Skip to main content English

2017 Dezember - Sandra Haider

Mag.a Sandra Haider, PhD

MedUni Wien RESEARCHER OF THE MONTH, Dezember 2017

Die Jury „Researcher of the Month” verleiht die Auszeichnung für diesen Monat Frau
Mag.a Sandra Haider, PhD, aus Anlass der im Top-Journal „Proceedings of the National Academy of Science“ (PNAS, IF 9.423) publizierten Arbeit Notch1 controls development of the extravillous trophoblast lineage in the human placenta. [1]. Die Studie entstand an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde (Medizinische Universität Wien), Arbeitsgruppe Reproductive Biology Unit, unter der Leitung von Ao. Univ-Prof. Dr. M. Knöfler.

Notch1 – ein kritischer Faktor für Überleben und Determinierung von Vorläuferzellen invasiver Trophoblasten in der humanen Plazenta

Epitheliale Trophoblasten stellen den Hauptzelltyp der humanen Plazenta dar. Man unterscheidet zwei unterschiedliche Arten: Einerseits vielkernige, durch Fusion von einzelnen Zellen entstandene Synzytien, die für Transportvorgänge und Hormonprodukion zuständig sind, und andererseits invasive, extravillöse Trophoblasten (EVT). Letztere wandern in den Uterus ein und adaptieren dort das mütterliche Gefäß- und Immunsystem  um eine erfolgreiche Schwangerschaft zu gewährleisten. Fehler in der Trophoblastendifferenzierung und dem erforderlichen Umbau der uterinen Gefässe führen zu einer Reihe von Schwangerschaftserkrankungen wie Präeklampsie, intrauterine Wachstumsretardierung,  Früh- oder  Fehlgeburten. Zusätzlich wird immer öfter gezeigt, dass eine fehlerhafte Entwicklung der Plazenta zu einer Reprogrammierung des wachsenden Föten führt und damit später zu einem erhöhten Risiko für das Auftreten kardio-vaskuläre Erkrankungen, Diabetes und Adipositas im Erwachsenenalter  ist [2]. Daher ist ein besseres Verständnis der molekularen Signalwege, welche  die Plazentaentwicklung steuern, dringend erforderlich.

Die Determinierung von Stammzellen, die später das Trophektoderm bilden – der Vorläufer der Plazenta – findet bereits im 8-Zell Stadium der Blastozyste statt [3]. Aus dem Trophektoderm entwickeln sich primäre, sekundäre und tertiäre Zottenbäume. Letztere bestehen aus stromalen und endothelialen Zellen, die von epithelialen Trophoblasten umgeben sind [4]. Zu diesem Zeitpunkt besitzen die Vorläuferzellen das Potential, in beide Trophoblasten-Subtypen zu differenzieren [5]. Unklar ist, wie lange dieses Potential bestehen bleibt, und ob es zu einem späteren Zeitpunkt eine oder zwei Vorläuferzellen für die Synzytien- und EVT-Differenzierung gibt [6, 7]. Obwohl in den letzten Jahren Stammzellfaktoren für den Erhalt der Synzytien-Vorläuferzellen, wie p63 [8] und OVOL1 [9] identifiziert werden konnten, sind bislang noch keine Faktoren bekannt, die für die Entstehung und Erhaltung der EVT-Vorläufer verantwortlich sind.

In dieser Studie konnte erstmals gezeigt werden, dass ein Rezeptor der Notch-Familie, Notch1, eine essentielle Rolle in der EVT-Entwicklung spielt. Die Ergebnisse demonstrierten, dass Notch1 unerlässlich für die Bildung und das Überleben der EVT-Vorläuferzellen, der sogenannten Zellsäulentrophoblasten, ist. Zusätzlich bewirkte eine Überexpression dieses Rezeptors, dass Vorläuferzellen des Synzytiums in EVT-Vorläufer umprogrammiert wurden. In dieser Studie konnte somit der erste, für die Entwicklung der EVT Linie essentielle, Rezeptor und Signaltransduktionsweg, identifiziert werden.

