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2023 Juni - Katarina D. Kovačević

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Mag.a pharm. Katarina Kovačević, PhD

MedUni Wien RESEARCHER OF THE MONTH, Juni 2023

Die "Researcher of the Month"-Jury zeichnet in diesem Monat Frau Mag.a Katarina D. Kovačević für die Arbeit „von Willebrand Factor-binding aptamer rondoraptivon pegol as treatment for severe and non-severe hemophilia A“ [1] aus, die im Top-Journal "Blood" (IF 25.476) veröffentlicht wurde.

Die Studie entstand im Rahmen des PhD-Studiums von Mag.a K. Kovačević an der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie in der Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. Dr. Bernd Jilma (Stellvertretender Leiter der Klinik) in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Univ.-Prof.in Dr.in I. Pabinger (Universitätsklinik für Innere Medizin I), der Arbeitsgruppe von Ao. Univ. Prof. Dr. P. Quehenberger (Klinisches Institut für Labormedizin), Dr. A. Iorio (McMaster University, Canada) und Dr. J.C. Gilbert und Dr. S. Zhu (Guardian Therapeutics Inc., United States).

Neue potenzielle Therapie für die Bluterkrankheit (Hämophilie A)

Hämophilie A ist eine seltene, X-chromosomal vererbte Blutungsstörung, die durch einen Mangel oder Funktionsdefekt des Gerinnungsfaktors VIII (FVIII) verursacht wird [2]. Die regelmäßige prophylaktische Substitution von FVIII ist zu einer wichtigen Maßnahme zur Verhinderung von Blutungen bei schwerer Hämophilie geworden [3], ist jedoch kostspielig. Darüber hinaus hat FVIII eine begrenzte Halbwertszeit, die weitgehend durch die Clearance seines Chaperons, des von-Willebrand-Faktors (VWF), bestimmt wird [4]. In den letzten zehn Jahren wurden neue Therapien für schwere Hämophilie entwickelt, vor allem Ersatztherapien ohne Faktor und Produkte mit verlängerter Halbwertszeit [5-8]. Die verfügbaren FVIII-Konzentrate mit verlängerter Halbwertszeit verlängern die Halbwertszeit jedoch nur um etwa 50 % [9], da sie die physiologische Clearance von VWF nicht überwinden können. Weniger Fortschritte wurden bei der Behandlung der nicht-schweren Hämophilie erzielt, die immer noch weitgehend auf das VWF/FVIII-freisetzende Mittel Desmopressin und/oder eine „on-demand“ FVIII-Ersatztherapie angewiesen ist, die hauptsächlich zur Behandlung von Blutungen und nicht zur Prophylaxe eingesetzt wird. Selbst bei nicht-schwerer Hämophilie liegen die jährlichen Blutungsraten zwischen 0,5 und 4,5 [10,11]. Bemerkenswert ist, dass die FVIII-Substitution bei schwerer und nicht-schwerer Hämophilie zur Entwicklung von FVIII-Inhibitoren führen kann [12,13].

Wir stellten die Hypothese auf, dass Rondoraptivon pegol die FVIII- und VWF-Antigenspiegel bei Hämophilie-A-Patient:innen erhöht. In dieser Studie wurden die Pharmakokinetik, die Wirkungen und die Sicherheit von Rondoraptivon pegol bei Patient:innen mit Hämophilie A jeglichen Schweregrades untersucht. Neunzehn erwachsene Patient:innen mit Hämophilie A (8 leichte, 2 mittelschwere und 9 schwere) erhielten subkutane Injektionen von Rondoraptivon pegol. Alle Patient:innen haben Rondoraptivon pegol gut vertragen. Das VWF-bindende Aptamer Rondoraptivon Pegol verdoppelte die Plasmakonzentrationen der endogenen FVIII-Spiegel bei nicht-schwerer Hämophilie und verlängerte die Halbwertszeit verschiedener FVIII-Produkte bei schwerer Hämophilie A um ein Vielfaches. Eine Verlängerung der Halbwertszeit durch Rondoraptivon Pegol wurde bei allen getesteten FVIII-Produkten beobachtet, einschließlich eines Produkts mit verlängerter Halbwertszeit, Efmoroctocog. Noch wichtiger ist, dass die geschätzten Halbwertszeiten für FVIII-Konzentrate unter Rondoraptivon Pegol-Behandlung ausnahmslos die in den offiziellen Zulassungsunterlagen für jedes der FVIII-Produkte veröffentlichten maximalen Halbwertszeiten überstiegen. Rondoraptivon Pegol war gut verträglich und sicher, ohne klinisch relevante unerwünschte Ereignisse.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Rondoraptivon Pegol das erste pro-hämostatische Molekül seiner Klasse ist, das die Halbwertszeit des substituierten FVIII um das 3-fache verlängert und endogene FVIII-Spiegel bei Hämophiliepatient:innen um das 2-fache erhöht. Aufgrund dieser positiven Ergebnisse ist nun die Phase IIb in Planung.

