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2020 Mai - Martin Tauschmann

Dr. Martin Tauschmann

MedUni Wien RESEARCHER OF THE MONTH, Mai 2020

Die Jury „Researcher of the Month” verleiht die Auszeichnung für diesen Monat Herrn Dr. Martin Tauschmann aus Anlass der im Top-Journal „Diabetes Care“ (IF 15.3) erschienenen Arbeit „Home Use of Day-and-Night Hybrid Closed-Loop Insulin Delivery in Very Young Children: A Multicenter, 3-Week, Randomized Trial.“ (1).

Die Studie entstand im Rahmen des „KidsAP“ Projektes, eines multinationalen Konsortiums finanziert durch das Horizon-2020-Programm der Europäische Kommission. Ziel des Projektes ist die Testung eines „Closed Loop Insulin Delivery“ Systems (auch „Artificial Pancreas“ od. „Künstliche Bauchspeicheldrüse“ genannt) in Kleinkindern und Vorschulkindern mit Typ 1 Diabetes (ein bis sieben Jährige) in Europa. Koordiniert wird dieses Projekt durch die Universität Cambridge, Vereinigtes Königreich, unter der Führung von Professor Dr. R. Hovorka. Das Workpackage dieser Pilotstudie leitete Prof.in Dr.in B. Rami-Merhar (Arbeitsgruppe Pädiatrische Diabetologie, Klinische Abteilung für Pädiatrische Pulmologie, Allergologie und Endokrinologie, Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Wien). Unter den internationalen Projektpartnern finden sich neben der Medizinischen Universität Wien und der Universität Cambridge auch die Medizinischen Universitäten in Graz (PD.in Dr.in E. Fröhlich-Reiterer) und Innsbruck (Assoz.Prof.in PD.in Dr.in Sabine Hofer), die Universität Leipzig (PD. Dr. T. Kapellen), das Center Hospitalier de Luxembourg in Luxemburg (Dr.in C. de Beaufort, PhD), sowie die Universität Edinburgh (Prof.in J. Lawton).
urg in Luxemburg (Dr.in C. de Beaufort, PhD), sowie die Universität Edinburgh (Prof.in J. Lawton).

Closing the loop – eine künstliche Bauchspeicheldrüse für Kleinkinder mit Typ 1 Diabetes

Trotz der ständigen Weiterentwicklung immer physiologischerer Insulinpräparate und der jüngsten Fortschritte in der Insulinpumpen- und Glukosesensor- Technologie (2) bleibt es für Patienten mit Typ 1 Diabetes eine Herausforderung den Blutzucker im normoglykämischen Zielbereich zu halten und gleichzeitig das Auftreten von Hypoglykämien zu vermeiden, insbesondere für Klein- und Vorschulkinder.

Die Insulinabgabe mittels „Closed Loop Insulin Delivery“ Systemen ist eine aufstrebende Technologie, die allmählich von Testungen in klinischen Studien in die klinische Praxis drängt (2). Closed Loop Systeme kombinieren die kontinuierliche subkutane Glukosemessung (CGM) mit automatischer Glukose-abhängiger Insulinabgabe via Insulinpumpe gesteuert durch einen Computeralgorithmus. Resultate aus klinischen Studien von Closed Loop Systemen - bisher hauptsächlich durchgeführt in Erwachsenen aber auch in Jugendlichen und Schulkinder mit Typ 1 Diabetes - sind vielversprechend im Hinblick auf eine Verbesserung der Stoffwechsellage bei gleichzeitiger Reduktion der Hypoglykämie-Häufigkeit (2-6). Ein erstes dieser Systeme, das Medtronic 670G System, ist auch in Österreich kommerziell verfügbar, jedoch bis dato nur für PatientInnen mit Typ 1 Diabetes ab einem Alter von 7 Jahren zugelassen. Die Datenlage betreffend den Einsatz von Closed Loop Systemen in der Altersgruppe der sehr jungen Kinder ist limitiert. Zusätzlich scheint Einzelberichten zu Folge die Verwendung von verdünntem Insulin bei Kleinkindern von Vorteil zu sein, v.a. was die Reduktion der glykämische Variabilität und des Auftretens ungeklärten Hyperglykämie, sowie von Pumpenkatheter-Fehlern betrifft.

