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Oktober 2011 | Georg Widhalm

Dr. Georg Widhalm

Georg Widhalm

MedUni Wien RESEARCHER OF THE MONTH, Oktober 2011

Die Jury „Researcher of the Month” verleiht die Auszeichnung für diesen Monat Dr. Georg Widhalm aus Anlass der Publikation „5-Aminolevulinic acid is a promising marker for detection of anaplastic foci in diffusely infiltrating gliomas with nonsignificant contrast enhancement” im Top-Journal „Cancer” (IF 5.4) [1]. Die Publikation entstand an der Klinik für Neurochirurgie (Leiter: Prof. Dr. E. Knosp) in enger Kooperation mit dem Klinischen Institut für Neurologie und den Kliniken für Radiodiagnostik, Neurologie, Nuklearmedizin und Innere Medizin I. Die Daten dieser Publikation zeigen, dass 5-ALA einen vielversprechenden Marker zur intraoperativen Visualisierung anaplastischer Foci in diffus infiltrierenden Gliomen ohne signifikante Kontrastmittel-anreicherung darstellt. Dadurch wird das Risiko eines histologischen „Undergradings“ reduziert, das in der Folge zu einem verspäteten Einsatz einer adjuvanten Radiochemotherapie führen kann. Die Ergebnisse der Studie wurden auf dem Annual Meeting der American Association of Neurological Surgeons 2010 in Philadelphia präsentiert. Zusätzlich wurde die Publikation auch in der Sonderausgabe von Neurosurgery „Science Times” unter den größten Innovationen auf dem Gebiet der Neurochirurgie vorgestellt [2].

5-ALA (5-Aminolävulinsäure) ist ein sensitiver, intraoperativer, vom „Brain-Shift” unabhänger Marker zur Detektion eines anaplastischen Fokus in glialen Tumoren
Diffus infiltrierende Gliome sind die häufigsten primären Hirntumoren. Die WHO-Klassifikation unterscheidet Low-grade-Gliome (WHO Grad II, mediane Überlebensdauer:  >5 Jahre) und High-grade-Gliome (WHO Grad III, mediane Überlebensdauer: 2-3 Jahre und WHO Grad IV, dem Glioblastoma multiforme entsprechend, mediane Überlebenszeit: 14.6 Monate). [3]. Die primäre Therapie bei Gliomen ist in der Regel die maximale neurochirurgische Entfernung unter Erhaltung neurologischer Funktionen. [4]. Die postoperative Standardtherapie bei Low-grade- Gliomen ist meist eine „Wait-and-see”-Strategie, wohingegen bei High-grade-Gliomen die konkomitante Radiochemotherapie die Therapie der Wahl darstellt [3].

Low-grade-Gliome zeigen eine inhärente Tendenz zur Progression zum Glioblastoma multiforme, welche häufig mit einem fokalen intratumoralen malignen anaplastischen Focus beginnt. Bei Gliomen ohne signifikante Kontrastmittelaufnahme kann dieser anaplastische Focus durch metabolische Bildgebung („Hotspot”-Darstellung mittels Positronen-Emissions-Tomographie – PET oder MR Spektroskopie Chemical Shift Imaging) identifiziert werden [5]. Während der Tumorentfernung wird der „Hotspot” mit Hilfe eines Navigationssystems aufgesucht und selektiv eine Gewebeprobe davon entnommen. Durch das Phänomen des „Brain-Shifts” kommt es jedoch mit fortschreitender Tumorentfernung zu einem Genauigkeitsverlust des Navigationssystems, und in der Folge kann die Gewebeprobe nicht mehr präzise aus dem anaplastischen Focus entnommen werden. Es besteht die Gefahr eines histologischen „Undergradings”, wodurch die notwendige Nachbehandlung verzögert werden kann. Deswegen sind vom Brain-Shift unabhängige Methoden zur Visualisierung eines anaplastischen Focus wichtig.

5-ALA ist eine oral verabreichte Substanz, die bei High-grade-Gliomen zur intrazellulären Akkumulation von fluoreszierenden Porphyrinen führt [6]. Diese fluoreszierenden Tumorareale können während der Tumorentfernung mit einem speziell modifizierten neurochirurgischen Mikroskop dargestellt werden. Die 5-ALA-gestützte Resektionstechnik hat sich zuletzt bei High-grade-Gliomen mit signifikanter Kontrastmittelaufnahme zu einer vielversprechenden Methode entwickelt [7]. In der vorliegenden Studie konnte erstmals nachgewiesen werden, dass der Einsatz von 5-ALA auch bei Gliomen ohne signifikante Kontrastmittelaufnahme von entscheidender Bedeutung ist: Eine fokale 5-ALA Fluoreszenz zeigte dabei eine topographische Korrelation mit dem PET-Hotspot und der Histologie eines High-grade-Glioms. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass der Proliferationsindex in den 5-ALA fluoreszierenden im Vergleich zu den nicht fluoreszierenden Tumorarealen signifikant höher ist. 

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die intraoperative Anwendung von 5-ALA bei Gliomen ohne signifikante Kontrastmittelaufnahme eine vielversprechende vom Brain-Shift unabhängige Methode zur intraoperativen Visualisierung von anaplastischen Foci darstellt. Dadurch wird die Präzision der neurochirurgischen Gewebeentnahme für die Tumorgradierung erhöht und somit die Allokation der Patienten zur korrekten postoperativen Therapie optimiert.

