchte die Aktivität des präfrontalen Cortex im Zusammenhang mit Entscheidungen, welche von Versuchstieren getroffen wurden, um Belohnungen zu erhalten. Hierbei nutzten ihm seine Erfahrungen aus den Neurowissenschaften, kombiniert mit seiner Expertise des maschinellen Lernens. Hugo Malagon-Vina konnte neue Zusammenhänge der neuronalen Widerspiegelung von Regeln und kognitiver Flexibilität zeigen [8]. Zusätzlich arbeitete er von 2010 bis 2014 mit Dr. Michael Lagler an Ableitungen der Aktivität von einzelnen Neuronen, in sich frei bewegenden Versuchstieren, um die Aktivität von identifizierten Interneuronen (parvalbumin-positive basket cells) im Zusammenhang mit dem Kurzzeitgedächtnis zu untersuchen. Sie zeigten, dass morphologisch gleiche Nervenzellen verschiedene neuronale Signale senden und unterschiedliche Nervenzellen modulieren und somit komplexes Verhalten codieren [9]. Um die Diversität und gleichzeitige Spezifizität der neuronalen Netzwerke genauer zuanalysieren, arbeitete Hugo Malagon-Vina mit Dr. Stéphane Ciocchi an einem Projekt im Hippocampus.

Zusammen untersuchten sie mithilfe optogenetischer Manipulation und Tetrodenableitungen  die Aktivität im und die neuronale Informationsübertragung vom ventralen Hippocampus an andere Gehirnregionen wie der Amygdala, dem Nucleus Accumbens und dem präfrontalen Cortex [10]. Sie konnten erstmals zeigen, dass verhaltensrelevante Signale vom ventralen Hippocampus selektiv an diese Gehirnareale übertragen werden. Von 2014 bis 2016 arbeitete Hugo Malagon-Vina mit Karola Käfer unter der Leitung von Prof. Josef Csicsvari am IST in Maria Gugging. In ihrer Tätigkeit analysierten sie die Auswirkungen von Überexpression und Ansammlung des DISC1 Proteins auf die Nervenzellaktivität im Hippocampus. Im Vergleich zu Kontrollgruppen konnten sie erstmalig Veränderungen der Netzwerkaktivität im Hippocampus aufgrund von DISC1 Überexpression und der damit verbundenen Änderungen des Dopaminhaushaltes nachweisen. Seit 2016 ist Dr. Hugo Malagon-Vina wieder an der Medizinischen Universität Wien in der Abteilung für Kognitive Neurobiologie tätig. Derzeit untersucht er die neuronalen Aktivitätsmuster des ventralen Hippocampus während Angstzuständen.

Zur Person

Dr. Hugo Malagon-Vina wurde 1982 in Mexiko City geboren, lebte aber bis zu seinem 25. Lebensjahr in Kolumbien. Seine Ausbildung zum Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik absolvierte er von 20032007 an der Universidad de Ibagué in Kolumbien mit dem Schwerpunkt auf der Analyse biomedizinischer Impulse. In den anschließenden Jahren erwarb er einen Master in Artificial Intelligence an der Katholieke Universiteit Leuven, Belgien. In seiner Diplomarbeit setzte er sich mit mathematischen Methoden zur Verbesserung der Erfassung biomedizinischer Impulse unter der Verwendung von Compressive Sampling auseinander. Im September 2010 begann Dr. Malagon-Vina seinen PhD an der Medizinischen Universität Wien in der Abteilung Kognitive Neurobiologie von Prof. Thomas Klausberger. Dort beschäftigte er sich mit neuronalen Populationsdynamiken im präfronatalen Cortex. Vor dem Abschluss seines PhD-Studiums arbeitete er 2 Jahre im Systems Neuroscience Lab bei Prof. Jozsef Csicsvari am IST Austria in Maria Gugging und teilte seine Expertise, um hippocampale Netzwerkdynamiken in Verbindung mit psychischen Erkrankungen zu untersuchen. 2016 kehrte Dr. Malagon-Vina an das Zentrum für Hirnforschung zurück und beschäftigt sich seitdem mit neuronalen Schaltkreisen bei Angstzuständen.

Ausgewählte Literatur

  1. Szczepanski SM, Knight RT. Insights into Human Behavior from Lesions to the Prefrontal Cortex. Neuron 83:1002–1018. (2014)
  2. Buckley MJ, Mansouri F a, Hoda H, Mahboubi M. Dissociable Components of Rule-Guided Behavior Depend on Distinct Medial and Prefrontal Regions. Science (80- ) 325:52–58. (2009)
  3. Rich EL, Shapiro ML. Rat Prefrontal Cortical Neurons Selectively Code Strategy Switches. J Neurosci 29:7208–7219. (2009)
  4. Durstewitz D, Vittoz NM, Floresco SB, Seamans JK. Abrupt transitions between prefrontal neural ensemble states accompany behavioral transitions during rule learning. Neuron 66:438–448. (2010)
  5. Karlsson MP, Tervo DGR, Karpova AY. Network Resets in Medial Prefrontal Cortex Mark the Onset of Behavioral Uncertainty. Science (80- ) 338:135–139. (2012)
  6. O’Keefe J, Nadel L. The hippocampus as a cognitive map. Oxford: Oxford University Press. (1978)
    Leutgeb S, Leutgeb JK, Barnes CA, Moser EI, McNaughton BL, Moser M-B, Our E, Leutgeb S, Leutgeb JK, Barnes CA, Moser EI, McNaughton BL, Moser M-B. Independent Codes for Spatial and Episodic Memory in Hippocampal Neuronal Ensembles. Science (80- ) 309:619–623. (2005)
  7. Malagon-Vina H, Ciocchi S, Passecker J, Dorffner G, Klausberger T. Fluid network dynamics in the prefrontal cortex during multiple strategy switching. Nat Commun 9:309. (2018)
  8. Lagler M, Ozdemir AT, Lagoun S, Malagon-Vina H, Borhegyi Z, Hauer R, Jelem A, Klausberger T. Divisions of Identified Parvalbumin-Expressing Basket Cells during Working Memory-Guided Decision Making. Neuron 91:1390–1401. (2016)
  9. Ciocchi S, Passecker J, Malagon-Vina H, Mikus N, Klausberger T. Brain computation. Selective information routing by ventral hippocampal CA1 projection neurons. Science 348:560–563. (2015)

Dr. Hugo Malagon-Vina

Department of Cognitive Neurobiology, Center for Brain Research
Medical University of Vienna,

Spitalgasse 4, A-1090, Vienna, Austria

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E-Mail: hugo.malagonvina@meduniwien.ac.at