Wissenschaftliches Umfeld

Nach ihrer Ausbildung zur biomedizinischen Analytikerin studierte Sandra Haider Molekularbiologie an der Universität Wien und absolvierte das PhD-Programm an der MedUni Wien. Sie arbeitet und forscht seit 1997 an der Reproductive Biology Unit der Universitätsklinik für Frauenheilkunde an der Medizinischen Universität Wien unter der Leitung von Ao. Univ.-Prof. M. Knöfler. Im Jahr 2000 absolvierte sie einen Auslandsaufenthalt am St. Mary’s Hospital in Manchester, UK. Im Zuge dessen eignete sie sich die Explantat-Technik zum Studium von Trophoblasten in Gewebsverbänden an, und etablierte nach ihrer Rückkehr dieses Zellkulturmodell im Labor der Reproductive Biology Unit. In ihrer Dissertation untersuchte sie die Rolle des Notchsignalwegs  während der frühen Plazenta-Entwicklung und veröffentlichte diese Daten im wissenschaftlichen Journal „Endocrinology“ [10]. Weiterführende Studien identifizierten letztendlich den Rezeptor Notch1 als einen für das Überleben und Wachstum von EVT Vorläuferzellen essentiellen Faktor [1]. Diese Entdeckung wurde 2016 von der „Society of Reproductive Investigations“ mit dem „Junior Scientific Award“ ausgezeichnet. Neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit ist Sandra Haider auch Mitglied im „European Placenta Group Planning Committee“.

Zur Person

Sandra Haider wurde 1974 in Oberösterreich geboren. 1993 maturierte sie mit gutem Erfolg in Baden (Niederösterreich). Die anschließende Ausbildung zur biomedizinischen Analytikerin absolvierte sie 1997 mit Auszeichnung. Kurz darauf startete sie ihre Forschungstätigkeit an der Univ. Klinik für Frauenheilkunde (Reproductive Biology Unit) an der Medizinischen Universität Wien unter der Leitung von Ao. Univ.-Prof. M. Knöfler. Von 2004 bis 2010 studierte sie Molekularbiologie an der Universität Wien und diplomierte mit Auszeichnung. Ihr nachfolgendes Doktoratsstudium an der Medizinischen Universität Wien, mit dem Schwerpunkt „Molekulare Signaltransduktion“, beendete sie 2015 ebenfalls mit Auszeichnung. Sie arbeitet nach wie vor  an der Reproductive Biology Unit der Frauenheilkunde.

Ausgewählte Literatur

1.    Haider S, Meinhardt G, Saleh L, Fiala C, Pollheimer J, Knöfler M. Notch1 controls development of the extravillous trophoblast lineage in the human placenta. Proc Natl Acad Sci U S A. 2016 Nov 29;113(48):E7710-E7719.

2.     Burton GJ1, Fowden AL1, Thornburg KL1. Placental Origins of Chronic Disease. Physiol Rev. 2016 Oct;96(4):1509-65.

3.     Zdravkovic T, Nazor KL, Larocque N, Gormley M, Donne M, Hunkapillar N, Giritharan G, Bernstein HS, Wei G, Hebrok M, Zeng X, Genbacev O, Mattis A, McMaster MT, Krtolica A, Valbuena D, Simón C, Laurent LC, Loring JF, Fisher SJ. Human stem cells from single blastomeres reveal pathways of embryonic or trophoblast fate specification. Development. 2015 Dec 1;142(23):4010-25.

4.     Hamilton WJ, Boyd JD. Development of the human placenta in the first three months of gestation. J Anat. 1960 Jul;94:297-328.

5.     Aplin JD. Developmental cell biology of human villous trophoblast: current research problems. Int J Dev Biol. 2010;54(2-3):323-9.

6.     Genbacev O1, Donne M, Kapidzic M, Gormley M, Lamb J, Gilmore J, Larocque N, Goldfien G, Zdravkovic T, McMaster MT, Fisher SJ. Establishment of human trophoblast progenitor cell lines from the chorion. Stem Cells. 2011 Sep;29(9):1427-36.

7.     James JL, Stone PR, Chamley LW. The isolation and characterization of a population of extravillous trophoblast progenitors from first trimester human placenta. Hum Reprod. 2007 Aug;22(8):2111-9.

8.     Li Y, Moretto-Zita M, Leon-Garcia S, Parast MM. p63 inhibits extravillous trophoblast migration and maintains cells in a cytotrophoblast stem cell-like state. Am J Pathol. 2014 Dec;184(12):3332-43.

9.     Renaud SJ1, Chakraborty D2, Mason CW3, Rumi MA2, Vivian JL2, Soares MJ. OVO-like 1 regulates progenitor cell fate in human trophoblast development. Proc Natl Acad Sci U S A. 2015 Nov 10;112(45):E6175-84

10.    Haider S, Meinhardt G, Velicky P, Otti GR, Whitley G, Fiala C, Pollheimer J, Knöfler M. Notch signaling plays a critical role in motility and differentiation of human first-trimester cytotrophoblasts. Endocrinology. 2014 Jan;155(1):263-74.


Mag.a Sandra Haider, PhD

Medizinische Universität Wien
Reproductive Biology Unit
Universitätsklinik für Frauenheilkunde
1090 Wien, Währinger Gürtel 18-20
T: +43 (0)1 40400-78220
E-Mail: sandra.haider@meduniwien.ac.at