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Researcher of the Month - Oktober 2022

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Dr. Thomas Steinkellner

Thomas Steinkellner

MedUni Wien RESEARCHER OF THE MONTH, Mai 2015

Die Jury „Researcher of the Month” verleiht die Auszeichnung für diesen Monat Herrn Dr. Thomas Steinkellner aus Anlass der im Top-Journal „Neuropsychopharmacology“ (IF 7.833) erschienenen Arbeit „In vivo amphetamine action is contingent on αCaMKII.“ [1]. Diese Studie entstand am Institut für Pharmakologie und dem Institut für Neurophysiologie und -pharmakologie, Zentrum für Physiologie und Pharmakologie und der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, MedUni Wien in Zusammenarbeit mit dem Department of Neuroscience and Brain Technologies, Istituto Italiano di Tecnologia (IIT), Genova, Italy, dem Department of Psychopharmacology, Institute of Pharmacology, Pavlov Medical University, St Petersburg, Russia, dem Molecular Neuropharmacology and Genetics Laboratory, Department of Neuroscience and Pharmacology, Faculty of Health and Medical Sciences, The Panum Institute, University of Copenhagen, Copenhagen, Denmark, dem Skolkovo Institute of Science and Technology (Skoltech), Skolkovo, Moscow, Russia, und der Faculty of Biology and Soil Science, St Petersburg State University, St Petersburg, Russia.

Regulation der Amphetaminwirkung am Dopamintransporter durch Calmodulin-Kinase II
Amphetamine (‚Weckamine’) umfassen eine große heterogene Klasse von psychoaktiven, indirekt sympathomimetischen Substanzen mit vorwiegend aufputschender und euphorisierender Wirkung. Sie inkludieren illegale Substanzen wie D-Amphetamin (‚speed’), Methamphetamin (‚crystal meth’), 3,4-Methylendioxymethamphetamin (MDMA, ‚Ecstasy’) sowie das therapeutisch zur Behandlung von ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom) verwendete Methylphenidat (Ritalin®) [2,7]. Amphetaminmissbrauch und daraus resultierende Abhängigkeit stellen ein großes globales Problem dar. Schätzungen gehen davon aus, dass rund 56 Millionen Menschen weltweit regelmäßig Amphetamine missbräuchlich verwenden [5]. Prävention und Behandlung von Amphetaminmissbrauch stellen daher ein enormes sozioökonomisches Problem dar, zumal die genauen molekularen Mechanismen der Amphetaminwirkung trotz jahrzehntelanger Forschung nur sehr unzureichend verstanden werden und es demnach keine zielgerichtete medizinische Behandlung gibt. Ähnlich wie Kokain, führen Amphetamine zu erhöhten synaptischen Dopaminkonzentrationen im Gehirn, was die euphorisierende und stimulierende Wirkung dieser Substanzen erklärt. Darüber hinaus kann die regelmäßige Einnahme von Amphetaminen zu Sucht und Abhängigkeit sowie Psychosen führen [9]. Bezüglich des molekularen Wirkmechanismus unterscheiden sich Amphetamine jedoch von Kokain: während Kokain den Dopamintransporter [DAT] (also jenes Molekül, das normalerweise für die Wiederaufnahme von Dopamin aus dem synaptischen Spalt nach erfolgter Neurotransmission verantwortlich ist), kompetitiv blockiert, sind Amphetamine ähnlich dem endogenen Neurotransmitter Dopamin Substrate für den DAT. Dies hat zur Folge, dass Amphetamine mit Dopamin um die Wiederaufnahme in die Nervenzellen konkurrieren [2,8]. Sobald Amphetamin in die Zelle gelangt, kann es eine Reihe weiterer Ziele angreifen, u.a. die synaptischen Vesikel, die Dopamin innerhalb der Zelle sequestrieren und speichern. Amphetamine führen dazu, dass diese intrazellulären Speicher entleert werden, somit im Cytosol der Zellen akkumulieren und dadurch über den DAT nach außen transportiert werden können, was eine weitere Erhöhung der extrazellulären Dopaminkonzentration zur Folge hat. Den genauen Mechanismus wie der DAT Dopamin aus der Zelle (also in die eigentlich entgegengesetzte Richtung) befördert, ist bisher nur unzureichend verstanden.

