Dr. Alexander ZIMPRICH
RESEARCHER OF THE MONTH, Oktober 2006
Die Jury „Researcher of the Month“ verleiht die Auszeichnung für diesen Monat Herrn Dr. Alexander Zimprich aus Anlass seiner Publikation „Mutations in LRRK2 Cause Autosomal Dominant Parkinsonism with Pleomorphic Pathology“ im hochrangigen Journal Neuron [1]. Herr Zimprich und seine Kollegen beschreiben in dieser Arbeit die Identifizierung eines neuen Gens, das für einen erheblichen Teil familiärer, aber auch sporadischer Fülle der Parkinson-Erkrankung verantwortlich ist.
Genetische Faktoren in der Ätiologie des Parkinson-Syndroms.
Der Morbus Parkinson ist eine schwere, progredient verlaufende, neurodegenerative Erkrankung, an der bis zu 2% der über 60jährigen leiden. Der idiopathische Morbus Parkinson ist klinisch durch die Kardinalsymptome akinetisch-rigide Bewegungsstörung, Muskeltonuserhöhung, Ruhetremor sowie reduzierte Stellreflexe charakterisiert. Der Erkrankung liegt der Untergang dopaminproduzierender Zellen in der Substantia nigra zugrunde. Neuropathologisch zeigt die Substantia nigra typischerweise intrazelluläre Einschlusskörperchen, sogenannte Lewy-Körperchen. In zahlreichen Fall-, Familien- und Zwillingsstudien konnte bereits gezeigt werden, dass genetische Faktoren in der Ätiologie des Parkinson-Syndroms eine Rolle spielen. Ausgangspunkt der vorliegenden Studie war ein Genort für autosomal dominanten Parkinsonismus auf Chromosom 12q13 (Park8), der ursprünglich von einer japanischen Arbeitsgruppe entdeckt wurde. Im ersten Teil der Studien von Alexander Zimprich und Kollegen wurden insgesamt 21 Familien mit autosomal dominantem Parkinson auf Kopplung in dieser Region untersucht. Die zwei größten Familien mit jeweils 8 bzw. 10 Betroffenen zeigten ein hochsignifikantes Ergebnis: es wurde deutlich, dass zum Unterschied von den bisher gefundenen Parkinson-Loci dem Park8 Locus zahlenmäßig eine wesentlich größere Bedeutung zukommt [2]. Durch Haplotypanalysen betroffener Individuen der beiden Familien konnte der relevante Bereich auf unter 13 Millionen Basenpaare (Mb) eingegrenzt werden. In einer systematischen Mutationssuche, bei der insgesamt 29 Gene von jeweils 2 Betroffenen der beiden Familien analysiert wurden, gelang es Alexander Zimprich und seinen Kollegen, das für Park8 verantwortliche Gen zu identifizieren. Sie fanden im Gen LRRK2 (Leucine-Rich Repeat Kinase 2) Veränderungen der Nukleinsäure- struktur, die zu Aminosäureveränderungen führten. Bei allen betroffenen Familienmitgliedern waren diese Veränderungen nachweisbar, wogegen gesunde Familienangehörige und mehr als 1000 Kontrollpersonen keine solchen Veränderungen zeigten. In weiteren 44 untersuchten Familien mit Morbus Parkinson gelang es dem Team, vier weitere Mutationen zu identifizieren.
Interessanterweise scheint dieses Gen nicht nur für Morbus Parkinson, sondern auch für andere neurodegenerative Erkrankungen verantwortlich zu sein. Neuropathologische Untersuchungen von verstorbenen Verwandten betroffener Parkinson-Patienten zeigten neben den für M. Parkinson typischen Lewy-Körperchen in der Substantia nigra weitere, für andere neurodegenerative Prozesse (z.B. Alzheimer-Demenz, Demenz mit Lewy-Körperchen) typische Veränderungen. Darüber hinaus zeigten zwei Betroffene sowohl klinische als auch histopathologische Zeichen einer amyotrophen Lateralsklerose.
LRRK2 ist ein vergleichsweise großes Gen. Es besteht aus 51 Teilabschnitten, sogenannten Exons, und kodiert 2527 Aminosäuren. Dieses Protein besitzt fünf Untereinheiten und gehört in die erst vor 2 Jahren beschriebene Gruppe der sogenannten ROCO-Proteine, über die noch sehr wenig bekannt ist. Auf Grund der Größe und Struktur kann man vermuten, dass diesem Protein verschiedene komplexe Funktionen in der Entwicklung und Aufrechterhaltung neuronaler Zellen zukommen. Seit dem Erscheinen dieser Publikation wurden in Folgeuntersuchungen mehr als 100 Patienten bzw. Familien mit LRRK2-Mutationen identifiziert [3]. In Arbeiten anderer Arbeitsgruppen wurde gezeigt, dass eine bestimmte LRRK2 Mutation (G2019S) auf Grund ihrer Häufigkeit eine besondere Bedeutung besitzt. 0.5 - 2 % der sporadischen Fälle und bis zu 5 % der familiären Fälle können durch G2019S erklärt werden. In der nordafrikanisch-arabischen Bevölkerung bzw. in der Population von Askhenazi-Juden ist diese Mutation sogar für 20-30% aller Parkinsonfälle verantwortlich. Aufgrund ihrer geographischen und bevölkerungs- typischen Häufung wird vermutet, dass diese Mutation vor etwa 700 Jahren im Raum des Mittleren oder Nahen Ostens ihren Ursprung nahm. Eine Herausforderung für die Zukunft ist die Klärung, wie diese Mutationen die Proteinfunktion beeinträchtigen und auf welchem molekularen Weg das LRRK2 Gen in die Entstehung der Parkinson- Erkrankung eingreift - Erkenntnisse, die zur Entdeckung von neuen wirkungsvollen Therapien führen könnten.
