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Juli 2014 | Silvia Bonelli-Nauer

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Ass.-Prof.in Priv.-Doz.in Dr.in Silvia Bonelli-Nauer, MPhil

Silvia Bonelli-Nauer

MedUni Wien RESEARCHER OF THE MONTH, Juli 2014

Die Jury „Researcher of the Month” verleiht die Auszeichnung für diesen Monat Frau Dr.in Silvia Bonelli-Nauer aus Anlass der im Top-Journal „Brain” (IF 9.458) erschienenen Arbeit „Memory reorganization following anterior temporal lobe resection: a longitudinal functional MRI study“ [1]. Diese Studie entstand an der Universitätsklinik für Neurologie der Medizinischen Universität Wien (Leitung: Univ.Prof. Dr. E. Auff) und dem Department of Clinical and Experimental Epilepsy, UCL Institute of Neurology, London, UK. Silvia Bonelli-Nauer erhielt für diese Arbeit den Ernst Niedermeyer Preis für Epileptologie 2013.

Die fMRT ist eine geeignete Methode, um funktionelle Reorganisationsmechanismen und Plastizität bei Patienten mit Temporallappenepilepsie (TLE) zu untersuchen.
Die anteriore Temporallappenteilresektion (ATLR) ist eine etablierte Methode für Patienten mit therapierefraktärer Epilepsie, wodurch bis zu 60% Anfallsfreiheit erreicht werden kann. Allerdings besteht bei diesem Eingriff die Gefahr von bleibenden Sprach- und Gedächtnisstörungen [2-4]. Bei linksseitigem Eingriff kommt es dabei vor allem zu verbalen, bei rechtsseitigem Eingriff zu visuellen Gedächtnisstörungen. Prä- und postoperative Reorganisation von kognitiven Funktionen kann sowohl innerhalb der ipsilateralen als auch der kontralateralen Hemisphäre stattfinden[1-5,7,8]. In der aktuellen Publikation wurde die Effizienz postoperativer Reorganisation von Gedächtnisfunktionen bei Patienten nach links- und rechtsseitiger ATLR untersucht.

Ziel dieser longitudinalen Studie (46 Patienten mit unilateraler medialer Temporallappenepilepsie, davon 26 linksseitig und 20 rechtsseitig), war es, 1. die Reorganisation von verbalen und visuellen Gedächtnisfunktionen vor und nach ATLR; und 2. die Funktionalität postoperativer Netzwerke sowie potentielle kompensatorische Mechanismen zu untersuchen. Bei allen Patienten erfolgte präoperativ und 4 Monate nach ATLR eine funktionelle MRT-Untersuchung des verbalen und visuellen Gedächtnisses an einem 3.0 T Scanner sowie eine ausführliche neuropsychologische Testung.

Die Ergebnisse zeigten, dass für den effektiven Erhalt vor allem der verbalen Gedächtnisleistung nach linksseitiger ATLR das Ausmaß an Aktivierung im erkrankten ipsilateralen Hippocampus entscheidend war. Präoperative Reorganisation zum ipsilateralen, posterioren Anteil des Hippocampus, welcher üblicherweise bei einer ATLR erhalten bleibt, spielte dabei eine entscheidende Rolle, während Reorganisation zur kontralateralen Seite von untergeordneter Bedeutung zu sein schien. Eine frühe postoperative Reorganisation zu ipsi- und kontralateralen Strukturen ging dagegen nicht mit einer besseren verbalen Gedächtnisleistung einher. Zusätzlich zeigten die Ergebnisse, dass für den Erhalt visueller Gedächtnisleistungen nach rechtsseitiger ATLR andere Reorganisationsmechanismen als für die verbale Gedächtnisleistung verantwortlich sein dürften.

Insgesamt unterstützen die Ergebnisse die „functional adequacy theorie“, wonach es vor allem die Kapazität des ipsilateralen (posterioren) Hippocampus und weniger die Reorganisation zur kontralateralen Hemisphäre ist, welche für den Erhalt von Gedächtnisfunktionen nach ATLR entscheidend ist [1,2,4].