In der vorliegenden Arbeit konnte erstmals in vivo gezeigt werden, dass die Amphetamin-induzierte Dopaminfreisetzung über den DAT durch die Calmodulin-Kinase II-alpha (αCaMKII) entscheidend moduliert wird: mittels in vivo Mikrodialyse in frei beweglichen Mäusen zeigen die PharmakologInnen (in Kollaboration mit Raul Gainetdinov, IIT Genua, Italien), dass Mäuse, denen das Gen für die αCaMKII fehlt, eine signifikant reduzierte Amphetamin-induzierte Dopaminfreisetzung haben, wobei die Dopaminwiederaufnahme durch den DAT nicht kompromittiert ist. In verhaltenspharmakologischen Experimenten demonstrieren Steinkellner et al., dass die stimulierende Wirkung von Amphetamin auf die Bewegung dieser Mäuse weniger stark ausgeprägt ist, was vermutlich kausal mit der reduzierten Dopaminausschüttung zusammenhängt. Die Dopaminrezeptoren (D1 und D2) scheinen unverändert zu sein. Zusätzlich zeigen αCaMKII-defiziente Mäuse nach chronischer Amphetaminbehandlung keinen Anstieg in der Phosphorylierung von CREB, einem Protein, das nach wiederholter Gabe einer Vielzahl verschiedener Suchtdrogen (Amphetamine, Kokain, Opioide) normalerweise hoch reguliert wird. Im Gegensatz dazu scheinen die süchtig machenden Eigenschaften von Amphetamin nach Verlust der αCaMKII nicht beeinträchtigt zu sein: sowohl Mäuse ohne αCaMKII-Gen als auch Wildtyp-Kontrolltiere sprechen noch auf die Suchtwirkung von Amphetamin (und Kokain) an. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die residuale Amphetamin-induzierte Dopaminfreisetzung in den αCaMKII-defizienten Tieren noch ausreichend ist, um Suchtverhalten hervorzurufen, während die Motoraktivität kompromittiert ist. Eine gezielte Beeinflussung der αCaMKII stellt einen möglichen therapeutischen Angriffspunkt zur Behandlung von Amphetaminabhängigkeit dar. Weitere Untersuchungen zur Aufklärung dieses Mechanismus sind derzeit in Arbeit. 

Wissenschaftliches Umfeld
Bereits während seines Diplomstudiums arbeitete Dr. Steinkellner von 2007-2008 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der klinischen fMRI-Gruppe von Univ.-Prof. Dr. R. Beisteiner am Institut für Neurologie, wodurch er erste Einblicke in grundlagenorientierte sowie klinische Forschung gewinnen konnte. Sein Interesse an Neuro- und Psychopharmakologie brachte ihn im Anschluss daran an das Institut für Pharmakologie (Leitung: Univ.-Prof. Dr. M. Freissmuth), wo er von 2009 bis 2010 seine Diplomarbeit unter Betreuung von Univ.-Prof. Dr. H. Sitte verfasste. In seiner Diplomarbeit untersuchte er die Rolle des Dopamintransporters in einem Mausmodell der seltenen neurogenetischen Erkrankung Angelman Syndrom [6]. Forschungsaufenthalte führten ihn während seiner Dissertation unter anderem an das Italian Institute of Technology (IIT) in Genua, Italien, in die Gruppe von Prof. R. Gainetdinov, an die Columbia University, New York, USA, in das Labor von Prof. D. Sulzer sowie an die University of North Carolina in Chapel Hill, NC, USA (Gruppe von Prof. B. Philpot).

Dr. Steinkellner erhielt 2014 den Hans-Horst Meyer Preis der Österreichischen Pharmakologischen Gesellschaft (APHAR) sowie ein Schrödinger Stipendium für seinen Postdoc an der UCSD.