Wissenschaftliches Umfeld

Mag.a Kovačević begann ihre wissenschaftliche Arbeit im Juli 2017, als sie ihr PhD-Studium begann und sich der Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. Bernd Jilma an der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie anschloss. Sie hat ihr Doktorat im Mai 2021 abgeschlossen und wurde mit dem Dissertationspreis ausgezeichnet. Kovačević forschte schwerpunktmäßig an dem neu entwickelten Medikament Rondaptivon Pegol (früher BT200). Sie arbeitete an der Entwicklung verschiedener Ex-vivo-Modelle, in denen die Auswirkungen dieses Aptamers untersucht wurden. Im Rahmen ihrer Doktorarbeit und ihrer Arbeit mit Rondaptivon pegol arbeitete sie auch am Medical Sciences Research Institute in Bangkok am Malariamodell bei Cynomolgus-Affen. Nach verschiedenen Ex-vivo- und In-vitro-Studien mit Rondaptivon pegol wurde die Phase I und Phase IIa Studien am Menschen an der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie durchgeführt. Zusätzlich ist Mag.a Kovačević zuständige Pharmazeutin in vielen industriegeförderten klinischen Studien, die in der Abteilung für Klinische Pharmakologie durchgeführt werden. Sie untersucht auch andere wissenschaftliche Themen in Zusammenarbeit mit ihren Kolleg:innen an der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie, aber auch mit anderen Abteilungen der Medizinischen Universität.

Zur Person

Mag.a Katarina Kovačević ist am 24. November 1991 in Negotin, Serbien, geboren. Sie studierte Pharmazie an der Fakultät für Pharmazie der Universität Belgrad und schloss ihr Studium als beste 5% und als Erste ihrer Klasse ab. Im Jahr 2015 zog sie nach Wien und nostrifizierte ihr Diplom. 2017 begann sie ihr N094 PhD-Programm unter der Leitung von Univ.-Prof. Bernd Jilma. Im Mai 2021 schloss sie ihr Doktorat ab und wurde dafür mit dem vfwf-Dissertationspreis ausgezeichnet. Während ihres PhD gewann sie den Travel Award für den ISTH-Kongress in Dublin 2018. Nach der Promotion blieb sie als Pharmazeutin und Post-Doc-Fellow in der Gruppe von Prof. Jilma an der Klinischen Pharmakologie tätig. Neben ihrer Forschungstätigkeit ist Mag.a Kovačević auch in der Lehre im Rahmen des Humanmedizinstudiums tätig und betreut Diplomarbeiten.

Ausgewählte Literatur

  1.  Ay C, Kovacevic KD, Kraemmer D, et al. von Willebrand Factor-binding aptamer rondoraptivon pegol as treatment for severe and non-severe hemophilia A. Blood. 2022.

  2. White GC, 2nd, Rosendaal F, Aledort LM, Lusher JM, Rothschild C, Ingerslev J. Definitions in hemophilia. Recommendation of the scientific subcommittee on factor VIII and factor IX of the scientific and standardization committee of the International Society on Thrombosis and Haemostasis. Thrombosis and haemostasis. 2001;85(3):560.

  3. Sriv astava A, Santagostino E, Dougall A, et al. WFH Guidelines for the Management of Hemophilia, 3rd edition. Haemophilia : the official journal of the World Federation of Hemophilia. 2020;26 Suppl 6:1-158.

  4. Pipe SW, Montgomery RR, Pratt KP, Lenting PJ, Lillicrap D. Life in the shadow of a dominant partner: the FVIII-VWF association and its clinical implications for hemophilia A. Blood. 2016;128(16):2007-2016.

  5. Tomeo F, Mariz S, Brunetta AL, Stoyanova-Beninska V, Penttila K, Magrelli A. Haemophilia, state of the art and new therapeutic opportunities, a regulatory perspective. Br J Clin Pharmacol. 2021.

  6. Callaghan MU, Negrier C, Paz-Priel I, et al. Long-term outcomes with emicizumab prophylaxis for hemophilia A with or without FVIII inhibitors from the HAVEN 1-4 studies. Blood. 2021;137(16):2231-2242.

  7. Weyand AC, Pipe SW. New therapies for hemophilia. Blood. 2019;133(5):389-398.

  8. Gelbenegger G, Schoergenhofer C, Knoebl P, Jilma B. Bridging the Missing Link with Emicizumab: A Bispecific Antibody for Treatment of Hemophilia A. Thrombosis and haemostasis. 2020;120(10):1357-1370.

  9. Versloot O, Iserman E, Chelle P, et al. Terminal half-life of FVIII and FIX according to age, blood group and concentrate type: Data from the WAPPS database. Journal of thrombosis and haemostasis : JTH. 2021;19(8):1896-1906.

  10.  Peyvandi F, Tavakkoli F, Frame D, et al. Burden of mild haemophilia A: Systematic literature review. Haemophilia : the official journal of the World Federation of Hemophilia. 2019;25(5):755-763.

  11.  Scott MJ, Xiang H, Hart DP, et al. Treatment regimens and outcomes in severe and moderate haemophilia A in the UK: The THUNDER study. Haemophilia : the official journal of the World Federation of Hemophilia. 2019;25(2):205-212.

  12.  Lim MY, Cheng D, Recht M, Kempton CL, Key NS. Inhibitors and mortality in persons with nonsevere hemophilia A in the United States. Blood Adv. 2020;4(19):4739-4747.

  13.  Abdi A, Eckhardt CL, van Velzen AS, et al. Treatment-related risk factors for inhibitor development in non-severe hemophilia A after 50 cumulative exposure days: A case-control study. Journal of thrombosis and haemostasis : JTH. 2021;19(9):2171-2181.


Mag.a pharm. Katarina D. Kovačević, PhD

Medizinische Universität Wien
Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie
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