Dr. Alexander Zimprich und Kollegen konnten in einer Reihe von Untersuchungen weitere genetische Ursachen für neurologische Erkrankungen aufklären oder bestätigen. So gelang es ihnen unter anderem, das Gen ε-Sarcoglycan als Ursache für das Myoklonus Dystonie-Syndrom zu identifizieren [4]. Darüber hinaus fand das Team eine neue Mutation im Gen VCP (Valosin Containing Protein) als Ursache des IBMPFD-Syndroms (Hereditary Inclusion Body Myopathy, Paget disease of the bone, and Frontotemporal Dementia) in einer österreichischen Familie und konnte somit die Bedeutung dieses Gens für die Ursache der Erkrankung untermauern [5].
Persönliches
Alexander Zimprich, Jahrgang 1965, studierte an der Universität Wien Medizin, war 1989-1993 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Molekularbiologie (Prof. Wintersberger) und promovierte 1993. Anschließend arbeitete er am Physiologischen Institut der Universität München (Prof. Höllt) vor allem über die Molekularbiologie des Opioidsystems. 1996-1997 war Zimprich Arzt im Praktikum an der Psychiatrischen Universitätsklinik München (Approbation 1997), arbeitete dann bis 1999 am Pharmakologischen Institut der Universität Magdeburg und wechselte anschließend zu Prof. Gasser (Neurologische Universitätsklinik München, LMU) und ab 2003 an das Hertie Institut für Klinische Hirnforschung in Tübingen, wo er sich mit der Genetik von Bewegungsstörungen beschäftigte. Seit Juli 2003 ist Dr. Zimprich Leiter der Arbeitsgruppe Neurogenetik an der Universitätsklinik für Neurologie in Wien (Prof. Auff). In dieser Zeit gelang es ihm auch in Zusammenarbeit mit deutschen, kanadischen und amerikanischen Kollegen, das Gen LRRK2 als Ursache für familiären Parkinsonismus zu identifizieren.
Literatur
- Zimprich A, Biskup S, Leitner P, Lichtner P, Farrer M, Lincoln S, Kachergus J, Hulihan M, Uitti RJ, Calne DB, Stoessl AJ, Pfeiffer RF, Patenge N, Carbajal IC, Vieregge P, Asmus F, Müller-Myhsok B, Dickson DW, Meitinger T, Strom TM, Wszolek ZK, Gasser T. Mutations in LRRK2 Cause Autosomal-Dominant Parkinsonism with Pleomorphic Pathology. Neuron 2004, 44:601-607.
- Zimprich A, Müller-Myhsok B, Farrer M, Leitner P, Sharma M, Hulihan M, Lockhart P, Strongosky A, Kachergus J, Calne DB, Stoessl J, Uitti RJ, Pfeiffer RF, Trenkwalder C, Homann N, Ott E, Wenzel K, Asmus F, Hardy J, Wszolek Z, Gasser T. The PARK8-locus in autosomal dominant parkinsonism: confirmation of linkage and further delineation of the disease-containing interval. Am J Hum Genet. 2004, 74:11-19
- Berg D, Schweitzer KJ, Leitner P, Zimprich A, Lichtner P, Belcredi P, Brussel T, Schulte C, Maass S, Nägele T, Wszolek ZK, Gasser T. Type and frequency of mutations in the LRRK2 gene in familial and sporadic Parkinson's disease. Brain. 2005, 128:3000-3011
- Zimprich A, Grabowski M, Asmus F, Naumann M, Berg D, Bertram M, Scheidtmann K, Kern P, Winkelmann J, Müller-Myhsok B, Riedel L, Bauer M, Müller T, Castro M, Meitinger T, Strom TM, Gasser T. Mutations in the gene encoding epsilon-sarcoglycan cause myoclonus-dystonia syndrome. Nature Genetics. 2001, 29:66-69.
- Haubenberger D, Bittner RE, Rauch-Shorny S, Zimprich F, Mannhalter C, Wagner L, Mineva I, Vass K, Auff, E and Zimprich A, Inclusion body myopathy and Paget disease is linked to a novel mutation in the VCP gene. Neurology 2005, 65:1304-1305.
Kontakt:
Dr.Alexander Zimprich
Universitätsklinik für Neurologie
Währinger Gürtel 18-20
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T.: + 43 (0)1 40400/3120
E-Mail: alexander.zimprich@meduniwien.ac.at
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