Persönliches
Dr. Steinkellner wurde 1986 in Amstetten (Niederösterreich) geboren und maturierte 2004 am Bundesgymnasium Amstetten. Er studierte an der Universität Wien von 2005-2010 Molekularbiologie mit einem Schwerpunkt in Neurowissenschaften. Seine Sponsion zum Mag.rer.nat. erfolgte 2010. Darauf folgte ein PhD Studium (2010-2013) im Programm „Molecular Drug Targets“ (Betreuung Prof. Harald Sitte), das er 2013 mit Auszeichnung beendete. Seit Oktober 2014 arbeitet Dr. Steinkellner als Postdoc am Department of Neurosciences der University of California in San Diego, CA, USA (Gruppe von Prof. Th. Hnasko).

Ausgewählte Literatur

  1. Steinkellner T, Mus L, Eisenrauch B, Constantinescu A, Leo D, Konrad L, Rickhag M, Sørensen G, Efimova E V, Kong E, Willeit M, Sotnikova TD, Kudlacek O, Gether U, Freissmuth M, Pollak DD, Gainetdinov RR & Sitte HH (2014) In vivo amphetamine action is contingent on αCaMKII. Neuropsychopharmacology : official publication of the American College of Neuropsychopharmacology 39: 2681–93
  2. Sitte HH & Freissmuth M (2015) Amphetamines, new psychoactive drugs and the monoamine transporter cycle. Trends in Pharmacological Sciences 36: 41–50
  3. Montgomery TR, Steinkellner T, Sucic S, Koban F, Schüchner S, Ogris E, Sitte HH & Freissmuth M (2014) Axonal targeting of the serotonin transporter in cultured rat dorsal raphe neurons is specified by SEC24C-dependent export from the endoplasmic reticulum. The Journal of neuroscience : the official journal of the Society for Neuroscience 34: 6344–51
  4. Buchmayer F, Schicker K, Steinkellner T, Geier P, Stübiger G, Hamilton PJ, Jurik A, Stockner T, Yang J-W, Montgomery T, Holy M, Hofmaier T, Kudlacek O, Matthies HJG, Ecker GF, Bochkov V, Galli A, Boehm S & Sitte HH (2013) Amphetamine actions at the serotonin transporter rely on the availability of phosphatidylinositol-4,5-bisphosphate. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 110: 11642–7
  5. Vearrier D, Greenberg MI, Miller SN, Okaneku JT & Haggerty DA (2012) Methamphetamine: history, pathophysiology, adverse health effects, current trends, and hazards associated with the clandestine manufacture of methamphetamine. Disease-a-month : DM 58: 38–89
  6. Steinkellner T, Yang J-W, Montgomery TR, Chen W-Q, Winkler M-T, Sucic S, Lubec G, Freissmuth M, Elgersma Y, Sitte HH & Kudlacek O (2012) Ca(2+)/calmodulin-dependent protein kinase IIα (αCaMKII) controls the activity of the dopamine transporter: implications for Angelman syndrome. The Journal of biological chemistry 287: 29627–35
  7. Steinkellner T, Freissmuth M, Sitte HH & Montgomery T (2011) The ugly side of amphetamines: short- and long-term toxicity of 3,4-methylenedioxymethamphetamine (MDMA, “Ecstasy”), methamphetamine and D-amphetamine. Biological chemistry 392: 103–15
  8. Sitte HH & Freissmuth M (2010) The reverse operation of Na(+)/Cl(-)-coupled neurotransmitter transporters--why amphetamines take two to tango. Journal of neurochemistry 112: 340–55
  9. Sulzer D, Sonders MS, Poulsen NW & Galli A (2005) Mechanisms of neurotransmitter release by amphetamines: a review. Progress in neurobiology 75: 406–33

Kontakt
Dr. Thomas Steinkellner
Department of Neurosciences
University of California San Diego (UCSD)
Biomedical Research Facility 2
BRF2, lab#2217E, office#2123
9500 Gilman Drive
La Jolla, CA 92093