Wissenschaftliches Umfeld
Die nominierte Arbeit entstand an der Klinik für Neurochirurgie in der Forschungsgruppe Neurochirurgische Onkologie (Prof. Dr. E. Knosp und Doz. Dr. St. Wolfsberger). Die hervorragende interdisziplinäre Zusammenarbeit war die Basis für diese fächerübergreifende Studie: Eine langjährige Kooperation gibt es vor allem mit dem Klinischen Institut für Neurologie (Leitung: Prof. Dr. H. Budka), wobei die histopathologischen Auswertungen der Studie durch Prof. Dr. J. A. Hainfellner und Dr. A. Wöhrer durchgeführt wurden. Eine intensive Forschungskooperation besteht auch mit der Abteilung für Neuroradiologie und Muskuloskeletale Radiologie (Leitung: Prof. Dr. D. Prayer) und der Klinik für Innere Medizin I (Leiter: Prof. Dr. Ch. Zielinski), vertreten durch Prof. Dr. Ch. Marosi und PD Dr. M. Preusser. Zusätzlich besteht eine enge wissenschaftliche Kooperation mit den Kliniken für Neurologie (Leiter: Prof. Dr. E. Auff) und für Nuklearmedizin (Leiter: Prof. Dr. R. Dudczak), wobei die Analysen der PET-Untersuchungen dieser Studie durch Prof. Dr. S. Asenbaum erfolgte. Seit Herbst 2010 werden alle Aktivitäten der mit Gehirntumoren beschäftigten Disziplinen an der MUW im Rahmen des Comprehensive Cancer Center - Central Nervous System Unit (CCC-CNS; www.ccc.ac.at/cns) gebündelt.

Persönliches
Dr. Georg Widhalm wurde 1976 in Wien geboren. Nach Beendigung des Medizinstudiums an der Universität Wien, begann Dr. Widhalm seine Ausbildung 2002 als Assistenzarzt an der Univ.-Klinik für Neurochirurgie Wien und schloss seine Ausbildung zum Facharzt 2009 ab. Während des Studiums war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Pharmakologie Wien (Prof. Dr. E. Singer) und an der Klinischen Abteilung für Herzchirurgie (Prof. Dr. G. Laufer und Prof. Dr. A. Kocher). Er ist Mitglied der Arbeitsgruppe für intraoperative Neurophysiologie (Leitung: Dr. K. Novak) und arbeitet in der Arbeitsgruppe für Neurochirurgische Onkologie (Leitung: Doz. Dr. St. Wolfsberger). Zusätzlich koordiniert er gemeinsam mit Doz. Dr. Wolfsberger die wöchentlich stattfindende interdisziplinäre neuroonkologische Besprechung („Tumor Board”). Weiters ist Dr. Widhalm Mitglied des neugeschaffenen CCC-CNS und absolviert seit 2008 das Doktoratsstudium für Clinical Neuroscience (CLINS; Koordinator: Prof. Dr. J. A. Hainfellner). Im Jahre 2006 wurde Dr. Widhalm mit dem Fellinger-Krebsforschungspreis ausgezeichnet.

Ausgewählte Literatur

  1. Widhalm G, Wolfsberger S, Minchev G, Woehrer A, Krssak M, Czech T, Prayer D, Asenbaum S, Hainfellner JA, Knosp E. 5-Aminolevulinic acid is a promising marker for detection of anaplastic foci in diffusely infiltrating gliomas with nonsignificant contrast enhancement. Cancer 2010; 116(6): 1545-52.
  2. Jonathan Engh: Improving Intraoperative Visualization of Anaplastic Foci within Gliomas; Neurosurgery (Science Times) 2010; 67(2): N21-22.
  3. Stupp R, Mason WP, van den Bent MJ, Weller M, Fisher B, Taphoorn MJ, Belanger K, Brandes AA, Marosi C, Bogdahn U, Curschmann J, Janzer RC, Ludwin SK, Gorlia T, Allgeier A, Lacombe D, Cairncross JG, Eisenhauer E, Mirimanoff RO; European Organisation for Research and Treatment of Cancer Brain Tumor and Radiotherapy Groups; National Cancer Institute of Canada Clinical Trials Group. Radiotherapy plus concomitant and adjuvant temozolomide for glioblastoma. N Engl J Med 2005; 352(10): 987-96.
  4. Sanai N, Berger MS. Glioma extent of resection and its impact on patient outcome. Neurosurgery 2008; 62(4): 753-64
  5. Widhalm G, Krssak M, Minchev G, Wöhrer A, Traub-Weidinger T, Czech T, Asenbaum S, Marosi C, Knosp E, Hainfellner JA, Prayer D, Wolfsberger S. Value of 1H-magnetic resonance spectroscopy chemical shift imaging for detection of anaplastic foci in diffusely infiltrating gliomas with non-significant contrast-enhancement.
  6. J Neurol Neurosurg Psychiatry 2011; 82(5): 512-20.
  7. Stummer W, Stocker S, Wagner S, Stepp H, Fritsch C, Goetz C, Goetz AE, Kiefmann R, Reulen HJ. Intraoperative detection of malignant gliomas by 5-aminolevulinic acid-induced porphyrin fluorescence. Neurosurgery 1998; 42(3): 518-25.
  8. Stummer W, Pichlmeier U, Meinel T, Wiestler OD, Zanella F, Reulen HJ. Fluorescence-guided surgery with 5-aminolevulinic acid for resection of malignant glioma: a randomised controlled multicentre phase III trial. Lancet Oncol 2006;7:392-401.

Kontakt
Dr. Georg Widhalm
Univ.-Klinik für Neurochirurgie
Medizinische Universität Wien
Währinger Gürtel 18-20
1090 Wien

T.: +43 (0)1 40400-4560
E-Mail: georg.widhalm@meduniwien.ac.at