Die im April 2019 publizierten Studie diente als Machbarkeitsstudie für den Einsatz eines durch die Universität Cambridge entwickelten Closed Loop Systems bei PatientInnen im Alter von 1 bis 7 Jahren (1). In dieser Pilotstudie mit multizentrischem, multinationalen, randomisierten Crossover-Studiendesign konnten 24 Kinder mit Typ 1 Diabetes eingeschlossen werden. Jede/r TeilnehmerIn absolvierte zwei 21-tägige Perioden unter Verwendung eines Closed Loop Systems mit verdünntem Insulin (U20) bzw. eines Closed Loop Systems mit Standardinsulin (U100) in zufälliger Reihenfolge. Die Systeme wurden von den Familien im alltäglichen Leben ohne Überwachung durch das Studienteam verwendet.

In beiden Studienarmen zeigte sich ein hoher Zeitanteil mit Sensorglukose-Werten im Zielbereich zwischen 70 und 180mg/dl (primärer Endpunkt; 72 ± 8% mit Standardinsulin vs. 70 ± 7% mit verdünntem Insulin; p = 0,16). Auch die erreichten mittleren Glukosespiegel waren vergleichbar (144 ± 14 mg/dl vs. 148 ± 11 mg/dl; p = 0,14). Der Anteil der Zeit mit Sensorglukose-Werten im hypoglykämischen Bereich war in beiden Studienarmen gering und fast ident (<70mg/dl: 4,5 ± 1,7% vs. 4,7 ± 1,4%; p = 0,47). Weiters kam es zu keinen mit dem System assoziierten schweren Hypoglykämie oder Ketoazidosen.

Somit konnten Dr. Tauschmann et al. in der bis zum Zeitpunkt der Publikation längsten und größten Closed Loop Studie in dieser Studienpopulation nachweisen, dass der Einsatz eines Closed Loop Systems bei Klein – und Vorschulkindern mit Typ-1-Diabetes zu Hause im Alltag ohne Überwachung machbar, sicher und effektiv ist. Die Verwendung von verdünntem Insulin in Closed loop Systemen schien jedoch keine zusätzlichen Vorteile im Vergleich zu Standardinsulin zu bringen.

Basierend auf den Erfahrungen und Daten dieser Pilotstudie wurde die Hauptstudie des KidsAP Projektes designt, die im Oktober 2019 in Österreich angelaufen ist, und für die insgesamt 72 Kinder im Alter zwischen 1 und 7 Jahren europaweit rekrutiert werden.

Wissenschaftliches Umfeld

Dr. Tauschmann begann seine wissenschaftliche Tätigkeit an der Univ.Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde Graz in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Martin Borkenstein (Diabetes und Endokrinologie). Später wechselte er auch an die Univ. Klinik für Innere Medizin Graz in eine Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Thomas Pieber an der klinischen Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie. Von September 2013 bis Dezember 2017 war Dr. Tauschmann als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Roman Hovorka (Artificial Pancreas Group) am Wellcome-Trust MRC Institute of Metabolic Science der Universität Cambridge, Vereinigtes Königreich, tätig (Leitung: Prof. Dr. Stephen O'Rahilly), im Zuge dessen er auch ein PhD Studium im Department of Paediatrics (Leitung: Prof. Dr. David Rowitch) absolvierte (Titel der PhD Thesis: „The Artificial Pancreas in Children and Adolescents with Type 1 Diabetes: Bringing Closed-Loop Home“). Nach seiner Rückkehr nach Österreich setzt Dr. Tauschmann nun seit Juli 2018 seine Facharztausbildung in Pädiatrie an der Univ. Klinik für Kinder-u. Jugendheilkunde Wien fort (Klinische Abteilung für Pädiatrische Pulmologie, Allergologie und Endokrinologie; Leitung: Prof.in Dr.in Susanne Greber-Platzer, MBA) und ist in der Arbeitsgruppe von Prof.in Dr.in Birgit Rami-Merhar (Diabetologie) tätig. Für seine Publikationen im Diabetestechnologie-Bereich wurde Dr. Tauschmann 2018 mit dem Young Investigator Award der International Society for Pediatric and Adolescent Diabetes (ISPAD) ausgezeichnet, 2019 erhielt er den Langerhans Preis der Österreichischen Diabetes Gesellschaft.