Die praktische Relevanz besteht darin, dass Patienten im Rahmen der vorbereitenden präoperativen Untersuchungen besser beraten werden können. Langfristig könnten die gewonnenen Erkenntnisse dazu führen, dass die derzeit mehrheitlich verwendete Methode der ATLR reevaluiert werden muss und stattdessen gezielteren hippocampalen Resektionen größere Bedeutung beigemessen wird. Dabei wird einerseits weiterhin Anfallsfreiheit als oberstes Ziel angestrebt, andererseits sollen kognitive Defizite in Zukunft aber noch besser minimiert werden können.

Wissenschaftliches Umfeld
Wissenschaftlicher Schwerpunkt von Frau Dr.in Bonelli-Nauer ist die klinische Epilepsieforschung (prächirurgische Evaluation von Patienten mit therapierefraktären Epilepsien, Analyse der klinischen Anfallssemiologie, EEG). Ihre wissenschaftliche Karriere begann mit ihrer Dissertation zum Thema „Klinische Anfallssemiologie bei Patienten mit Frontallappenepilepsie“ [6] an der Universitätsklinik für Neurologie bei Univ.-Prof. DI. Dr. Ch. Baumgartner. Als langjähriges Mitglied der Arbeitsgruppe „Epilepsie“ an der Medizinischen Universität Wien an der Abteilung für Neurologie (Leitung: Univ.-Prof. Dr. E. Auff) konnten zahlreiche ihrer Arbeiten in Top-Journalen publiziert werden.

Ihr besonderer Fokus liegt heute im Bereich des „Epilepsie-Imaging“. Eine besondere Expertise darin konnte sie sich während eines vierjährigen Forschungsaufenthaltes am University College London (UCL), Institute of Neurology, Department of Clinical and Experimental Epilepsy bei Prof. J. Duncan aneignen (Auslandsstipendium der Österreichischen Sektion der International League against Epilepsy/britischer Wellcome Trust). Im Rahmen ihrer PhD-Tätigkeit untersuchte sie mittels funktioneller MRT vor allem prä- und postoperative Reorganisationsvorgänge von kognitiven Funktionen bei Patienten mit medikamentös therapierefraktärer Temporallappenepilepsie [1-5,7,8]. Von besonderer klinischer Relevanz war dabei die Vorhersage postoperativer kognitiver Defizite [1-2,4-5,9], insbesondere von Gedächtnis- und Sprachstörungen.

Zur Zeit umfasst ihr Forschungsbereich an der Medizinischen Universität Wien, gemeinsam mit der Arbeitsgruppe „Klinische fMRT“ der Universitätsklinik für Neurologie (Univ.-Prof. Dr. R. Beisteiner), vor allem die Weiterentwicklung, Implementierung und klinische Evaluation neuer funktioneller MRT-Methoden in Kombination mit Diffusion Tensor Imaging zur Untersuchung kognitiver Funktionen im Rahmen der prächirurgischen Diagnostik bei Patienten mit Epilepsie.

Eine enge wissenschaftliche Kooperation zu diesem Thema besteht mit der „Epilepsy-Imaging“ Arbeitsgruppe von UCL in London (J. Duncan und M. Koepp), ebenso mit E. Bartha-Döring und dem Pädiatrischen Epilepsiezentrum Wien (Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Leitung: M. Feucht) sowie mit der Epilepsie-Arbeitsgruppe der Neurologischen Klinik, Klinikum Großhadern der Universität München von S. Noachtar und dem Functional Brain Mapping Laboratory der University of Geneva  von M. Seeck.

Zur Person
Frau Dr.in Bonelli-Nauer wurde 1974 in Innsbruck geboren. 1993 Matura mit Auszeichnung. 1993 Beginn des Medizinstudiums in Wien. 1999-2000 Dissertation zum Thema „Frontallappenepilepsie-Klinische Anfallssemiologie“. 2000 Promotion. Facharztausbildung an der Abteilung für Neurologie und Psychiatrie des AKH Linz sowie an der Universitätsklinik für Neurologie der Medizinischen Universität Wien. 2006-2010 Forschungsaufenthalt am Institute of Neurology, University College London (Stipendien der Österreichischen Epilepsiegesellschaft und des Wellcome Trust); derzeit PhD Programme zum Thema „Cognitive fMRI in focal epilepsy“ (UCL, Institute of Neurology). Facharzt für Neurologie 2011. Verleihung der Assistenzprofessur 2012, Habilitation 2012 mit dem Thema „Kognitive funktionelle Magnetresonanztomographie bei Patienten mit Temporallappenepilepsie“.

Dr.in Bonelli-Nauer wurden mehrfach Leistungs-, und Reisestipendien zuerkannt, sowie mehrere Wissenschafts- und Posterpreise; 2010 erhielt sie den Prof. Dr. Herbert Reisner-Preis für Epileptologie und 2013 den Ernst Niedermeyer-Preis für Epileptologie. Zahlreiche Vorträge auf nationalen und internationalen Kongressen sowie regelmäßige Reviewertätigkeit für zahlreiche internationale Journale. Fr. Dr. Bonelli-Nauer ist verheiratet und Mutter von zwei Söhnen.

Ausgewählte Literatur

  1. Bonelli SB, Thompson PJ, Yogarajah M, Samson RS, Powell RH, Symms MR, McEvoy AW, Koepp MJ, Duncan JS. Reorganisation of memory function following anterior temporal lobe resection – results of a longitudinal fMRI study. Brain. 2013 Jun; 136: 1889-900.
  2. Bonelli SB, Thompson PJ, Yogarajah M, Vollmar C, Powell RH, Symms MR, McEvoy AW, Micallef C, Koepp MJ, Duncan JS. Imaging language networks before and after anterior temporal lobe resection – results of a longitudinal fMRI study. Epilepsia. 2012 Apr; 53(4):639-50.
  3. Bonelli SB, Powell RH, Thompson PJ, Yogarajah M, Focke NK, Stretton J, Vollmar C, Symms MR, Price CJ, Koepp MJ, Duncan JS. Hippocampal activation correlation with visual confrontation naming: fMRI findings in controls and patients with temporal lobe epilepsy. Epilepsy Res. 2011 Aug; 95(3):246-54.
  4. Bonelli SB, Powell RH, Yogarajah M, Samson RS, Symms MR, Thompson PJ, Koepp MJ, Duncan JS. Imaging memory in temporal lobe epilepsy; predicting the effects of temporal lobe resection. Brain. 2010 Apr; 133:1186-99.
  5. Bonelli SB, Powell R, Yogarajah M, Thompson PJ, Symms MR, Koepp MJ, Duncan JS. Preoperative Amgygdala fMRI in temporal lobe epilepsy. Epilepsia. 2009 Feb; 50(2):217-27.
  6. Bonelli SB, Lurger S, Zimprich F, Stogmann E, Assem-Hilger E, Baumgartner C. Clinical seizure lateralization in frontal lobe epilepsy. Epilepsia. 2007 Mar; 48(3):517-23.
  7. Sidhu MK, Stretton J, Winston GP, Bonelli S, Centeno M, Vollmar C, Symms M, Thompson PJ, Koepp MJ, Duncan JS. Mapping the episodic memory encoding network in temporal lobe epilepsy- an fMRI study. Brain. 2013 Jun; 136:1868-88.
  8. Yogarajah M, Focke NK, Bonelli SB, Thomson P, Vollmar C, McEvoy AW, Alexander DC,Symms MR, Koepp MJ, Duncan JS. The structural plasticity of white matter networks following anterior temporal lobe resection. Brain. 2010 Aug; 133:238-64.
  9. Yogarajah M, Focke NK, Bonelli S, Cercignani M, Acheson J, Parker GJ, Alexander DC, McEvoy AW, Symms MR, Koepp MJ, Duncan JS. Defining Meyer’s loop - temporal lobe resections, visual field deficits and diffusion tensor tractography. Brain. 2009 Jun 132:1656-68.

Kontakt
Ass.-Prof.in Priv.-Doz.in Dr.in med.univ. Silvia Bonelli-Nauer, MPhil
Universitätsklinik für Neurologie
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Währinger Gürtel 18-20

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