Zur Person

Dr. Tauschmann wurde 1982 in Graz geboren. Er studierte von 2002 bis 2009 Humanmedizin an der Medizinischen Universität Graz. Nach dem Studium war er als Assistenzarzt an der Univ. Klinik für Kinder-und Jugendheilkunde Graz, Department für Allgemeinpädiatrie (Leitung Prof. W. Muntean) und an der Univ. Klinik für Innere Medizin, Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie (Prof. Dr. T. Pieber) tätig. Im September 2013 wechselte Dr. Tauschmann an die Universität Cambridge, wo er als Clinical Research Fellow am Institute of Metabolic Science arbeitete und auch ein PhD Studium am Department of Pediatrics der Universität Cambridge abschloss. Im Juli 2018 wechselte er an die Klinische Abteilung für Pädiatrische Pulmologie und Endokrinologie der Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, wo er sich zurzeit in Ausbildung zum Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde befindet.

Ausgewählte Literatur

  1. Tauschmann M, Allen JM, Nagl K, Fritsch M, Yong J, Metcalfe E et al. Home Use of Day-and-Night Hybrid Closed-Loop Insulin Delivery in Very Young Children: A Multicenter, 3-Week, Randomized Trial. Diabetes Care. 2019 Apr;42(4):594-600.
  2. Tauschmann M, Hovorka R. Technology in the management of type 1 diabetes – present status and future prospects. Nat Rev Endocrinol. 2018 Aug;14(8):464-475.
  3. Tauschmann M, Thabit H, Bally L, Allen JM, Hartnell S, Wilinska ME et al. Closed-loop insulin delivery in suboptimally controlled type 1 diabetes: a multicentre, 12-week randomised trial. Lancet. 2018 Oct 13;392(10155):1321-1329
  4. Tauschmann M, Allen JM, Wilinska ME, Thabit H, Acerini CL, Dunger DB, Hovorka R. Home Use of Day-and-night hybrid closed-loop insulin delivery in suboptimally controlled adolescents with type 1 diabetes: A 3-week, free-living, randomized crossover trial. Diabetes Care. 2016 Nov; 39(11):2019-2025.
  5. Thabit H*, Tauschmann M*, Allen JM, Leelarathna L, Hartnell S, Wilinska ME et al. Home use of an artificial beta cell in type 1 diabetes. N Engl J Med. 2015 Nov 26;373(22):2129-40.
    *Dr. Thabit and Dr. Tauschmann contributed equally to this article.
  6. Bekiari E, Kitsios K, Thabit H, Tauschmann M, Athanasiadou E, Karagiannis T et al. Artificial pancreas treatment for outpatients with type 1 diabetes: systematic review and meta-analysis. BMJ. 2018 Apr 18;361:k1310. doi: 10.1136/bmj.k1310.

      Dr. Martin Tauschmann

      Dr. Martin Tauschmann, PhD
      Medizinische Universität Wien
      Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde
      Klinische Abteilung für Pädiatrische Pulmologie, Allergologie und Endokrinologie
      Währinger Gürtel 18-20
      1090 Wien

      T: +43 (0)1 40400-32320
      martin.tauschmann@meduniwien.ac.at